Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
Informationen auf dem Laptop abrief. Nachdenklich lehnte er sich im Stuhl zurück und öffnete die Dateien.
»Was gibt’s nicht?«, fragte Constanze und beugte sich über seine Schulter.
Er zeigte auf den Bildschirm. »Michaels Auftrag wurde angenommen. Unverschlüsselt, ohne jede Firewall. Ich hätte nicht geglaubt, dass es so was heutzutage noch gibt, aber anscheinend habe ich mich getäuscht.«
»Was? Jemand hat den Auftrag angenommen? Ich dachte …« Sie brach ab. Derart leichtfertig wurde also über Leben und Tod entschieden.
Als Silas ihr entsetztes Gesicht sah, zog er sie auf seinen Schoß. »Eine Million Euro ist eine verlockende Summe. Danach leckt sich so mancher die Finger.« Er drückte eine Taste. »Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wer der Neue ist. Schwer kann das nicht sein. Nur Verzweifelte und Anfänger nehmen auf direktem Weg einen Zweitauftrag an. Kein Profi, der etwas auf sich hält, macht das so plump und schon gar nicht, ohne sich über die Hintergründe zu informieren. Wenn ich Glück habe, hat der Kerl so viele Spuren hinterlassen, dass er mir gleich seine Visitenkarte hätte schicken können. Den habe ich bald, keine Sorge.«
Die Überzeugung in seiner Stimme ließ Constanze wieder ruhiger atmen. Silas wusste, was er tat. Schließlich war er nicht umsonst schon jahrelang im Geschäft.
Er überflog eine andere Meldung und runzelte die Stirn. »Die Polizei hat einen Aufruf an die Bevölkerung herausgegeben. Die tappen noch im Dunkeln wegen des Überfalls auf ein Wohnhaus«, er blickte sie bezeichnend an, »vorgestern Abend.«
»Die meinen mich.« Constanze holte tief Luft.
»Sieht danach aus.« Langsam strich er ihr einige Strähnen über die Schulter.
Seit Constanze bei ihm war, trug sie die Haare offen – unter anderem deshalb, weil sie nichts Geeignetes fand, um sie zusammenzubinden.
»Leider kommen wir um einen Besuch bei der Polizei nicht herum. Du musst dich bei der Wache blicken lassen. Es reicht, wenn Michaels Männer nach dir suchen, wir brauchen nicht auch noch irgendwelche Behörden im Schlepptau.«
Constanze nickte. »Es ist das Beste, ich sage, dass es sich um einen Einbruch gehandelt hat und ich bei einer Freundin untergekommen bin. Alles andere wäre zu kompliziert.«
Silas hob skeptisch eine Augenbraue. »Nachdem sie in deinem Haus gewesen sind, haben sie wahrscheinlich so ihre Schwierigkeiten, das zu glauben. Aber das soll nicht unser Problem sein. Hauptsache, sie fangen nicht an, dich als vermisste Person auszuschreiben.«
Constanze raffte das Betttuch enger, das sie wieder um sich gewickelt trug, »Dafür brauche ich aber was zum Anziehen. Ich kann schlecht im Schlafanzug dort auftauchen, dann kaufen sie mir die Geschichte mit der Freundin erst recht nicht ab.«
Silas sah an ihr hinunter. »Och, ich bin sicher, die bekommen nicht allzu viel davon mit, wenn du so dort auftauchst.« Er hob einen Zipfel des Leinens an und spähte darunter.
Constanze zwickte ihn in den Bauch. Wenigstens versuchte sie es, denn viel zu kneifen gab es da nicht. »Du hast gut lachen«, beschwerte sie sich. »Schließlich liegen deine Kleider nicht in Schutt und Asche.«
»Nein, du hast recht. Wir müssen bei dir vorbei.« Er griff nach dem Telefon und klappte es auf. »Am besten, du rufst gleich bei der Polizei an und sagst, dass du heute noch aufs Revier kommst, dann ziehen sie vielleicht die Wachen vor deinem Haus ab. Wir werden das prüfen, ehe wir hineingehen. Ansonsten besorgen wir anderweitig Kleidung für dich.« Silas reichte ihr das Handy.
»Und Michaels Leute? Glaubst du nicht, dass dort noch jemand auf der Lauer liegt?«
»Von der Truppe ist keiner entkommen.«
Constanze nickte und wählte die Nummer der Behörde. Nur wenige Sätze später beendete sie das Gespräch. Mehr war auch nicht nötig. Wie erwartet hatte man sie unverzüglich zum Revier beordert. Sie ging ins Bad, um sich wenigstens die Haare zu flechten.
Silas marschierte ins Schlafzimmer. Constanze hörte ihn Schränke und Schubladen öffnen, dann näherten sich seine Schritte dem Badezimmer. »Hier. Die Sachen sind dir zwar meilenweit zu groß, aber besser als dein zerfetzter Schlafanzug.«
»Danke.« Sie wickelte sich aus dem Laken. Unter dem glühenden Blick, mit dem Silas sie betrachtete, kroch Röte unter ihre Haut. Trotzdem wandte sie sich nicht ab. Eigentlich unglaublich, wenn man bedachte, wie schüchtern sie noch vor wenigen Stunden gewesen war. Vorgestern um diese Zeit wäre es ihr
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