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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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Alpen. Constanze zweifelte keine Sekunde, dass er wie eine Hyäne darauf wartete, bis sie wieder allein waren. Verkrampft blickte sie auf ihren grauhaarigen Kunden. Von ihm durfte sie keine Hilfe erwarten. Für eine Auseinandersetzung mit Michael war er zu alt und mit Sicherheit nicht kräftig genug. Constanze schluckte. Auf diese Weise konnte der Mann ihr definitiv nicht beistehen – aber er konnte etwas anderes für sie tun. Ihr Zeit verschaffen.
    Sie blickte auf den Bildschirm. Der greise Kunde trat dicht neben sie, als sie die Computer-Maus bewegte. Kurzsichtig beugte er sich etwas näher, wodurch seine massige Gestalt zwangsläufig Michaels Sicht auf Constanze blockierte. Froh, der Überwachung ihres Exmannes wenigstens vorübergehend entkommen zu sein, klickte sie umständlich auf alle möglichen Schaltflächen, obwohl eine einfache Tastenfolge ausgereicht hätte, das Verzeichnis zu starten. Welches Buch auch immer dieser Kunde suchte, sie würde ihn so lange wie möglich hinhalten – selbst wenn es sich um den aktuellen Bestseller handelte.
    »Um welches Thema geht es denn?«, erkundigte sie sich. »Dann können wir immerhin schon mal den Suchbereich eingrenzen.« Geschäftig legte sie die Hände auf die Tastatur und tat, als müsste sie erst nach dem Eingabefeld suchen. Hoffentlich wirkte sie nicht völlig inkompetent. Aber selbst wenn, es gab Schlimmeres als das. Weitaus Schlimmeres …
    »Mmh, lassn’s mi überlegn.« Er nahm langsam die Brille ab. »I glaub, ’s geht um Angst in Aufzügn.«
    Constanzes Finger erstarrten. Wie in Zeitlupe drehte sie den Kopf und sah dem Mann ins Gesicht. Ihr Blick begegnete wachsam glitzernden Augen, die plötzlich rein gar nichts Verkniffenes mehr hatten. Huskyaugen.
    Ihr Herz setzte einen Takt aus, dann trommelte es wie verrückt gegen ihre Rippen. Silas. Dieser urige Alte war Silas. Sie hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie das sein konnte, dennoch war es so. Er stand vor ihr. Lebendig und unversehrt – trotz der Explosion in Frankfurt, trotz des brennenden Wagens, trotz der erdrückenden Beweise. Irgendwie hatte er geschafft, das Ganze unbeschadet zu überstehen. Er war am Leben. Und er war hier. Erleichterung und Freude rauschten durch ihren Körper. Sämtliche Muskeln versagten ihren Dienst. Um ein Haar wäre sie einfach umgekippt.
    Sie klammerte sich an die Tischkante und starrte ihn an. Er zwinkerte ihr zu, neigte aber warnend den Kopf.
    »Ja, i glaub, so was in da Art war’s«, merkte er an – nur um ihre stumme Fassungslosigkeit zu überbrücken.
    Constanze versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Nach einem Blick in Michaels Richtung nickte sie beinahe unmerklich, dann zwang sie ihr Gesicht in eine ausdruckslose Maske. Die härteste, die sie je gespielt hatte. Noch nie war es ihr schwerer gefallen, keine Emotionen zu zeigen. Am liebsten hätte sie Silas angesprungen und besinnungslos geküsst. Jede Faser, jede Zelle schrie danach, sich blindlings auf ihn zu stürzen.
    Wie gebannt hing sie an seinen hellgrauen Augen. Die Gefühle darin glichen einer Naturgewalt. Er bewegte sich nicht, aber an seiner steinharten Kinnlinie erkannte sie deutlich, dass ihm die Zurückhaltung ebenso schwer fiel wie ihr. Sie räusperte sich hastig. »Ja … dann lassen Sie uns mal sehen, ob wir was Passendes haben.«
    »Das wolln ma doch hoffn. Schließlich hat’s lang gnug dauert, bis i herkomm konnt.« Silas sprach ihr aus der Seele.
    Constanze zögerte nur einen Moment, dann gab sie flink blanken Unsinn ein. Gerade so viel, um schnellstmöglich zur variablen Textfläche zu gelangen. Silas, der ihre Eingaben sah, schmunzelte. Am Feld angekommen, tippte sie: Gott sei Dank, du lebst. War der Unfall inszeniert? Laut sagte sie: »Das hier vielleicht?«
    »Ja. Das könnt’s scho gwesen sei«, meinte er und runzelte die Stirn.
    Einen Moment hatte Constanze das Gefühl, er wollte noch etwas sagen, doch dann rieb er sich nur über den struppigen Bart. »Ham’s no was andres?«
    Ich liebe dich. »Entspricht dies eher Ihren Erwartungen?«
    »Jo, klingt net schlecht.« Seine Augen schienen sie zu streicheln. Silas zog ein schmuddeliges Taschentuch aus dem Revers und putzte umständlich seine Brille, wie um sich davon abzuhalten, sie zu berühren. »Ham’s vielleicht au was mit Übungn drin?«
    Constanze verstand, worauf Silas hinauswollte. »Aber sicher …« Beschwingt gab sie neuerlichen Blödsinn ein.
    Sie trieben das Spiel so lange, bis zwei weitere Kunden das Geschäft

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