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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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betraten. Als Constanze Michaels wütende Miene sah, hätte sie beinahe aufgelacht. So hatte er sich das Treffen mit ihr sicher nicht vorgestellt.
    »Wissn’s was, Fräulein?«, brummte Silas und legte in väterlich wirkender Geste eine faltige Hand auf ihre. »I glaub, i schau mi no a bissarl um, dann könn’s solang die andern Kundn bedien.« Sein Daumen liebkoste unauffällig ihren Handrücken.
    Constanze drückte verstohlen seine Finger. »Tun Sie das, wir haben bis achtzehn Uhr geöffnet.«
    Sie wandte sich ab und ging auf die Kundschaft zu, ein junges Paar, das sich bereits umzusehen begann. Aus den Augenwinkeln verfolgte sie, wie Silas mit trägem Gang an Michael vorbeischlurfte. Der würdigte ihn keines Blickes.
    Constanze grinste in sich hinein. Silas war schon ein Teufelsbraten. Ironischer ging’s fast nicht mehr.
    Das Wissen, dass er sich bei ihr im Laden befand, trug erheblich dazu bei, ihrer Angst vor Michael Herr zu werden. Freundlich sprach sie die Kunden an. Sie hatte Glück, denn diese beiden suchten wirklich ein außergewöhnliches Buch.
    Zwanzig Minuten später riss Michael der Geduldsfaden. Constanze und das Paar blickten überrascht auf, als er unvermittelt zu ihnen trat.
    »Entschuldigung, darf ich das hier«, er wedelte mit einem Stadtplan, »schnell bezahlen? Dauert nicht lange, versprochen.«
    Als die beiden sofort ihr Einverständnis gaben, begleitete Constanze Michael zur Kasse. Sie nahm ihm den Stadtplan ab, den er todsicher nur kaufte, weil er sie einen Moment ungestört sprechen wollte, und scannte den Preis.
    Schräg hinter ihr fiel polternd ein Buch zu Boden, dann hörte sie eine rauchige Stimme schimpfen. »Herrschaft’s Zeitn, was ham’s denn hier au soan schlechts Liacht.«
    Constanze unterdrückte ein Glucksen. Mit gesenktem Kopf verstaute sie den Einkauf in einer Papiertüte und reichte sie ihrem Exmann. »Sieben fünfundneunzig, bitte.«
    An der hervortretenden Ader an Michaels Schläfe las sie deutlich ab, wie kurz er davor war, gewalttätig zu werden. Er fixierte sie mit einem Blick, der sie früher in Todesangst versetzt hätte, und öffnete die Brieftasche. Ungehalten knallte er ihr das Geld auf die Theke, dann beugte er sich aggressiv weit vor. »Wir beide sprechen uns noch.«
    Constanze zuckte nicht einmal mit der Wimper. Obwohl Silas mindestens vier Meter von ihr entfernt stand, konnte sie seine schützende Nähe körperlich spüren. Ein beruhigendes Gefühl.
    Gefasst nahm sie das Wechselgeld aus der Kasse und legte es zusammen mit dem Beleg auf die Tüte, dann blickte sie ihren Exmann unerschrocken an. »Wir haben nichts mehr zu besprechen, Michael.« Mit diesen Worten ließ sie ihn einfach stehen – etwas, was vor wenigen Minuten noch undenkbar gewesen wäre. Bewundernswert ruhig nahm sie einen Stapel Postkarten und begann, diese in den Ständer neben der Theke einzusortieren.
    Michaels Blicke bohrten sich wie Dolche in ihren Rücken. Unwirsch riss er die Tüte an sich und kam um die Ladentheke herum. Constanzes Nacken prickelte unangenehm, als er dicht hinter sie trat.
    »Das wird dir noch leidtun«, zischte er gefährlich freundlich. Sein unterschwelliger Zorn brandete gegen sie wie eine heiße Woge, doch Constanze ließ sich nicht einschüchtern. Mit geschlossenen Augen blieb sie stehen. Dass er nicht handgreiflich wurde, hatte sie allein Silas’ Nähe zu verdanken. Michael war auch früher nie in Gegenwart von Zeugen aus der Rolle gefallen, selbst dann nicht, wenn diese ihm so unbedeutend erschienen wie ein alter Tattergreis.
    Stumm hoffte sie, er würde einfach gehen.
    Ihr Exmann trat einen Schritt zurück. »Das nächste Mal erwische ich dich allein, verlass dich drauf.« Er beugte sich ein letztes Mal vor und seine Stimme war so leise, dass nur Constanze ihn hören konnte. »Dieses Mal habe ich mir was Besonderes für dich ausgedacht, Täubchen. Aber vorher werde ich dich noch so hernehmen, dass du mich nie mehr vergisst.«
    Voller Ekel drückte Constanze die Lippen aufeinander. Michael ließ von ihr ab und stapfte hämisch lachend aus der Buchhandlung.
    Kaum hatten sich die Türen hinter ihm geschlossen, blickte Constanze in Silas’ Richtung und stutzte. Er stand näher als vor wenigen Minuten. Erheblich näher. Offenbar hatte nicht mehr viel gefehlt und er hätte sich auf Michael gestürzt. Noch immer fixierte er die Tür. Die silberne Eiseskälte in seinen Augen vermittelte Constanze eine ungefähre Ahnung, was Michael geblüht hätte, wäre er noch

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