Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
einem Motel unweit des Flughafens ein, dann war erst einmal Warten angesagt. Nevio hatte sie inzwischen per SMS informiert, dass Jara und er am nächsten Tag gegen 14 Uhr in Bern landen würden.
Constanze pflanzte sich im Schneidersitz aufs Bett und beobachtete Silas, der konzentriert am Laptop Daten über die Umgebung des Anwesens in Zermatt einholte. Eine Weile sah sie ihm zu, wie er dem Internet in seiner üblichen Hackergeschwindigkeit Informationen entlockte. Plötzlich kam ihr eine Idee. Constanze sprang auf und trat hinter ihn.
»Denkst du, wir können Frank und Susanne eine E-Mail schicken, bevor wir nach Chile abreisen? Ich würde mich gern noch von ihnen verabschieden.«
Silas drehte sich auf dem Hocker um, wobei er sie auf seinen Schoß zog. »Kannst du das so formulieren, dass ein Dritter mit der Mail nichts anzufangen weiß?«
Sie überlegte, dann nickte sie. »Ja, schon. Ich verwende einfach meinen Spitznamen, den kennt kaum jemand.«
»Dann dürfte es kein Problem sein. Wir können die Nachricht quasi noch vom Flughafen aus schicken.«
Constanze atmete tief durch. »Okay. Die beiden warten bestimmt schon darauf, noch mal was von uns zu hören. Hoffentlich kann ich ihnen bald schreiben, dass wir unversehrt auf dem Weg nach Chile sind.«
Silas rieb mit dem Finger über die blasse Narbe an ihrem Handgelenk. »Ganz bestimmt. Wir sind bald in Sicherheit, auch wenn du dafür alles andere aufgeben musst.«
Constanze schüttelte den Kopf. »Nicht alles …« Sie griff an sein Gesicht und bog es zurück, bis sie ihm in die Augen blicken konnte. »Dich nicht.«
»Nein.« Beide Hände um ihre Hüften gelegt zog er sie näher. »Mich wirst du nicht so schnell los.«
»Da sind sie, lass uns gehen.« Silas nahm Constanzes Hand und steuerte mit ihr ohne Eile in Richtung Bushaltestelle. Obwohl sie unauffällig jedes infrage kommende Paar analysierte, das aus dem Flugterminal trat, machte sie Jara und Nevio beim besten Willen nicht aus. Möglicherweise waren die beiden genau wie sie in eine andere Identität geschlüpft.
Ratlos blickte sie zu Silas, der gelassen auf den Bus zuging. Er sah sich weder um noch ließ er sich in anderer Weise anmerken, dass er jemanden der umherschwirrenden Fluggäste kannte. Trotzdem war Constanze überzeugt, dass sich das chilenische Paar in unmittelbarer Nähe zu ihnen befand. Nevio hatte kurz nach der Landung angerufen und Silas gesagt, welchen Ausgang sie benutzen würden. Das war vor über einer Stunde gewesen. Trotzdem hatte Constanze die beiden noch nicht zu Gesicht bekommen. Jedenfalls nicht wissentlich, denn sie hatten ausgemacht, sich erst im Motel zu begrüßen. Wie immer ging der Magier kein Risiko ein. Das galt insbesondere, wenn es um die Sicherheit seiner Freunde ging. Obwohl Constanze wegen der bevorstehenden Rettungsaktion immer noch mit unterschwelliger Angst zu kämpfen hatte, fand sie es doch aufregend, Teil eines geheimen Treffens zu sein. Es war das erste Mal, dass sie in einem Team mitwirkte. Und dann auch noch in einem, das sich blind verstand.
In ihrem bisherigen Leben hatte sie sich nie irgendwo zugehörig gefühlt – das hatte sich geändert. Jetzt war ihr Platz an Silas’ Seite. Lächelnd blickte sie zu ihm auf. Er grinste zurück, wobei seine weißen Zähne hell aus dem schwarzen Vollbart hervorstachen. Constanze rückte schmunzelnd ihre dünne Drahtbrille zurecht. Das Ganze hatte doch sehr viel von einer Verschwörung.
Sie stiegen mit einer Gruppe von Fluggästen in einen Bus, der ins Stadtzentrum fuhr. Von dort aus wechselten sie zweimal die Linie, bis sie schließlich ihr Motel erreichten. Immer noch konnte Constanze keine Spur von Jara und Nevio entdecken. Langsam zweifelte sie an ihrer Wahrnehmung, denn es gab schlichtweg kein Paar mehr, das mit ihnen an der letzten Haltestelle ausstieg. Restlos verwirrt betrat sie vor Silas das Motelzimmer und wartete gespannt, bis es eine halbe Stunde später an die Tür klopfte.
Silas sprang grinsend auf und öffnete. »Guten Tag, die Herren. Wie war Ihr Flug?«
Constanze klappte endgültig das Kinn hinunter, als sie im Türrahmen die beiden jüdischen Rabbis entdeckte, die sie zwar gesehen, aber nicht weiter beachtet hatte. Kein Wunder. Sie hatte nach einem Paar gesucht, nicht nach zwei Männern. Der kleinere der beiden musste Jara sein. Kaum hatte Silas die Tür geschlossen, fiel sämtliche Zurückhaltung von den Dreien ab. Lachend schlossen sie sich in die Arme. Silas zog an Jaras falschem
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