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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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öffnete zwar ein Auge, aber außer einem Schnurren bekam sie keine Antwort.
    Constanze seufzte. Im nächsten Leben werde ich eine Katze, schwor sie sich.

4.
    Silbergraue Huskyaugen
     
     
     
    » B itte Mama, darf ich den zum Geburtstag haben?« Eliah stand in der Spielzeugabteilung vor einem beweglichen Plastikhubschrauber und blickte mit glänzenden Augen zu ihr auf.
    »Du bekommst doch schon das Fahrrad, Schatz. Das ist wirklich ein großes Geschenk.«
    Eliah kniff die Lippen zusammen und ähnelte damit verblüffend Constanze in ihren eigenen Kindertagen. Es war der gleiche Gesichtsausdruck, den sie immer gezeigt hatte, wenn nichts nach ihren Wünschen gelaufen war. Das zumindest bezeugten die wenigen Fotos, die sie aus dieser Zeit besaß. Mit ihrem Trotz hatte sie bei ihrer Heimleiterin immer denselben Erfolg gehabt wie Eliah jetzt bei ihr, nämlich gar keinen.
    Sie ging vor ihm in die Knie. »Na, was ist, möchtest du ein Eis?«, fragte sie, um den kleinen Quälgeist von seinem neuesten Wunschtraum abzulenken.
    Sofort hellte sich das Kindergesicht auf. »Au ja«, quietschte er. »Banane mit Erdbeere.«
    »Dann lass uns mal nachsehen, ob sie diese Sorten hier auch haben.« Constanze wechselte die beiden Einkaufstüten auf die andere Seite und fasste ihren Sohn an der Hand. Neben der Knetmasse für Eliah hatte sie sich ausnahmsweise auch etwas für sich gegönnt. Einen zarten, dunkelblauen Spitzen-BH. Selig blickte sie auf die kleine, blickdichte Tüte. Es kam nicht oft vor, dass sie sich teure Extras leistete, obwohl das bei den Einnahmen der Buchhandlung durchaus ab und an drin gewesen wäre. Sie brauchte keine materialistischen Dinge, um zufrieden zu sein. Es war ihr nicht schwergefallen, den feudalen Lebensstil an der Seite ihres Exmannes hinter sich zu lassen. Einzig ihre Vorliebe für schöne Unterwäsche hatte sie sich bewahrt. Naheliegend war dem so, weil sie im Kinderheim immer die abgetragene Kleidung der älteren Mädchen hatte tragen müssen.
    Sobald Eliah sein Eis bekommen hatte, steuerten sie Hand in Hand den Aufzug an. Constanze blieb vor dem Wegweiser stehen und fahndete in dem fünfstöckigen Kaufhaus nach der Kinderabteilung. Eliah benötigte dringend Schuhe für das in drei Wochen geplante Zeltlager mit Susanne, Frank und den Jungs. Sie drückte die Ruftaste des Aufzugs. Welcher Architekt plante eine Kinderabteilung in der obersten Etage?
    Ein schwarzhaariger Mann trat als Einziger zu ihnen in die Kabine. Er sah kurz in ihre Richtung und Constanze hob ebenfalls den Kopf. Sie blickte in silbergraue Huskyaugen, die zu einem hageren, gut geschnittenen Gesicht gehörten.
    Rasch senkte sie den Kopf. Es kam nicht oft vor, dass sie einen fremden Mann offen ansah – falsch. Es kam praktisch nie vor. Ganz besonders nicht, wenn der Mann so aussah wie dieser hier.
    Er war etwa in ihrem Alter, um die einsfünfundachtzig groß, hatte sommerlich gebräunte Haut und locker fallende tiefschwarze Haare, die keiner erkennbaren Ordnung folgten. Überhaupt wirkte seine Frisur, als hätte er die Angewohnheit, ständig mit den Fingern darin herumzupflügen.
    Constanze musste gegen ihren Willen lächeln. Eigentlich fand sie diesen Tick durchaus sympathisch. Unauffällig musterte sie ihn erneut.
    Trotz seiner Größe besaß er den gut proportionierten Körperbau eines Athleten. Breite Schultern, schmale Hüften. Die drahtigen Muskeln an seinem Halsansatz ließen vermuten, dass er sportlich war, genauso wie seine Ausstrahlung. Er verströmte eine nahezu greifbare Energie. Sie umgab ihn wie ein unsichtbares Kraftfeld, schien fester Bestandteil seines Wesens zu sein.
    »In welchen Stock möchten Sie?«, erkundigte er sich höflich. Die angenehm tiefe Stimme passte zum Rest.
    Constanze sah zur Seite. »In den fünften, bitte.«
    Er drückte die Taste, worauf sich der Aufzug in Bewegung setzte.
    Constanze fixierte die geschlossenen Türen. Seltsam, dass es sie nicht nervös machte, mit einem derart maskulinen Fremden im Aufzug zu fahren. Oft empfand sie schon die schlichte Anwesenheit eines Mannes als unangenehm. Ganz besonders, wenn er groß oder selbstbewusst war. Dieser hier vereinte beides. Trotzdem reagierten ihre angsterprobten Nerven bei ihm überhaupt nicht. Nicht einmal ein winziges bisschen.
    Vielleicht lag es an der entspannten, fast sorglosen Haltung, mit der er dastand. Vielleicht auch an seiner legeren Kleidung. Er trug Jeans und eine karamellfarbene Freizeitjacke, unter der ein weißes Hemd

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