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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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hervorblitzte. In der einen Hand hielt er eine grüne Papiertüte aus der Buchabteilung, die andere ruhte bequem in seiner Hosentasche.
    Er sah wirklich verteufelt gut aus – selbst für ihre Maßstäbe. Zu Michaels Zeiten waren ihr unzählige attraktive Vertreter des starken Geschlechts begegnet. Männer aus den verschiedensten Ländern und Gesellschaftsgruppen. Trotzdem wollte ihr nicht einer einfallen, der sich seines guten Aussehens nicht genauestens bewusst gewesen wäre.
    Diese arrogante Note ging ihrem Gegenüber völlig ab. Irgendwie machte er nicht den Eindruck, als würde er seinem Äußeren gesteigerte Beachtung schenken. Warum auch? Er schien zu jenem Typ Mann zu gehören, dem die Attraktivität schlichtweg angeboren war. Wie praktisch für ihn, wie ungerecht für alle anderen. Bestimmt stand ihm selbst ein rosa Blümchennachthemd unverschämt gut.
    Erschrocken, in welche Richtung ihre Gedanken marschierten, konzentrierte sich Constanze schnurstracks auf ein unverfängliches Thema. Eliahs Schuhe.
     
    *
     
    Silas registrierte jedes Detail. Das züchtige blaue Sommerkleid, das Constanze trug, die akkurate Art, mit der sie ihre glänzenden Haare zu einem dicken Knoten geschlungen hatte, ihre biegsam schlanke Figur bis hin zu den zierlichen Füßen, die in filigranen weißen Riemchensandalen steckten.
    Sie war noch hübscher als auf dem Foto. Und sie hatte sich seit ihrer letzten Begegnung kaum verändert. Vielleicht wirkte sie ein bisschen reifer, aber das war es auch schon. Alles an ihr wirkte frisch, natürlich und verlockend weiblich – trotz der strengen Frisur. Automatisch versuchte er, sie sich mit offenen Haaren vorzustellen. Wie lang die kastanienbraune Mähne wohl reichte? Bis auf den Rücken?
    Sein Blick blieb an ihren schmalen, unberingten Fingern hängen, die sie vertraut um die ihres Sohnes geschlungen hatte. Er beobachtete die beiden schon seit mehreren Stunden, dennoch hatte er nur wenige Minuten gebraucht, um zu erkennen, dass die Angaben im Steckbrief ausgemachter Bockmist waren. Durch seine langjährige Erfahrung entging ihm nicht viel. Und wenn hier eines offensichtlich war, dann die Tatsache, dass diese Frau nicht einen zarten Finger in schmutzigen Geschäften hatte. Niemand, den er kannte, verhielt sich so harmlos oder ging dermaßen liebevoll mit seinem Kind um. Ihr Verhalten passte nicht zu der Person, die von Richtstetten umrissen hatte. Der Grund, warum er sie aus dem Weg schaffen wollte, betraf nicht das Geschäft. Nicht einmal im Ansatz. Wohl eher verletzten Stolz. Ein Mann vom Kaliber des Waffenhändlers konnte augenscheinlich nicht damit leben, von einer Frau übertrumpft worden zu sein.
    Silas betrachtete ihre Silhouette über die Spiegelfläche. Sie musste bei ihrem Verschwinden höllisch vorsichtig gewesen sein, wenn von Richtstettens Wahl auf ihn gefallen war, um sie aufzutreiben. Ihr Glück, dachte er, für einen Moment verblüfft über die Richtung, in die sich seine Gedanken bewegten. Seit wann interessierten ihn die Belange seiner Zielobjekte? Er hatte einen Auftrag zu erledigen, und das würde er tun wie immer. Schnell, präzise, unsichtbar.
    Als ahnte Constanze, dass etwas nicht stimmte, fasste sie sich in diesem Moment an den Hals. Eine Geste voller Unsicherheit. Ja, dachte Silas. Sie war vorsichtig gewesen – und sie war es noch.
     
    *
     
    Wieso fuhr dieser Aufzug nur so entsetzlich langsam? Constanze rief sich zur Ordnung. Entschlossen nahm sie die Hand vom Hals. Nicht, dass diese ängstlich wirkende Geste ihrem Mitfahrer noch auffiel. Obwohl der Fremde in gut zwei Meter Entfernung von ihr stand, vermeinte sie, seine Nähe körperlich zu spüren.
    Sie hatte sich geirrt. Seine Anwesenheit machte sie doch nervös. Die Intimität des Aufzugs wurde ihr mit jedem Herzschlag bewusster und damit auch ihre Verletzbarkeit. Unruhig blickte sie zur Anzeige. Dritter Stock. Noch zwei Etagen. Es war zum Verrücktwerden.
    Fieberhaft rang sie darum, in den letzten Sekunden nicht noch die Nerven zu verlieren. Der Mann neben ihr tat nichts, absolut nichts, was ihr Angst einjagen müsste, und doch benahm sie sich wie ein in die Enge getriebenes Kaninchen. Wenn das so weiterging, würde sie wie eine psychotische Irre aus dem Aufzug stürzen, sobald sie endlich anhielten.
    »Mama, wann darf ich mit meinem neuen Fahrrad fahren?«
    Constanze ignorierte ihr Unbehagen und strich ihrem Sohn liebevoll über die Wange. »An deinem Geburtstag, Schatz.«
    »Aber das sind ja noch genau

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