Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
sie auch kam, eines blieb unverrückbar: Hätte Silas sie wirklich umbringen wollen, wäre sie längst tot. Wenn sie ihre völlig überdrehten Nerven einmal abzog und versuchte, die Sache nüchtern zu betrachten, musste sie zwangsläufig zu dem Schluss kommen, dass er die Wahrheit gesagt hatte.
Tränen brannten in ihrer Nase. Der Gedanke, dass er sie möglicherweise ehrlich liebte, vielleicht wirklich so war, wie sie ihn bisher eingeschätzt hatte, kippte Wasser auf die Mühlen in ihrem Inneren. Nichts passte zusammen. Ein skrupelloser Mörder konnte nicht lieben und erst recht konnte und durfte sie keine Gefühle für solch ein Monster hegen.
Silas war jedoch kein Monster. Nicht zu ihr.
Aber zu anderen.
Constanze drückte sich enger an die Bank. Nein, sie würde nicht darüber nachdenken, was er jetzt tat. Es war besser, sie malte sich nicht aus, wie es wäre, ihm noch einmal gegenüberzustehen. Das würde sie nicht verkraften. Ihr Körper rangierte ohnehin schon weit oberhalb der Belastungsgrenze. Vor allem, seit sie herausgefunden hatte, dass ihre Liebe zu Silas unverändert fortbestand. Es war erschreckend, wie stur ein Herz sein konnte, hatte es sich erst einmal für jemanden entschieden. Er war der Mann ihrer Träume. Sie hatte ihn vor ihrer Entdeckung geliebt, und sie tat es noch.
Wie sollte sie auch anders? Silas hatte sie aus ihrer Zurückhaltung geholt und im Sturm erobert. Er ging ihr nah wie kein anderer. Er war ihr auch körperlich nähergekommen als jeder andere. Er hatte ihre Sinne aufgewühlt, sie dazu gebracht, Neues zu probieren, war warmherzig und einfühlsam … und ein Killer.
Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Noch immer konnte sie kaum fassen, dass er der berüchtigte Magier war. Jeder Ansatz in diese Richtung entbehrte jeder Logik. So, wie sie ihn kannte, wirkte er ganz und gar nicht wie ein gewissenloser Auftragskiller. Constanze biss sich auf die Unterlippe. Ja, genau. So, wie sie ihn kannte … Unwillkürlich ging ihr auf, dass sie diese kalte, tödliche Seite, die Silas unbestreitbar haben musste, noch nie erlebt hatte.
Das Klingeln ihres Handys ließ sie zusammenfahren. Constanze presste eine Hand gegen ihre Brust.
»Sabine Anger«, meldete sie sich und verzog das Gesicht. Das hätte sie sich bei Silas sparen können …
»Hi, Sanne hier. Ich wollte dich nur schnell fragen, ob du das Paar blaue Socken eingepackt hast, das Eliah für seinen Auftritt braucht.«
Constanze atmete erleichtert aus. »Es steckt im unteren Seitenfach der Reisetasche. Wo ist Eliah denn?«
»Er ist mit Frank und den Jungs beim Angeln – Constanze, bist du krank? Du klingst so schlecht.«
»Nein, das ist es nicht …« Wie sollte sie bloß beginnen?
»Ist was mit Daniel? Hattet ihr Streit?«
Constanze schluckte, weil ihr sofort wieder Tränen in die Augen sprangen. Streit konnte man diesen Albtraum wohl nicht gerade nennen. Aber Susanne hatte dennoch das richtige Thema erwischt. »Franks Vermutung …«, würgte sie hervor.
»Ja, was ist damit?«
»Er hatte recht.« Constanze flüsterte nur noch. »Silas hat mich nicht zufällig getroffen. Er kennt mich, hat mich gesucht.« Plötzlich brach alles aus ihr heraus. »O Gott, er ist ein Auftragsmörder. Verstehst du? Ein Killer! Er ist nach Köln gekommen, weil er den Auftrag hat, mich umzubringen.« Sie brach ab und klammerte sich schluchzend ans Telefon. Die grausige Wahrheit auszusprechen, machte sie noch furchtbarer.
»Silas wer? Moment mal, was meinst du mit Killer? Constanze? Constanze!«
Sie riss hastig das Telefon wieder ans Ohr. »Ich bin noch dran.« Sie kauerte sich noch kleiner auf der Bank zusammen. »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Es ist so viel passiert.«
»Jetzt atme erst mal tief durch und dann erzählst du mir der Reihe nach, was vorgefallen ist. Lass mich nur schnell Frank sagen, dass wir nach Köln zurückfahren.«
»Nein, macht das nicht. Kommt lieber noch nicht her.« Constanze bedeckte mit einer Hand ihre Augen. »Michael hat einen Killer auf mich angesetzt und ich muss mir erst klar werden, was ich jetzt unternehmen soll.«
Zum ersten Mal, seit Constanze Susanne kannte, fehlten ihrer Freundin tatsächlich die Worte und es dauerte eine Weile, ehe sie die Sprache wiederfand. »Michael hat was?«
»Er hat einen Killer auf mich angesetzt«, wiederholte sie leise. »Daniel ist es. Er ist der Killer.«
Schweigen. »Daniel? Aber … das ist … Bist du sicher?«
»Absolut.«
»Ich werd verrückt. Woher weißt
Weitere Kostenlose Bücher