Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
darauf hin, dass die Zusendungen wirklich aus Silas’ Bibliothek stammten. Sie hatte jedes der drei Werke bei ihm gesehen. So viele Zufälle konnte es nicht geben.
Was auch immer Silas vorhatte, kommentarlos aus ihrem Leben zu verschwinden gehörte offenbar nicht dazu. Constanze versuchte, den Ringkampf zwischen Hoffnung und Panik in ihrem Herzen zu ignorieren. Es wollte ihr nicht gelingen. Fahrig brachte sie das Buch in den Keller und verstaute es neben den beiden anderen im Tresor. Sie wünschte, diese Päckchen würden sie weniger aus der Bahn werfen.
Aber so sehr sie sich auch dagegen wehrte, ein Teil ihres Herzens freute sich unbändig über diese Zeichen seiner Zuneigung.
Silas hatte sie eingeladen, seine Bibliothek zu erkunden … Offenbar wollte er sie an ihr gegebenes Versprechen erinnern. Sie würde ihn wiedersehen, daran hatte sie plötzlich keinen Zweifel mehr.
Den ganzen restlichen Tag stand Constanze unter Hochspannung. Bei jedem Klingeln der Tür fuhr ihr der Schreck in den Magen. Immer damit rechnend, dass Silas vielleicht in die Buchhandlung trat, hetzte sie verkrampft zwischen den Regalen hin und her. Wie sollte sie reagieren, wenn er plötzlich vor ihr stand? Was sollte sie zu ihm sagen?
Er kam nicht.
Trotzdem ließen ihr die Gedanken keine Ruhe. Als sie am späten Nachmittag die Buchhandlung abschloss und sich auf den Heimweg machte, war sie so aufgekratzt, dass sie versehentlich in die falsche S-Bahn stieg. Während sie einen Umweg von einer halben Stunde absaß, fragte sie sich immer wieder, ob sie nicht ihren Mut zusammensuchen und handeln sollte. Sie hatte sogar schon den Gedanken verfolgt, erneut den Schutz der Behörden in Anspruch zu nehmen, doch dazu musste sie Silas anzeigen und das brachte sie nicht fertig. Aber irgendetwas musste sie tun, eine Entscheidung fällen, und zwar bald. Ihr blieben nur wenige Tage, bis Eliah zurückkam – und bis dahin musste sie sämtliche Maßnahmen in die Wege geleitet haben. Wie ihr davor graute … Weniger die Angst vor Silas hielt sie zurück als die Erinnerung an all das, was sie glaubte, hinter sich gelassen zu haben.
Endlich zu Hause angekommen, ließ sie das Abendessen ausfallen und schleppte sich auf direktem Weg ins Bett. Es war ihr egal, dass es zum Schlafengehen eigentlich noch viel zu früh war. Sie konnte sich ohnehin auf nichts konzentrieren.
Stunden später wälzte sie sich immer noch herum, nicht wirklich überrascht, dass sie auch in dieser Nacht wach lag. Erst als Mr. Pepper kurz vor Mitternacht ins Zimmer tapste und sich in gewohnter Manier zu ihren Füßen einrollte, dämmerte sie in einen unruhigen Schlaf.
Constanze fuhr ruckartig auf und blinzelte in die Dunkelheit. Sie hatte das Gefühl, eben erst eingeschlafen zu sein, aber das war es nicht, was sie senkrecht im Bett sitzen ließ. Etwas stimmte nicht.
Sie lauschte, hörte aber nichts. Trotzdem. Sie war sich sicher, dass es einen Grund gab, weshalb sie mitten in der Nacht aufgeschreckt war. Selbst der sonst so gemütliche Mr. Pepper spähte in Richtung Tür, beide Ohren wachsam gespitzt.
Von seiner Reaktion erst recht beunruhigt, öffnete Constanze die Nachttischschublade. Ihre Finger tasteten zögernd nach dem Revolver. Einen Augenblick lang erwog sie, ob es übertrieben war, ihn an sich zu nehmen – nur zur Sicherheit. Doch dann zog sie die Hand zurück. So etwas durfte sie nicht anfangen.
Sie wollte gerade die Schublade wieder schließen, da ließ ein dumpfes Knacken aus Richtung Erdgeschoss sie mitten in der Bewegung stoppen. Ihre Nackenhaare richteten sich auf.
Im Bruchteil einer Sekunde änderte sie ihre Meinung und griff doch nach der Waffe. Beide Hände um das kalte Metall gelegt, horchte sie in die Stille.
Wieder dieses Knacken. Sie hatte sich nicht getäuscht, irgendetwas war da unten – oder irgendjemand. Silas! Nein, der Magier würde niemals solchen Lärm veranstalten. Wer auch immer da unten herumschlich, war ein Fremder.
Sekundenlang rang sie den Wunsch nieder, sich bis über die Ohren im Bett zu vergraben, dann schlug sie die Decke zurück. Sie musste herausfinden, was im Erdgeschoss vor sich ging. Trotz der sommerlichen Wärme im Zimmer fröstelte sie.
Sie nahm einige tiefe Atemzüge. Es war ungemein wichtig, dass sie sich zuerst ein wenig beruhigte. Solange sie dermaßen übernervös war, konnte sie nichts ausrichten. Falls tatsächlich ein Einbrecher im Haus war, brauchte sie einen kühlen Kopf, denn sonst würde derjenige sie schneller
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