Wie zaehmt man einen Herzensbrecher
der Kinder einging. Ganz unwillkürlich drängte sich ihm der Gedanke auf, dass sie eine gute Mutter sein würde – was ihn wiederum daran erinnerte, dass sie sich eigene Kinder wünschte. Das war für sie ein ganz wesentlicher Punkt, wenn es ums Heiraten ging, und er hatte bislang noch keinen Gedanken daran verschwendet. Plötzlich betrachtete er die Kinder, die ihn umringten, mit ganz neuen Augen. Würde er ein guter Vater sein? Wollte er diese Rolle überhaupt?
Sein eigener Vater hatte sich nach Europa davongemacht, nachdem seine Mutter sich hatte scheiden lassen, und Jake hatte ihn seitdem nicht mehr gesehen. Oft hatte er die anderen Kinder in der Schule um ihre Väter beneidet, die Zeit für sie hatten. Ein Vater sollte für sein Kind da sein, sich interessieren und ihm Lob und Anerkennung spenden. Man sollte keine Kinder haben, wenn man dazu nicht bereit war.
Ein kleines Mädchen – war es nicht die dreijährige Rosa? – zupfte an Jakes Jeansbein und blickte mit großen Augen flehentlich zu ihm auf. „Meine Beine sind müde“, klagte sie. „Trägst du mich auf deinen Schultern, Jake?“
„Aber sicher.“ Er hob sie hoch, und sie krallte ihre kleinen Finger in sein Haar, um sich festzuhalten. Jake hatte noch nie ein Kind auf den Schultern getragen, aber die Kleine vertraute ihm offenbar und saß ganz entspannt. Wahrscheinlich trug ihr Vater sie oft auf diese Weise, sodass es für sie ganz selbstverständlich war.
„Wenn du so müde bist, Rosa, kannst du nach dem Essen nicht mehr Fußball spielen“, meinte einer der Jungen.
„Kann ich doch!“, widersprach Rosa entschieden. „Ich muss mich nur ein bisschen ausruhen, das ist alles.“
„Du schießt sowieso nie ein Tor“, erklärte der Junge geringschätzig.
„Heute spielt Jake in meiner Mannschaft“, entgegnete die Kleine. „Er lässt nicht zu, dass du mir den Ball wegnimmst.“
„Ich glaube, Rosa hat dich soeben zu ihrem Champion erkoren“, warf Merlina lächelnd ein.
Er sah sie fragend an. „Was muss ich mir darunter vorstellen?“
Von allen Seiten beeilte man sich, es ihm zu erklären. Poppa habe für sie hinter dem Haus einen kleinen Fußballplatz anlegen lassen. Erwachsene durften mitspielen, aber nur die Bälle stoppen und an ein Kind weiterpassen, keine Tore schießen. Nach einem Familiengrillabend fand immer ein Fußballspiel statt. Die zwei jüngsten Kinder wählten die Mannschaften, weshalb Rosa Kapitän der einen und der vierjährige Genarro Kapitän der anderen Mannschaft sei. Die Frauen spielten nicht mit, sondern saßen auf der Veranda und feuerten die Mannschaften an.
„Rieche ich da etwa Diskriminierung?“, wandte sich Jake neckend an Merlina.
Sie verdrehte die Augen. „Gegen Familientraditionen ist man machtlos.“
„Aber als Kind hast du auch gespielt?“
„Ich halte immer noch den Torschützenrekord der Mädchen.“
Er lachte. „Ich wette, du hast auf dem Platz wie eine Tigerin gekämpft.“
„Es war eine Herausforderung.“
„Und du hast dich wie üblich geweigert, dich geschlagen zu geben.“
„Du kennst mich einfach zu gut“, meinte sie ironisch.
„Nein, aber ich lerne immer mehr dazu.“
So zum Beispiel über ihren Hintergrund, diese Familiengemeinschaft, in der von Generation zu Generation Traditionen und Werte weitergegeben wurden. Unvermutet übermannte ihn das Gefühl, als Kind um ein echtes Familienleben betrogen worden zu sein. Er hatte geglaubt, es längst überwunden zu haben, doch nun erfüllte es ihn erneut mit Zorn gegen seine Eltern.
Merlina hatte recht. Er passte nicht hierher. Doch tief im Herzen wünschte er sich, zu Merlinas Familie dazuzugehören. Es war wie der Blick über einen Zaun auf etwas, das so hätte sein sollen. Und es tat unerwartet weh. Der Zaun war unüberwindbar. Oder doch nicht? Jake konnte zwar seine Vergangenheit nicht mehr ändern, aber doch seine Zukunft bestimmen. Vielleicht konnte er, wenn er Kinder mit Merlina haben würde, auf die andere Seite klettern und dieses reiche Leben mit ihnen teilen?
Er richtete den Blick auf das große Haus, dem sie sich näherten. Ein Landhaus mit breiten Veranden rundum im Schatten großer alter Bäume, deren niedrige starke Äste die Kinder zum Klettern einluden. In den Gartenbeeten leuchtete zwischen den Büschen und Sträuchern ein üppiges Blütenmeer von Geranien und Petunien. Dies war kein Haus zum Repräsentieren, sondern ein echtes Zuhause.
Joe und Danny standen mit einem dritten Bruder auf der Veranda.
„Das
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