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Wiedergaenger

Wiedergaenger

Titel: Wiedergaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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dem
Protestgeschrei ihrer Sprösslinge aufspringt und zu den
Waschräumen stampft.
    Die junge Kellnerin kommt, um die Karten wieder einzusammeln. Max
lacht leise. Liv unterdrückt den Impuls, ihren Kopf an seine
Schulter zu lehnen. Der Gedanke an das bevorstehende Essen ermüdet
sie plötzlich. Die schweren Speisen, die Kinder, die
Sticheleien. Sie hat keine Lust darauf. Vielleicht wäre es
besser gewesen, die Einladung nicht anzunehmen.Aber ihr Großvater
hatte es am Telefon so dringend gemacht. Irgendetwas wird er ihnen zu
sagen haben.
    Wie gewöhnlich lässt er sich Zeit, wartet ab, bis die
Gläser gefüllt sind und die adipösen
Familienmitglieder den ersten Hunger mit Brot gestillt haben. Dann
erhöht er die Spannung, indem er zunächst nur verkündet,
etwas verkünden zu wollen. Eine Neuigkeit. Im Anschluss an die
Nachspeise. Berufskrankheit: Tönges Engel zündet nie einen
Sprengsatz ohne Countdown.
    Das Essen wird serviert, fünf Sorten gebratener Fisch,
Krabben, grüner Salat und Bratkartoffeln. Sie essen schnell,
auch die Dünnen, eine Familie von Ungeduldigen. Max kommt kaum
mit. Es scheint ihn zu amüsieren. Während die Unterhaltung
um entfernte Angehörige kreist, sucht Liv Blickkontakt mit ihrem
Großvater, lauert auf ein Zeichen der Zusammengehörigkeit,
etwas Verschwörerisches, ein Zwinkern oder weniger, das ihrem
Sonderstatus als seine Nachfolgerin und Lieblingsverwandte Rechnung
trüge. Doch der Alte widmet sich dem Bratfisch und tut ihr nicht
den Gefallen. Dass er sie nicht direkt am Telefon eingeweiht hat,
kränkt Liv. So distanziert war er ihr gegenüber noch nie.
    Warum dieses Treffen? Vermutlich geht es ums Erbe. Oder um
exzentrische Beerdigungswünsche. Möglicherweise will ihr
Großvater sein komplettes Vermögen für ein
Weltraumbegräbnis verpulvern. Nach einem langen Leben unter dem
Diktat der Sparsamkeit wäre ihm das durchaus zuzutrauen.
    Â»Wieso ist eigentlich dein Sohn heute nicht dabei?«,
flüstert Max ihr ins Ohr.
    Â»Wer?«
    Â»Aaron. Der gehört doch dazu.«
    Liv winkt ab. »Der hat schon die Großeltern
väterlicherseits und die Eltern seiner Stiefmutter am Hals. Da
braucht er nicht auch noch in unserer verkorksten Familie
mitzumischen.«
    Der Junge.Das Versprechen, das sie ihm im Februar gegeben hat, ist
ihr durchaus präsent: Warte bis Ostern.Ab und zu hat sie sich
gefragt, wie es wäre, mit ihrem Sohn zusammenzuwohnen.AberAaron
hat seit jener Nacht nichts mehr von sich hören lassen. Wie zu
erwarten war.
    Beim Nachtisch nörgelt Tönges Engel an LivsArbeit herum.
Thema: die bevorstehende Sprengung der ehemaligen Metallhüttenwerke
in Lübeck-Herrenwyk.
    Â»Ich verstehe nicht, warum die Vorbereitungen so lange
dauern.«
    Â»Fehlende Genehmigungen. Eine Bahnlinie, der Fluss und eine
Autobahn müssen gesperrt werden, die Verantwortlichen tun sich
schwer. Du weißt doch, wie so was läuft.«
    Er stochert missmutig in der roten Grütze auf seinem Teller.
»Welche Zünder verwendest du?«
    Â»Gemischt.Nonel und elektrische«, sagt Liv, und als
sie seine Skepsis sieht, fügt sie in vorauseilendem Gehorsam
hinzu: »Ich kenne deine Bedenken wegen der nicht elektrischen
Zünder, aber ich verwende beide Systeme, um die gewünschte
Zünddauer über Intervallschaltungen von exakt sechs
Sekunden zu erreichen.«
    Â»Du wirst schon wissen, was du tust. Es ist dein Laden.«
    Â»Meinetwegen kann ich dich gern mehr in die Planung
einbinden«, sagt Liv und hofft, dass er nicht darauf eingehen
möge.
    Â»Ach, macht euren Scheiß bloß allein.«
Eine wegwerfende Handbewegung und das Thema hat sich für ihn
erledigt, Liv ist gleichermaßen erleichtert und enttäuscht.
    Der Rest der Familie hat ihnen aufmerksam zugehört. Die
Stimmung am Tisch ist angespannt. Tönges löffelt Grütze
mit gerunzelter Stirn, als brüte er übe reiner
Rechenaufgabe. Das ist untypisch für ihn, normalerweise würde
er dem von ihm inszenierten Höhepunkt mit sichtlicher Vorfreude
entgegen fiebern und, um warm zu werden, schon mal seinen Sohn
herunterputzen. Etwas stimmt nicht mit ihm. Er wird alt.
    Â»Denkst du nicht, es ist allmählich Zeit,uns
mitzuteilen, warum wir heute hier sind?«, bricht es aus Maiken
heraus.
    Keine Antwort.
    Liv registriert, wie ihre Großmutter auf dem Stuhl hin und
her rutscht, auch sie scheinbar ganz

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