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Wiedergaenger

Wiedergaenger

Titel: Wiedergaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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ohne zu pfeifen,
anfänglich verhalten, dann immer kecker, erst recht, als sie
erkennen, was für Mannsbilder ihnen da einen so fröhlichen
Empfang bereiten: hübsche Kerle im besten heiratsfähigen
Alter, die meisten bärtig, viele blond, alle gut genährt
und kernig in ihrer Art. Solche Männer hat Fritzi unter
Deutschen lange nicht gesehen, zuletzt in den Anfängen des
Krieges, begeisterte Soldaten auf dem Weg in die nächste
Schlacht. Die Szenerie in der Bucht von Reykjavík hat
Ähnlichkeit mit diesen Jubelfeiern, bloß mit vertauschten
Rollen.
    An Bord kommen können die Herren nicht – Quarantäne.
Dafür regnet es Geschenke: Bonbons, amerikanische Schokolade,
Pfefferminzkaugummis und Fische. Die werfen tatsächlich mit
Trockenfisch, diese Isländer, und sie sehen dabei nicht aus, als
sei es böse gemeint. Fritzi weiß inzwischen, dass es sich
bei dem getrockneten Kabeljau um eine Art Nationalgericht handelt.
Sie hält sich abseits des Getümmels. Ihre Portion
Süßigkeiten erhält sie dennoch. Eine Jolle, besetzt
mit drei Burschen, kreuzt immer in ihrer Nähe, ein bärtiger
Hüne, rothaarig wie sie, hat sie auserkoren. Amüsiert
betrachtet sie von ihrer erhabenen Position aus, wie er mit den Armen
rudert, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Das kleine Boot
schaukelt. Seine Freunde johlen.
    Â»Ragnar«, ruft er ihr zu, legt die Rechte flach auf
sein Herz, wiederholt: »Ragnar«, und deutet mit
hochgezogenen Brauen auf sie.
    Sie blickt in seine unbekümmerte Miene.
    Â»Hva ð heitir þú ? «, fragt er.
»What's your name?«
    Es fällt ihr nicht leicht, den Namen auszusprechen. Doch hat
sie eine Wahl? Sie denkt an die Mauer, die sie zwischen sich und
ihrer Vergangenheit errichten will. »Hartmann, Fritzi.«
    Ragnar legt den Kopf schief. »Hartmann?« Ein breites
Grinsen. »Hartmann?«
    Bei ihm klingt es zu komisch. Sie lacht ihr lautes Lachen. Es
überrascht den Mann im Boot, das ist unverkennbar, aber er
stimmt sofort mit ein, ebenso seine Freunde. Darauf verbeugt er sich
leicht und vollführt eine ausladende Geste hin zu den Bergen,
als würde er ihr alles schenken, die steilen Hänge, den
Silberhimmel, das spiegelglatte Meer.
    Â»Velkomin, Hartmann«, sagt er.
    Wenig später drehen sie bei. Fritzi schaut ihnen nach. Auf
dem Fischkutter spielt jemand Gitarre, ein anderer singt dazu. Eine
eingängige Melodie, die sie, solange sie lebt, nie mehr
vergessen wird, da ist sie ganz sicher. Leise summt sie mit. Sie
liebt Musik.
    Â»Welches Lied war es?«, fragt der Enkel.
    Sie fängt an, es zu singen, kennt die Verse längst im
Schlaf. Er setzt sich ans Klavier, begleitet ihren hellen Gesang, und
sofort ist sie wieder das junge Ding auf der Esja und zugleich die
alte Närrin auf Bjarg. Es ist genau so, wie Bjarney sagt, alles
geschieht gleichzeitig. Und solange sie singt, ist sie in Sicherheit.
Vor den anderen und vor sich selbst.
    Â»Hast du diesen Ragnar jemals wiedergesehen?«
    Â»Nein.« Sie erzählt dem Enkel nicht, dass sie
drei Tage später unter den Schaulustigen am Pier vergebens
Ragnars Gesicht suchte.Auch nicht, wie oft sie sich, bevor sie an
Land durften, beim Bonbonlutschen vorgestellt hat, sie könne mit
ihm auf seiner Jolle fortsegeln, denn sie hatte Gefallen am Reisen
gefunden und,zugegeben, auch an ihm.Als erstes Ziel hätte sie
den Gletscher im Westen gewählt, dessen Gipfel schneebedeckt in
der Sonne glitzerte.
    Das Wetter nach dem ersten Guss war überhaupt ein Fest,
tagelang sonnig, Reykjavík mit seinen bunten Holzhäusern
ein Schmuckkästchen. Regen fiel erst wieder während der
Fahrt aufs Land. Eimer weise.
    Â»Vielleicht hättest du besser einen Seemann geheiratet
und keinen Bauern«, sagt der Enkel, als sei er ihren Gedanken
gefolgt.
    Fritzi lächelt müde. »Ach was, das hätte doch
für mich nichts geändert. Die Frau bleibt daheim und zieht
die Kinder groß, sofern sie nicht früh sterben, melkt die
Kühe und hält das Haus in Ordnung.«
    Â»Gott sei Dank haben sich die Zeiten geändert.«
    Â»Haben sie das?«
    Er bleibt die Antwort schuldig.
    Zum Abschluss des Abends trinken sie noch einen Brennivín.
Ein Absacker für eine gelungene Party, wie er sagt. Bevor er
geht, besteht er darauf, die Scherben am Boden ohne ihre Hilfe
zusammenzukehren. Sie lässt es geschehen. Wirklich ein guter
Junge. Der

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