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Wiedergaenger

Wiedergaenger

Titel: Wiedergaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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Liv stellt die Dusche an. Ihr ist kalt, auf
Dauer war es doch nicht so warm draußen.
    Â»Was, wenn nicht?«
    Sie öffnet die Tür einen Spalt und blickt dem Jungen in
die Augen. »Hör zu, ich habe keine Nerven für diese
Spielchen. Entweder bringst du Frau Köhler dazu, deinen Müll
zu beseitigen, und bezahlst sie dafür aus eigener Tasche, was
schwierig werden dürfte, da du pleite bist und unsere Putzfrau
zudem ihre Prinzipien hat, oder du machst dich an die Arbeit. Ich
möchte jetzt auf der Stelle duschen und ins Bett, du hast den
ganzen Abend Zeit. Morgen früh will ich definitiv keine
Essensreste mehr sehen.«
    Sie will die Tür schließen,aber Aaron stellt seinen Fuß
dazwischen.»Du bist richtig sauer, oder?«
    Liv nickt. »Ja, aber nicht auf dich.«
    Â»Okay.« Er atmet auf. »Dann hast du dich nicht
meinetwegen, also wegen der Unordnung, meine ich, so nass regnen
lassen?«
    Â»Nein, keine Angst«, sagt Liv und bringt so etwas wie
ein Lächeln zustande.
    Frühstück auf dem Balkon mit Blick über die Dächer
der Altstadt. Es ist Sonnabend, Max ist da, sehr gewissenhaft rasiert
und voller Tatendrang. Er hat für sie eingekauft, frische
Brötchen, Aufschnitt und Marmelade, er hat Eier gekocht, den
Tisch gedeckt und sie ausschlafen lassen. Alle Spuren vom Vortag sind
gründlich beseitigt, kein Durcheinander mehr im Wohnzimmer,
keine Wolken am Himmel. Während sie ihren ersten Kaffee trinkt,
gelingt es Liv,sich der Illusion hinzugeben, ihr Ausraster im Haus
der Großeltern sei ein hässlicher Traum gewesen. Max
betrachtet sie mit selbstgefälliger Konzentration, als wäre
sie Teil eines Stilllebens, das er vor dem Hintergrund der
Doppeltürme der Marienkirche inszeniert hat, um es zu malen.
Erst jetzt bemerkt Liv den Zweig, der in einem hohen Wasserglas
steckt: rosa Zierkirsche aus St. Gertrud. »Oh, Blumen«,
sagt sie schwach.
    Â»Hab ich im Treppenhaus gefunden, stell dir vor. Wäre
doch schade, sie verkommen zu lassen.«
    Â»Hübsch.« Liv trinkt mit geschlossenen Augen,
Sonne im Gesicht. Die Luft ist warm und blütenschwer. »Du
bist früh dran. Hat Aaron dich reingelassen?«
    Â»Ja.«
    Â»Und wo ist er jetzt?«
    Â»Er wollte in die Stadt, Freunde treffen. Diese Maria war
bei ihm.«
    Sie schlägt die Augen auf. Hat er also seine Freundin dazu
gebracht, ihm beim Aufräumen zu helfen. Nicht schlecht für
den Anfang einer Karriere als Herzensbrecher. »Die Kleine hat
doch nicht etwa hier übernachtet, oder?«
    Â»Woher soll ich das wissen? Ich war ja brav in meinem
eigenen Bett. Jedenfalls haben die beiden riesige Mülltüten
aus der Wohnung geschleppt. Du, vielleicht veranstalten die
Jugendlichen hier Partys, wenn du weg bist. Glaubst du wirklich, dein
Sohn ist alt genug, um tagelang allein zu bleiben?«
    Schulterzucken. Seine als Plauderei getarnte Kritik alarmiert Liv.
Wie viel Janko steckt in Max? Das hat sie sich in letzter
Zeithäufiger fragen müssen. Seit sie ihn mit zu ihrer
Familiegenommen hat, spielt er sich auf. Das hauchdünne
Fundament ihrer Zweisamkeit hat Risse bekommen.
    Max bemerkt nichts davon und verpasst den Zeitpunkt, die
Unterhaltung in eine andere Richtung zu lenken. »Wie läuft
es eigentlich mit dir und Aaron?«, hakt er nach.
    Die Frage hat sich Liv auch schon gestellt, besonders oft in den
ersten Tagen, als sie noch zusammenfuhr, wenn sie morgens vor dem
Kühlschrank ihrem Sohn begegnete, der seinerseits nicht minder
erschrocken wirkte. Nachts vor dem Einschlafen machte sie allein der
Gedanke, dass er in der Wohnung war, nervös, ließ sie
Minute für Minute auf die große Generalabrechnung wegen
vorenthaltener Mutterliebe warten. Sie rechnete mit Geschrei,
womöglich sogar Tränen, mit Debatten bis zum Morgengrauen,
die sie nur hätte verlieren können. Nichts dergleichen
geschah.Also befand sie, es läuft gut. Ein Trugschluss? Wozu
sollte sie sich etwas vormachen? Sie hat keine Ahnung, wie er über
sie denkt, sie jedenfalls findet ihn prima,jetzt, da sie ihn kennt.
    Â»Was soll ich sagen?«, antwortet sie. »Ich
glaube, der Junge will in erster Linie seine Ruhe haben. Mehr
Freiraum, weniger Kontrolle. Deswegen ist er bei mir eingezogen. Er
lebt sein eigenes Leben, abgesehen davon, dass er sich sehr für
die Firma begeistert.«
    Â»Ja, das ist doch großartig«, ruft Max aus.
»Darauf kannst du

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