Wiedersehen in den Highlands - Roman
lagern?«
»Dort drüben.« Conn wies mit einem Daumen auf die Scheune.
»Hinter dem Stroh, meinen Sie?«
»Perfekte Tarnung.«
»Aber da gibt es Ratten, eine wahre Plage.«
»Ratten kann man loswerden.«
»Leichter als Zollbeamte, würde ich vermuten«, bemerkte Henry. »Wie wird die Fracht abgeholt und weggebracht werden?«
»Stück für Stück.«
»Übers Moor?«
»Übers Moor, ganz recht«, erwiderte Conn. »Nun, Mr. Brodie, was sagen Sie dazu?«
Henry bückte sich und fand Conns Glas. Er wischte den Rand sorgfältig mit Daumen und Zeigefinger ab und trank den restlichen Whisky mit einem raschen Schluck. Er nahm die Tabakspfeife, schnupperte an dem Pfeifenkopf und richtete sich dann wieder auf.
»Was springt für uns dabei heraus, Mr. McCaskie?«
»Ein Vermögen«, antwortete Conn.
»Genug, um unsere Schulden zu bezahlen?«
»Zehnmal.«
»Und diese Farm auf Vordermann zu bringen?«, fragte Henry.
»Und diese Farm zu kaufen , wenn Sie es wünschen.«
»Wie bald brauchen Sie eine Antwort?«
»Bald«, sagte der Ire. »Vor Lochranza auf der anderen Seite von Arran liegt eine Brigg vor Anker, die etwas Schmuggelfracht an Bord hat – meine Fracht.«
»Wie bald ist ›bald‹?«, hakte Henry nach.
»Morgen«, erwiderte Connor McCaskie. »Spätestens Mittwoch.«
Und Henry pfiff leise durch die Zähne und murmelte: »Oh!«
Zusammengerollt wie eine Katze, schlief Tom am Fuß der Leiter. Irgendjemand – vermutlich Henry – hatte eine Decke über ihn geworfen. Johnny Rankine lag – vollständig bekleidet – ausgestreckt auf dem Bettrost des Verstorbenen. Er hatte den Vorhang heruntergerissen und um sich gewickelt, und wenn er nicht geschnarcht hätte, dann hätte Betsy ihn leicht für tot halten können. Conn und die anderen Zecher waren gegangen, es sei denn, so überlegte Betsy, sie lagen wie Mehlsäcke oben auf dem Dachboden.
Um halb eins, als ihr Toms Aufmerksamkeiten allmählich zu viel geworden waren, war sie zu Bett gegangen. Agnes und Janet waren ihr gefolgt, und sie hatte, eingezwängt zwischen Mutter und Tochter, eine unbequeme Nacht verbracht.
Um sechs stand sie auf, schlüpfte in ihre Kleider und ging gähnend auf den Hof, um ihr Gesicht an der Pumpe zu waschen und der Außentoilette einen Besuch abzustatten. Fröstelnd kehrte sie ins Cottage zurück, wo Henry gerade über den Resten des Feuers in einem kleinen Topf Wasser zum Kochen brachte. Der Tisch war mit Flaschen und Gläsern übersät und der Boden klebrig von verschütteten Getränken. Das Einzige, was in diesem Zimmer sauber war, war Henry, der sich gebadet, rasiert und ein frisches Hemd angezogen hatte und aussah, als wäre er nach einer erholsamen Nacht mit klarem Kopf und noch klarerem Gewissen aufgewacht.
»Gott sei Dank«, sagte er leise, »haben wir das hinter uns!«
»Sind alle gegangen?«
»Alle bis auf Rankine.«
»Conn auch?«
»Gleich als Erster«, antwortete Henry, »auch wenn das nicht viel heißt.«
»Soll ich Ihre Mutter und Janet wecken?«
»Lass sie schlafen!«, sagte Henry. »Ich werde die Tiere später selbst holen.«
Er trug den Topf an den Tisch und goss kochendes Wasser in die Teekanne. Geschnittenes Haferbrot, Butter und ein paar dünne Scheiben Käse lagen auf zwei sauberen Tellern. Betsy aß ein Stück Brot mit Käse und trank den starken, heißen Tee. Es war seltsam, so zwischen dem ganzen Unrat zu stehen. Nichts war ordentlich oder organisiert, jedenfalls nichts bis auf Henry.
»Erzähl mir ein bisschen von deinem Vetter«, bat er.
»Connor?«, fragte Betsy verblüfft. »Er ist in etwa so, wie er scheint. Er versteckt nichts.«
»Nichts – bis auf seinen wahren Beruf.«
»Aye, da kann er ein bisschen ausweichend sein.«
»Er ist ein Schmuggler, habe ich recht?«
»Er hat es Ihnen erzählt?«
»Das hat er«, sagte Henry. »War er je im Gefängnis?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Wo lebt er?«
Betsy zuckte die Schultern. »Wo immer er anlandet. Ich glaube, er hat ein Cottage irgendwo auf der Isle of Man. Er ist mit seiner Mutter – meiner Tante Netta – vor ein paar Jahren von Irland dorthin gegangen. Seine Schwester und ihr Mann leben auch auf der Insel. Falls er irgendwo ein Zuhause hat, wird es auf der Isle of Man sein.«
»Ist er ein Mann von Ehre?«
»Ehre?«, wiederholte Betsy. »Nun, mit Ehre kenne ich mich nicht aus.«
»Ist er ehrlich?«
»Die Zollbeamten sind nicht der Ansicht.«
»Würde er einen Freund betrügen?«, fragte Henry.
»Nein«, sagte Betsy.
Weitere Kostenlose Bücher