Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
sich Reggies Stimmung.
»Nun, was erwartet mich in Hannesford? Welches Unterhaltungsprogramm hält man für mich bereit?«
»Heute Abend steht nichts Besonderes an«, versicherte ich ihm. »Und morgen …«
»Morgen wird meine Mutter die halbe Grafschaft einladen, um Champagner zu trinken und ihre moralische Stärke zu bewundern und möglicherweise, für einen Shilling extra, ihren monströsen Sohn zu bestaunen.«
»Wenn du nicht zum Ball gehen willst, brauchst du das nicht«, erwiderte ich ein bisschen harsch. Ich hatte meine Geduld noch nicht zurückgewonnen.
»Oh, den möchte ich um nichts in der Welt versäumen!« In seinem Ton lag eine Drohung, die selbst Freddie Masters Angst eingejagt hätte, und ich hoffte, dass alles gut gehen würde.
»Morgen früh werde ich Schwester Withers dazu überreden, mich durch den Park zu schieben«, verkündete er. »Ich bezweifle allerdings, dass sie mich bis zum Stansbury Arms bringt. Ich vermute gewisse puritanische Tendenzen bei ihr.«
»Morgen früh findet der Gedenkgottesdienst für Harry statt«, erinnerte ich ihn.
Es war eine harmlose Bemerkung, doch seine Reaktion war dramatisch. Ein Teil seines Gesichts lief vor Zorn dunkel an, und die Hand, in der er das Glas hielt, begann zu zittern. Die Knöchel färbten sich weiß.
»Natürlich«, sagte er, um ironische Distanz bemüht. »Harrys Seligsprechung! Die darf ich nicht verpassen. Hat er schon Wunder gewirkt? Krüppel wie ich werden Schlange stehen.« Er hob sein Bier, als wollte er davon trinken, knallte es aber wieder auf den Tisch. »Das ist eine verdammte Schande! Wie können sie es wagen? Verdammte Scheiße, wie können sie es wagen? «
Er schrie so laut, dass der Wirt einen Blick über die Theke warf. Reggie bebte am ganzen Körper und hielt die Augen geschlossen. Ich hatte mich an seine Entstellung gewöhnt, doch als ich sein zornverzerrtes Gesicht im Dämmerlicht sah, wurde mir schuldbewusst klar, wie schockierend sein Aussehen tatsächlich sein konnte.
»Es ist eine Farce, Tom. Ich verrotte in irgendeinem Loch in Cullingford, während sie dafür sorgen, dass die gesamte verdammte Grafschaft meinem engelsgleichen Bruder huldigt! Der goldene Harry! Es ist eine Farce . Die Stansburys von Hannesford! Wir sind keine Familie, wir sind nur ein Familienname …«
Er keuchte, als müsste er um Luft ringen, und ich schwieg. Reggies Exil war zu einem gewissen Teil selbst auferlegt, doch mir war nicht danach, ihn darauf hinzuweisen.
»Ich gehe jedenfalls nicht hin. Das kann ich dir jetzt schon sagen.«
»Tu, was du willst«, sagte ich beschwichtigend, wohl wissend, dass es gelogen war. Es würde gewiss Ärger geben, wenn Reggie nicht beim Gedenkgottesdienst für seinen Bruder erschien.
»Tut mir leid, Tom.« Der Wutanfall war verflogen, und Reggie brachte sogar ein verzerrtes Lächeln zustande. Er wirkte erschöpft, und ich fragte mich, ob es falsch gewesen war, mit ihm herzukommen.
»Es tut mir leid«, wiederholte er, und dann, als könnte er meine Gedanken lesen: »Es war eine gute Idee von dir, hierherzukommen.Es ist schön, das alte Pub wiederzusehen. Ich bin früher oft hier gewesen.«
Die Wildpastete wurde aufgetragen, und wir aßen. Als wir fertig waren, hatte er sich beruhigt.
»Tom, bei deinem ersten Besuch habe ich die Unwahrheit gesagt. Es lässt mir keine Ruhe. Es ging um deinen Freund, den Professor.«
Damit hatte ich nicht gerechnet, und meine Neugier war geweckt.
»Professor Schmidt? Was war es denn?«
»Du hast den Streit erwähnt, den ich mit ihm hatte, und ich habe die Sache heruntergespielt. Ich habe getan, als wäre nichts dabei gewesen. Aber du hattest recht. Ich habe ihn beschimpft. Es war sogar ziemlich schrecklich. Er hat mir eines Tages an der Gartenmauer aufgelauert und mir ziemlich schockierende Vorwürfe gemacht. Da habe ich die Beherrschung verloren und bin ausfallend geworden. Ich weiß, es war falsch. Immerhin war der Mann unser Gast. Und er konnte noch von Glück sagen, ich war nämlich kurz davor, ihn niederzuschlagen.«
Ich erinnerte mich, wie der Pfarrer die Auseinandersetzung beschrieben hatte, und konnte mir vorstellen, wie entsetzt er über Reggies Schmähungen gewesen sein musste.
»Die Sache ist die. Damals dachte ich, er hätte es verdient. Erst später, nach seinem Tod, fand ich heraus, dass sein Verhalten gar nicht so ungeheuerlich gewesen war. Ich habe ihm wirklich unrecht getan.«
Ich wartete ab, doch Reggie schien fertig zu sein.
»Wessen hat er dich denn
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