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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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geradeaus, den Weg entlang, nicht sicher, wohin ich blicken sollte. Auf dem benachbarten Feld landete flatternd ein Kiebitzpaar.
    »Sie waren ehrlich zu mir, also dachte ich, Sie sollten es wissen …«
    »Verstehe«, wiederholte ich. »Ich hatte keine Ahnung.« Harry und Anne. Harry und Anne …
    »Es passierte in jenem Sommer. Ich war … unzufrieden. Unruhig. Ich dachte, es sei Zeit, Hannesford zu verlassen. Ich glaube nicht, dass Harry mich vorher jemals zur Kenntnis genommen hat. Nicht richtig. Doch als er in jenem Jahr nach Hause kam, begegneten sich unsere Blicke ständig. In der ersten Woche sprachen wir kaum miteinander, aber ich wusste,dass etwas vorging. Er hatte so eine Art, einen zum Komplizen zu machen, so als teilten er und ich ein besonderes Geheimnis. Bald fingen wir an, uns in der Dunkelheit im Garten zu treffen …«
    Während sie sprach, konnte ich es mir nur zu gut vorstellen. Harrys ganzer Charme, der dämmrige Garten, erfüllt vom Duft der Blumen. Wie oft hatte ich in einem überfüllten Salon gestanden und jemanden lachend rufen hören: Oh, niemand kann Harry widerstehen!
    »Es war eine Art Wahnsinn. Ein Rausch.« Anne schüttelte den Kopf. »Ich habe nie innegehalten und nachgedacht. Das wollte ich auch gar nicht. Außerdem ging alles viel zu schnell. Ich wusste, dass ich ihn nicht liebte. Das klingt schockierend, was? Aber das war mir egal. Ich besaß plötzlich ein solches Selbstvertrauen, dass es mir wirklich egal war. Ich fühlte mich nahezu unbesiegbar. Eine solche Wirkung übte er auf mich aus. Wenige Wochen zuvor war ich noch ein Niemand gewesen, und plötzlich fühlte ich mich geradezu allmächtig. Als er zum ersten Mal vorschlug, nachmittags zu der alten Kapelle zu gehen … nun, ich wusste, was passieren würde, aber ich bin trotzdem mitgegangen.«
    Sie hielt inne, und ich spürte ihren Blick, sah aber zum Rand des Moors hinüber. Ich wusste nicht, was ich dachte und ob ich noch mehr hören wollte.
    »Ich war mir sicher, dass jeder es ahnte«, fuhr sie fort. »Es erschien mir unmöglich, dass es niemandem aufgefallen sein sollte. Aber das war wohl auch das Aufregende daran. Er kam nachts in mein Zimmer – ich wusste nie, wann ich mit ihm rechnen konnte. Er tat, als würde er im Schulzimmer rauchen. Tagsüber sind wir manchmal zu der alten Kapelle gegangen. Einmal hätte uns der Professor beinahe erwischt.«
    Sie hielt inne, und als ich sie anschaute, bemerkte ich, dass sie erschöpft aussah und zitterte.
    Ich bot ihr meinen Arm an.
    »Kommen Sie. Wir sollten weitergehen.« Wir bewegten uns langsam in die Richtung, aus der wir gekommen waren. »Wann haben Sie von Harry und Julia erfahren?«
    »Überhaupt nicht. Jetzt ist es mir natürlich klar. Ich bin ihnen manchmal an Orten begegnet, an denen ich sie nicht erwartet hatte. Aber ich schwebte so hoch über dem Boden, dass ich keinen Blick dafür hatte.« Sie wurde rot, als sie das sagte. »Heute ist es mir peinlich, daran zu denken, aber damals war es mir ehrlich gesagt egal, was aus dem Rest der Welt wurde.«
    Jetzt schien auch sie die fernen Felder zu betrachten.
    »Am Abend vor dem Rosenball konnte ich nicht schlafen, weil ich auf Harry wartete. Es war so heiß. Nach einer Weile beschloss ich, hinunterzugehen und ihn zu überraschen. Das hatte ich noch nie getan. Es war mitten in der Nacht, und sein Zimmer war leer.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ob Sie’s glauben oder nicht, ich dachte tatsächlich, er wäre noch unten, um mit seinen Freunden zu trinken. Also habe ich gewartet, wurde immer ängstlicher, je länger ich dort blieb, gewiss, dass man mich erwischen würde. Schließlich hörte ich ein Geräusch im Flur und spähte hinaus. Und da war Harry. Er kam aus Laura Finch-Taylors Schlafzimmer.«
    Ich erinnerte mich, wie die Tür nebenan zugeschlagen wurde und Schritte sich rasch entfernt hatten. Die Bruchstücke fügten sich zusammen.
    »Anne, als der Professor beim Rosenball zusammenbrach … hatten Sie Tränen in den Augen. Und zwar schon, bevor er starb. Das habe ich nie verstanden.«
    »Ich hatte ihm den ganzen Abend beim Tanzen zugesehen. Er tanzte mit allen außer mir. Das war meine Strafe.«
    Der Weg wurde schmaler, als er sich zum Friedhof hinuntersenkte, und wir gingen eine Weile schweigend hintereinander, Anne einige Schritte vor mir.
    »Ich nehme an, wir waren beide Narren«, sagte sie, als wir zwischen den Grabsteinen angekommen waren. Diese Bemerkung erforderte keine Antwort. Sie hatte auch nichts mit Vergebung zu

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