Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
mehr, als vernünftig war, und wurde zunehmend bissig.
Gegen elf verbreitete sich die Nachricht, Freddie Masters habe Susan Stansbury einen Heiratsantrag gemacht. Manche begegneten dem Gerücht mit ziemlicher Skepsis, und als Lady Stansbury schließlich verkündete, man werde bald eine Verlobung bekannt geben, wirkten viele erstaunt. Eine Woche zuvor wäre mir diese Verbindung auch überraschend erschienen, doch ich hatte meine Meinung über Freddie geändert; ich mochte den Mann inzwischen ziemlich gern.
Auch Bill Stansbury schien sich darüber zu freuen. Er passte mich zwischen der Großen Halle und der Orangerie ab und fragte, das Gesicht vom Champagner gerötet, ein wenig zu laut: »Hast du gehört, Tom? Das von Susie? Ist das nicht famos?«
Kein Zweifel, er fand die Aussicht, Freddie Masters mitsamt seinem Verdienstorden in der Familie zu haben, ziemlich befriedigend. Mir fiel auf, dass er peinlich darauf bedacht war, nicht zu Laura Finch-Taylor zu schauen, die mit ihrem Mann tanzte. Der Anblick schien ihm gar nicht zu gefallen. Schließlich schlenderte er in die entgegengesetzte Richtungdavon. Die jungen Stansburys hatten nie besonders viel vertragen.
Als ich mir sicher war, dass niemand meine Abwesenheit bemerken würde, schlüpfte ich auf die Terrasse hinaus. Es war eiskalt, und ich war ganz allein. Ich blieb einen Moment an der Stelle stehen, an der der Professor gestorben war. Was erhoffte ich mir? Erlösung von meiner Reue? Doch es war nur eine verlassene Terrasse im Winter. Es war zu kalt, um dort zu bleiben, und zu spät, um mich richtig zu verabschieden.
Als ich in die Wärme der Orangerie zurückkehrte, bemerkte ich Freddie Masters und gab ihm die Hand.
»Wie ich hörte, darf man gratulieren?«, sagte ich.
»So ist es, alter Junge. Ich dachte, es wäre an der Zeit, es mal mit der Ehe zu probieren. Der glücklichste Mann auf Erden und so weiter und so fort.«
Wir beide schauten zu der Menge hinüber, um Worte verlegen. Als Freddie schließlich sprach, klang seine Stimme leise.
»Tom, damit hätte ich nie gerechnet. Ich hatte nicht einmal erwartet, dass ich den Krieg überlebe. Ich will verdammt sein, wenn ich weiß, wie ich das angestellt habe. Und die ganze Zeit über habe ich geglaubt, ich hätte Susan ohnehin verloren. Es erscheint mir unverzeihlich, so verdammt glücklich zu sein, wo viele Menschen noch leiden.«
Als ich die Freude spürte, die in ihm sprudelte, überkam mich der Drang, ihm die Hand auf die Schulter zu legen und ihm mit allen Worten, die mir zur Verfügung standen, zu sagen, dass ich ihm alles Glück der Welt wünschte. Aber es gab Konventionen, Verhaltensregeln, mit denen wir aufgewachsen waren; also hob ich nur mein Glas, und wir tranken in freundschaftlichem Schweigen und beobachteten die Tänzer, bis Freddies Anwesenheit gewünscht wurde.
Kurz darauf erfuhr ich, dass Reggies Revolver nicht mehr in der Schublade lag. Der alte Evans hatte es bemerkt und Rowse verständigt, der sich bemüßigt fühlte, es mir zu sagen.Er hatte mich in eine stille Ecke der Orangerie verfolgt und die Gelegenheit genutzt.
»Evans hat den Verdacht, Sir, dass Mr Reginald den Revolver mitgenommen hat, als er heute Abend sein Zimmer verließ. Mr Reginald war niedergeschlagen, und ich habe bemerkt, dass er stark trinkt. Wir hoffen aufrichtig, dass er nicht in Gefahr ist.« Seine Stimme war ruhig, als warnte er einen Gast vor unfreundlichem Wetter.
Die Vorstellung, dass Reggie betrunken war und einen geladenen Revolver bei sich trug, war beunruhigend, doch die Vorstellung, ihn in aller Öffentlichkeit darauf anzusprechen, erschien mir kaum verlockender. Ich wog die Möglichkeiten ab.
»Ich habe mich gefragt, Sir, ob man Sir Robert informieren sollte?«
Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte den starken Verdacht, dass Sir Robert nicht der Richtige war, um dieses Problem zu lösen.
»Nein, Rowse. Noch nicht. Ich kümmere mich darum.«
Ich würde in einer stillen Ecke mit Reggie sprechen. Doch als ich mich auf die Suche machte, war er nirgendwo zu finden. Ich hoffte schon, er habe sich früh zurückgezogen, um seinen Rausch auszuschlafen; falls nicht, würde ich ihn bei seiner Rückkehr darauf ansprechen.
Bei jedem Ball kommt ein Punkt, an dem alle Anwesenden wissen, ob die Veranstaltung ein Erfolg ist oder nicht. Um halb zwölf zweifelte niemand mehr in Hannesford daran, dass Lady Stansburys Ball ein Triumph war. Die Musik, die Blumen, das Essen, der Wein – alles war erlesen; und das alte
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