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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Kapitel in der Entwicklung der Menschheit beendet hat. Und in Zukunft dürfen wir uns keine Hilfe und Führung von den Regierungen mehr erhoffen, sondern von unseren Intellektuellen und Wissenschaftlern. Stimmen Sie mir nicht zu?«
    Zu meiner Erleichterung mischte sich Neil Maclean an dieser Stelle ins Gespräch. Trotz seiner ernsten Stimme sah ich, dass der Amerikaner lächelte.
    »Miss Eccleston glaubt, die treibende Kraft der kommenden Jahre werde der internationale Sozialismus sein. Und sie prophezeit, dass Einrichtungen wie Hannesford dazu verdammt sind, eines Tages in den Besitz des Volkes überzugehen.«
    Ich gestattete mir einen raschen Blick durchs Speisezimmer. Am Kopf der Tafel widmete sich Sir Robert unter dem Porträt eines Vorfahren seinem Essen. Keiner von beiden schien von dieser Drohung sonderlich beunruhigt.
    Kurz nach dem Abendessen, als die Herren noch bei Tisch saßen, kam Freddie Masters von einem Besuch zurück. Statt sich zu den Damen im Salon zu begeben, kam er geradewegs ins Speisezimmer.
    »Ah, Sir Robert! Meine Tante hat die Strafe zur Bewährung ausgesetzt und mich rechtzeitig zu Ihrem Portwein, den ich, wie sie weiß, sehr schätze, nach Hannesford entlassen. Darf ich mich dazugesellen? Nein, meine Herren, bitte bleiben Sie sitzen. Ich werde mich auf dem Stuhl einer der Schönheiten niederlassen, die sich soeben zurückgezogen haben. Welche Dame würde meine Unverschämtheit Ihrer Meinung nach am ehesten dulden?«
    »Teufel noch mal, setzen Sie sich, wohin Sie wollen«, knurrte Sir Robert und ließ ihm ein Glas bringen. Es lag keine Feindseligkeit in seiner Stimme, nur eine barsche Zärtlichkeit. Er hatte Freddie, den Narren an Harrys Hof, immer gern gehabt.
    Der Neuankömmling verbeugte sich, nahm Platz und musterte sein Publikum.
    »Ah, Allen! Ausgezeichnet! Ist es Ihnen doch zu fad geworden in den belgischen Häfen? Schön, schön. Nun, Sir …« Er hob eine Augenbraue und wandte sich dem älteren Herrn zu seiner Rechten zu. »Also, dieser Portwein …«
    Erst viel später, gegen Ende des Abends, konnte ich mit Freddie Masters über die Angelegenheit sprechen, die er inseinem Brief erwähnt hatte. Zuvor hatte Sir Robert darauf bestanden, dass wir ihn in sein Arbeitszimmer begleiteten und uns die Pläne für das Kriegerdenkmal anschauten.
    Die Aufforderung erinnerte auf unangenehme Weise an alte Zeiten. Damals hatte Sir Robert die Angewohnheit gehabt, Gäste, die nach dem Abendessen nicht geschwind genug das Weite suchten, einzusammeln und ihnen seine Pläne für die Verschönerung von Hannesford Court zu zeigen, für den kühnen neuen Flügel, den er seinem Erben als Vermächtnis hinterlassen wollte. Im Laufe der Jahre hatte man den Gästen zahllose Pläne und Zeichnungen vorgelegt. Doch als die Nachricht von Harrys Tod eintraf, hatte Sir Robert die Pläne aufgerollt und nie wieder angeschaut. Sie lehnten noch immer in der Ecke, große, unhandliche Pfeiler aus Papier, einige schief, andere schon umgekippt, wie die Säulen zerstörter Tempel.
    An diesem Abend breitete Sir Robert jedoch eine ganz andere Zeichnung aus, die Umrisse eines steinernen Kreuzes auf einem Sockel. Verglichen mit den aufwändigen architektonischen Spielereien von damals beeindruckte es durch seine Schlichtheit.
    »Darauf haben wir uns geeinigt, Tom. Keine Schnörkel und dieses ganze Zeug, das man uns zuerst angeboten hat – Löwen, Engel und solcher Quatsch.« Er betrachtete die Abbildung einen Moment und nickte zufrieden. Nur dies war von seinen großen Visionen übrig geblieben: ein einzelnes schlichtes Bauwerk. »Ich glaube, Harry würde es gutheißen, auch wenn’s dem Pfarrer nicht gefällt.«
    Den letzten Satz sprach er mit einer gewissen Heftigkeit aus, und ich schaute Freddie Masters fragend an.
    »Der Pfarrer erweist sich als recht stur, was Kriegerdenkmäler betrifft. Er und Sir Robert haben deswegen die Klingen gekreuzt.«
    »Der Pfarrer redet eine Menge Unsinn. Er will nicht, dass Hannesford ein eigenes Denkmal für die Gefallenen bekommt.«Sir Roberts Zorn war nicht zu übersehen. »Das Dorf hat zwei Dutzend seiner besten jungen Männer geopfert, und es ist unsere Pflicht, ihrer angemessen zu gedenken. Mir ist egal, was der Pfarrer sagt. Wir müssen dafür sorgen, dass sie niemals vergessen werden. Niemals.«
    Freddie Masters schaute zu mir, und ich meinte, eine leise Ironie in seinem Blick zu erkennen.
    »Der Pfarrer will das Geld für die Dorfschule verwenden«, erklärte er. »Du weißt schon,

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