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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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hinauswagte, schrieb vormittags Briefe, las Zeitung und frönte dem süßen Nichtstun an Kaminfeuern, die niemals zu erlöschen schienen. Am Nachmittag gab es Tee im Salon und Kartenspiele an Tischen, von denen man über die frostgestreifte Landschaft blickte.
    Wenn es dämmerte, kehrte die Jagdgesellschaft zurück und verlangte pochierte Eier und Bier. Die jüngeren Gäste wurden von Margot auf die Galerie geführt, um den Weihnachtsbaum zu schmücken, und wenn sich die Gesellschaft vor dem Abendessen versammelte, wurde er in all seiner Pracht bewundert. Der Sherry wurde immer in der Großen Halle serviert, die erste Gelegenheit des Tages, bei der alle Gäste zusammenkamen, wenngleich bei Schneefall traditionsgemäßheißer Punsch gereicht wurde. Ganz am Ende des Abends, nach Essen und Kaffee und nachdem besonders tapfere oder tollkühne Gäste vielleicht zur Klavierbegleitung gesungen hatten, zogen sich alle in ihre Zimmer zurück, wo sie neben dem Bett ein Sträußchen aus Stechpalmen und weißen Lilien fanden, die man aus den Treibhäusern von Hannesford gezaubert hatte. Niemand wusste, was diese besondere Zusammenstellung bedeutete, falls sie denn eine Bedeutung hatte. Es war einfach Tradition in Hannesford. Deshalb musste ich selbst im Hochsommer beim Duft von Lilien immer an den Winter am Rande des Moors denken.
    An diesem Morgen war ich wach, lange bevor die Jäger aufbrachen, lange bevor die Dämmerung ihre blassen Finger ans Fenster drückte. Die Stille der Landschaft machte mir zu schaffen. In London hatten mir die rumpelnden Busse und das stete Klappern der Pferdehufe beim Schlafen geholfen. In Hannesford gab es keine Geräusche, die mich beruhigen und ablenken konnten, und so lag ich wach und versuchte, an nichts zu denken, wartete darauf, dass sich die Dienstboten rührten und die geduldigen Rituale aufnahmen, mit denen sie das Haus zum Leben erweckten.
    Dann hörte man die Jäger, schwerfällig und ein bisschen knurrig. Früher hätte Harrys Stimme alle anderen übertönt; vielleicht hätte ich sogar Reggie Stansburys ungeduldigen Schritt vor meinem Zimmer erkannt. Nun aber klang alles anders, gedämpfter, die Geschäftigkeit weniger klar und deutlich; und als sie schließlich das Haus verließen, verriet mir das bescheidene Knirschen ihrer Schritte auf dem Kies, dass die Jagdgesellschaft weit kleiner war als früher.
    Danach brachte man das heiße Wasser, und da ich die Aufmerksamkeiten des alten Evans fürchtete, beeilte ich mich mit dem Waschen und Anziehen und ging nach unten.
    In der Vergangenheit war ich oft der einzige Mann beim Frühstück gewesen, nachdem die Jagdgesellschaft aufgebrochenwar, und ganz gewiss der einzige Mann unter sechzig. In Hannesford erwartete man, dass junge Männer auf die Jagd gingen, und die meisten taten das mit großer Begeisterung. Doch in jenem Jahr änderten sich die Dinge. Es war, als wäre eine alte Kette zerrissen, als wäre die Gesellschaft, die Lady Stansbury versammelt hatte, nicht erfahren genug in den Traditionen von Hannesford, um zu verstehen, was man von ihr erwartete. Der Bankier Mapperley und Horatio Finch-Taylor hatten sich schon behaglich am Tisch niedergelassen und sprachen so gelassen über Finanzangelegenheiten, als frühstückten sie in der City. An der Anrichte spähte Neil Maclean gerade unter eine silberne Servierhaube.
    »Ein breites Angebot«, bemerkte er, als ich mich zu ihm gesellte. Er betrachtete bestürzt eine Platte mit geräuchertem Schellfisch, der in einem Meer aus Butter schwamm. »Woher haben die Briten nur die Überzeugung, Fisch sei etwas fürs Frühstück?«
    Aus Bosheit nahm ich mir eine gewaltige Portion Kedgeree. »Sie gehen heute nicht auf die Jagd, Mr Maclean?«
    »Nein. Ich bin kein großer Freund von Waffen. Margot hat mich überredet, später mit dem Wagen nach Tenmouth zu fahren. Ich war noch nie dort. Sie sagt, es sei malerisch und besäße eine gute Buchhandlung.«
    »Zumindest gab es früher eine gute Buchhandlung«, bestätigte ich, obwohl ich bezweifelte, dass Margot sie je von innen gesehen hatte.
    Wir setzten uns an den Tisch, keiner der Finanziers blickte auf.
    »Wer ist mit Sir Robert unterwegs?«, erkundigte ich mich.
    »Nur der junge Bill Stansbury, Denny Houghton und der alte Colonel Rolleston. Sir Robert war ziemlich pikiert, dass es so wenige waren.«
    »Früher gingen fast alle auf die Jagd«, erklärte ich. »Was ist mit Freddie Masters?«
    Maclean deutete mit der Gabel auf etwas, das auf seinem Teller

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