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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Leben hatte ich verstanden. Lady Stansbury musste sich meine Ehelosigkeit wohl damit erklärt haben, dass ich arm und unscheinbar war, doch in Wahrheit fehlte es mir nicht an Bewerbern, Bekannten meines Vaters, die mich freundlich, adrett und fleißig fanden und nie einen Gedanken daran verschwendeten, wer ich eigentlich war. Ich war einfach nur die stille Tochter meines Vaters, ein brauchbares, unauffälliges junges Ding, erfahren im Haushalt, das für jedes Angebot dankbar sein musste. Doch ich wusste, dass sie mir nichts zu bieten hatten – keine Hoffnung auf Veränderung oder Flucht –, nur eine Fortsetzung des Lebens, das ich schon immer gekannt hatte; endlose Jahre voller Tüchtigkeit, Sorgfalt und Genügsamkeit in der Gesellschaft eines Menschen, den ich eher bemitleidete als liebte.
    Und die ganze Zeit über hatte ich Träume gehegt. Träume, die ich mir selbst kaum eingestand, Träume von einem bunteren, aufregenderen Leben. Irgendwie überlebten diese Träume den ersten jugendlichen Rausch, obwohl ich mich selbst für meine Torheit verspottete. Sie überlebten den Tod meines Vaters und meine Arbeit als Krankenschwester, und sie waren immer noch nicht ganz erloschen, als Lady Stansburys Brief eintraf und mich nach Hannesford Court rief. Trotz meines kargen Lebens hatte ich mir ein gewisses Selbstvertrauen bewahrt.
    In Hannesford aber fühlte ich mich in Gegenwart der Gäste bisweilen unsichtbar. Ich wurde vorgestellt, man tauschte Höflichkeiten aus, doch die Augen der Neuankömmlinge glitten über mich hinweg, sahen mich schon nicht mehr, konzentrierten sich auf bedeutendere gesellschaftliche Eroberungen. Und das Gefühl der Einsamkeit, das dann in mir erwuchs, war tiefer und beunruhigender als alles, was ich je empfunden hatte, als ich nach dem Tod meines Vaters leere Nächte in möblierten Zimmern verbrachte.
    Nach sechs Monaten spielte ich sogar mit dem Gedanken, Hannesford zu verlassen. Eine Zeitlang korrespondierte ich mit einer Bekannten, einer Krankenschwester, mit der ich eng zusammengearbeitet hatte, wegen einer Anstellung in Australien. Doch allmählich beruhigte mich der Rhythmus des Lebens in Hannesford. Als der Frühling kam, war es, als hätte ich dunkle Tage überstanden, und bald flüsterte die ganze Landschaft vor lauter Leben. Zu meiner Überraschung fühlte ich mich als Teil von ihr, freute mich über den blühenden Winterjasmin und darüber, dass der Schnee von den Mooren wich. Ich fühlte mich so heimisch in dieser Landschaft, wie ich es noch nie erlebt hatte. Dann kamen der Sommer und der Aufenthalt in London, doch schon lange vor dem großen Ball war ich wieder in Hannesford, half bei der Planung, schrieb Briefe und ließ mich von der wachsenden Aufregung anstecken. Als dann gegen Ende des Sommers wieder Stille in Hannesford einkehrte, konnte ich ruhigere, mildere Luft atmen. Ich hatte Zeit, dazusitzen und zu lesen, wieder ich selbst zu sein und zuzuschauen, wie sich das Laub färbte. Es gefiel mir, wie Hannesford Court zu sich selbst zurückfand, nachdem die Gäste verschwunden waren. Ich fühlte mich im Einklang mit dem Haus, das sich endlich entspannen und seine stillen, nachdenklichen Gewohnheiten wieder aufnehmen konnte.
    Eingelullt von der Ruhe, die hier herrschte, zauderte ich. Vielleicht konnte ich an einem solchen Ort tatsächlich Frieden finden. Vielleicht war die Gelassenheit, die ich empfand, wenn ich zum Rand des Moores wanderte, genug. Doch mit jeder größeren Einladung und jeder neuen Gruppe von Gästen, die kamen und lächelten und charmant waren, ohne mich zu sehen, schwand meine Zuversicht, wurde ein Teil meiner selbst davongespült.
    Und dann, im folgenden Sommer, kam Tom Allen. Wieder ein heißer Tag, wieder ein Picknick. Und danach war alles anders.

4
    A n Heiligabend brach die Jagdgesellschaft immer zeitig auf, während es im Wald noch dunkel war. Die Teilnehmer bedienten sich im hellen Frühstückszimmer aus silbernen Speisewärmern und stärkten sich ausgiebig, bevor Sir Robert sie in eine blasse Welt hinausführte, in der der Himmel noch von der Dämmerung gefleckt war. An einem Wintermorgen übte Hannesford seinen größten Zauber aus, und doch hatte ich selten den Wunsch verspürt, mich den Jägern anzuschließen.
    Für diejenigen, die zurückblieben, verlief der Tag in einem anderen Tempo. Nach dem Frühstück ritt man aus oder ging spazieren, gewöhnlich bis zu den Shepherds, drei uralten Menhiren, die jenseits des Dorfes standen. Und wer sich nicht

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