Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
Pub – das Stansbury Arms – und der Dorfteich. Als ich klingelte, öffnete er mir selbst die Tür.
»Du lieber Himmel, Tom Allen! Mein Junge! Kommen Sie herein, nur herein. Anne hat uns erzählt, dass Sie zurück sind. Was für eine wunderbare Nachricht. Kommen Sie herein. Das Mädchen ist heute leider nicht da, und Anne macht Besorgungen. Kommen Sie herein. Wir sind in Hannesford gar nicht an Heimkehrer gewöhnt, aber leider umso geübter im Abschiednehmen.«
Ich folgte ihm ins Wohnzimmer, in dem Mrs Uttley in Decken gewickelt auf einem Tagesbett lag. Ein kleines Feuer brannte im Kamin, doch die Decken waren hoch, und der Raum war so kalt, als hätte man ihn seit geraumer Zeit nicht anständig geheizt.
»Mary, Liebes, Tom Allen ist zu Besuch gekommen. Du erinnerst dich doch an ihn.«
Obwohl mich Anne vorgewarnt hatte, überraschte mich Mrs Uttleys gebrechlicher Zustand dennoch. Ich erinnertemich an eine adrette, lebhafte Frau, die trotz ihres Rheumatismus ungeheuer aktiv war, an einen Menschen, der das Herz des Dorfes gewesen war, der jeden kannte und alles wusste; der die umliegenden Cottages besuchte, im Wald spazieren ging und stets gut gelaunt Ratschläge und Gläser mit Marmelade verteilte. Nun sah ich mich einem Bündel Mensch in Haube und Umschlagtuch gegenüber, dessen winziger Körper nur einen kleinen Teil des Tagesbetts beanspruchte. Die Hand, die sie mir entgegenstreckte, war fleckig, die Gelenke waren geschwollen.
»Mein lieber Tom«, zirpte sie, »wie nett, dass Sie gekommen sind.« Als ich ihre Stimme hörte, erkannte ich die Frau von früher wieder – ihre Wärme und Lebhaftigkeit, die sie nicht verloren hatte. »Es war so freundlich, dass Sie Anne gestern Abend nach Hause gebracht haben. Der Pfarrer wollte sie eigentlich am Bahnhof abholen, aber Sie wissen ja, wie das ist. Um diese Jahreszeit hat er so viel zu tun. Es ist ärgerlich, dass ich nicht mehr helfen kann wie früher. Aber ich finde es wunderbar, Sie an Weihnachten hier zu haben.«
Ich blieb eine halbe Stunde bei den Uttleys, hörte mir die Neuigkeiten aus dem Dorf an, von Geburten und Hochzeiten und jungen Männern, die verschollen oder verwundet waren, von den Bauern, die unter dem Mangel an Arbeitskräften litten. Nicht wenige Landarbeiter, die den Krieg überlebt hatten, konnten sich nicht mehr einleben, hatten Hannesford verlassen und waren in die Stadt gezogen.
»Es ist schwer für die Leute. Erinnern Sie sich an Albert Hall? Einer der Ersten, die sich freiwillig gemeldet haben. Er hat alles überstanden, genau wie Sie, Tom. Die Somme, Ypern, alles. Und jetzt will er nicht arbeiten. Er geht jeden Tag nach Hanbury und trinkt. Mrs Collins hat ihn dort am Nachmittag gesehen, er war sturzbetrunken.«
Der Pfarrer schüttelte den Kopf. »Dabei ist er ein so netter junger Mann.«
»Er ist nicht der Einzige, der sich damit abfindet, arbeitslos zu sein«, fuhr Mrs Uttley fort »Abraham Giles von der Top Farm hat alle seine Mädchen nach Hause geschickt, als die Kämpfe zu Ende waren, musste sie aber bei der nächsten Ernte zurückholen. Er konnte keine Männer für die Arbeit finden.«
»Immerhin hat uns die Grippe hier nicht so schlimm getroffen«, erklärte der Pfarrer munter. »Was für ein Segen. Obwohl sie Mrs Turnbulls Jungen erwischt hat. Der Arme. Er wartete in einem Militärlager in Plymouth auf seinen Marschbefehl.«
Erst als ich gehen wollte, fiel mir das Gespräch mit Freddie Masters vom vergangenen Abend ein. Der Pfarrer und seine Frau waren mit Professor Schmidt befreundet gewesen und hatten ihn mehr als einmal ins Pfarrhaus eingeladen. Als ich seinen Namen erwähnte, ging ein Leuchten über ihre Gesichter.
»So ein guter Mensch«, rief der Pfarrer aus. »Das war er doch, meine Liebe. Wir haben uns in seiner Gesellschaft sehr wohl gefühlt. Heutzutage vergessen viele Leute, dass die Deutschen nicht immer unsere Feinde waren. Und er kannte sich wirklich ausgezeichnet mit englischer Kirchenarchitektur aus.«
Ich nickte und überlegte, wie ich die Frage am besten formulieren sollte.
»Ich habe gestern Abend mit Freddie Masters über ihn gesprochen. Masters hatte den Eindruck, dass Professor Schmidt in den Tagen vor seinem Tod möglicherweise Sorgen hatte. Ich hoffe, dass dies nicht der Fall war …«
»Darin stimme ich Ihnen von Herzen zu«, verkündete der Pfarrer. »Natürlich sorgte er sich um seine Gesundheit. Das Herz hatte ihm wohl schon länger Probleme bereitet. Und in diesen letzten Monaten muss er seine
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