Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
einführen, wenn Sie beide bequemer sitzen. Vielleicht bei einem steifen Drink …«
Mit diesen Worten trat er die Flucht an. Violet wechselte völlig ungerührt das Thema und sprach nun über Neil Maclean, für den sie, genau wie für die Flugpioniere, eine große Bewunderung zu hegen schien.
»Es ist eine solche Ehre, mit ihm hier zu sein. Als ich hörte, dass er Weihnachten in Hannesford zu Gast sein würde, kannte meine Begeisterung keine Grenzen. Er ist wirklich ein äußerst wichtiger Mann.«
Ich wartete, während sie einen großen Bissen Rührei hinunterschluckte.
»Er hat die Ereignisse immer vorausgesehen«, erklärte sie mir. »Im wirtschaftlichen Sinne. Damit ist er drüben auch zu einer derart bedeutenden Gestalt geworden. Alle warten nur ab, was er als Nächstes tut. Und da ich mir gerne vorstelle, dass er meine Besorgnis über den Zustand Europas teilt …«
Ich musste eingestehen, dass ich mir Macleans Bedeutung nicht bewusst gewesen war.
»Aber sicher doch. Die Finanziers dort buckeln förmlich vor ihm. Es überrascht mich gar nicht, dass Lady Stansbury ihn für eine gute Partie hält. Im Gegensatz zu Sir Robert scheint sie durchaus zu erkennen, woher der Wind weht.« Sie hielt inne. »Ihnen ist doch klar, dass Lady Stansbury ihn als Mann für Margot vorgesehen hat.«
Ich erklärte, Bill habe so etwas erwähnt.
»Oh, gut. Ich bin froh, dass das klar ist. Natürlich verstehe ich durchaus, weshalb ihr Männer Margot so attraktiv findet. Sie ist eine der Glücklichen, nicht wahr? Neil passt sehr gut zu ihr.«
Ich wagte zu fragen, ob es Hinweise darauf gebe, dass Margot diese Ansicht teilte.
»Anzeichen von Zuneigung, meinen Sie?« Sie runzelte die Stirn. »Nun, die beiden verbringen viel Zeit miteinander. Und sie scheint sich in seiner Gegenwart sehr wohl zu fühlen. Aber darum geht es natürlich nicht, oder? Wir beide wissen doch, dass Margot in dieser Hinsicht vernünftig ist. Warum sonst hätte sie sich mit einem so fürchterlichen Mann wie Julian Trevelyan verloben sollen? Natürlich heiratet sie Neil. Das würde jedes Mädchen tun.«
Am frühen Morgen konnte Violet Eccleston ganz schön anstrengend sein.
Als ich schließlich dem Frühstückszimmer entfliehen konnte, fand ich Freddie Masters in der Bibliothek, wo er eine Zigarette rauchte, während er auf Susan wartete.
»Eins ist komisch an Violet: Je schrecklicher sie ist, destomehr mag ich sie.« Er zog die Augenbrauen hoch und sah mich theatralisch an. »Falls die Frage nicht zu unhöflich ist, alter Junge: Was willst du eigentlich mit dem Geld deines Vaters anfangen? Land, Regierungsanleihen, etwas in der Richtung?«
Ich zuckte verlegen mit den Schultern. »Ich muss gestehen, das überlasse ich den Anwälten.«
»Ich an deiner Stelle würde ihnen mal schreiben, dass du scharf auf Gold bist. Nur so eine Ahnung.« Freddie lächelte und drückte seine Zigarette aus. »Verdammtes Mädchen. Jetzt frage ich mich schon, wie um Himmels willen man in Flugzeuge investiert.«
Als Freddie und Susan nach Tenmouth aufbrachen, kam mir das Haus plötzlich sehr leer vor. Bill Stansbury hatte sich trotz seines verletzten Arms den Jägern angeschlossen, Lucy Flinders begleitete ihn, und die meisten anderen Damen ebenfalls. Horatio Finch-Taylor, Mapperley und die übrigen männlichen Gäste gehörten alle zur Jagdpartie, so dass ich das seltene Vergnügen hatte, ganz allein in Hannesford zu sein. Darauf hatte ich mich gefreut.
Der Plan, den ich mir zurechtgelegt hatte, als ich in den frühen Morgenstunden wachlag, war ganz einfach. Statt dem Verlangen zu widerstehen, würde ich ihm ein paar Stunden nachgeben. Da mir der Professor ohnehin nicht aus dem Sinn ging, würde ich einfach eine Weile über ihn nachdenken. Irgendwo in der Bibliothek existierten Unterlagen zur Schmetterlingssammlung, und ich war mir ziemlich sicher, dass ich dort auch die Notizen des Professors aus den Tagen vor seinem Tod finden würde. Ich rechnete nicht damit, etwas Bedeutsames zu entdecken, doch da sein Notizbuch unauffindbar war, lohnte es den Versuch. Dann könnte ich Freddie Masters immerhin sagen, dass ich mein Bestes getan hatte, um Licht in die Sache zu bringen.
Also machte ich mich systematisch ans Werk. Es dauerte nicht lange, bis ich die Papiere gefunden hatte. Sie waren genau dort, wo ich sie erwartet hatte, und in derselben Ordnung, in der der Professor sie hinterlassen hatte. Es handelte sich hauptsächlich um die Notizen des ursprünglichen Sammlers, Sir
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