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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ich Julian heirate. Ich dachte nur, du wärst wütend gewesen. Weißt du noch, du hast mich eine alberne Närrin genannt. Aber es war anders als heute Abend.« Sie sah mich verwundert an. »Tom Allen, du bist immer für eine Überraschung gut.«
    Ich antwortete nicht. Ich wollte nicht reden. Ich wollte nicht nachdenken.
    Margot schwieg, bis das Grammophon abrupt mitten im Stück verstummte und die Tänzer einander verdutzt ansahen.
    »Einen Augenblick!«, rief Bill und setzte das Gerät mit einer geschickten, einarmigen Bewegung wieder in Gang. Doch als die Musik aufs Neue einsetzte, wurde Margot von einem schlaksigen Jungen weggeholt, der sich übertrieben verbeugte und sie Marguerite nannte.
    Als ich mich zurückzog, bemerkte ich Lucy Flinders, die mit Denny Houghton tanzte. Ihre Augen leuchteten aufgeregt, und ich staunte über die seltsame Alchemie, die einen vollkommen durchschnittlichen jungen Mann in einen Märchenprinzen verwandeln konnte. Aus welchem Blickwinkel ich ihn auch betrachtete, ich sah nur einen ziemlich unreifen Jungen mit seltsam geformtem Kinn.
    Ganz in der Nähe tanzte Susan mit Freddie Masters. Anders als das jüngere Paar waren sie nicht atemlos, sie bewegten sich kaum auf der Tanzfläche. Falls überhaupt, drückte ihr Tanz Stille aus. Beiden schien nicht nach Reden zumute zu sein.
    Und dann dachte ich an Anne. Weshalb hatte sie mir nichts von ihren Plänen für Südafrika erzählt? Es kam mir seltsam vor, dass sie es nicht erwähnt hatte. Dieses fait accompli verwirrte mich. So unvernünftig und irrational es auch sein mochte, ich kam mir im Stich gelassen vor. Seit ich Anne hier begegnet war, bemerkte ich immer wieder die Parallelen inunserer Situation. Für uns beide war Hannesford ebenso sehr Falle wie Zufluchtsort. Doch Anne hatte Pläne gemacht und ich nicht. Sie nahm Abschied von Hannesford.
    Und als ich mich noch einmal im Zimmer umsah und die strahlenden, gut aussehenden Menschen betrachtete, die dort tanzten, überkam mich das eindringliche und verstörende Gefühl, dass ich, anders als Anne, keine Ahnung hatte, wer ich war und wohin ich gehen sollte.
    Bill Stansburys Gäste blieben bis Mitternacht. Ich hatte mich längst in mein Zimmer gestohlen. Von Margot hatte ich mich nicht verabschiedet, obwohl ich es hätte tun sollen. Nur Freddie Masters sah mich gehen. Er stand auf der anderen Seite des Zimmers und hob zum Abschied die Augenbraue.
    Ich legte mich hin, während das Licht noch brannte, und ließ meine Gedanken wandern. Das Kaminfeuer knisterte tröstlich, und der Klang der Musik wirkte beruhigend. Eine Zeitlang stellte ich mir vor, wie Margot tanzte und sich auf eine nie gekannte Weise ganz der Musik hingab. Und ich dachte an Anne, die Hannesford entkommen und sich ein eigenes Leben aufbauen würde, das sich nicht mehr um die Stansburys drehte.
    Und als das alles zu schwierig wurde, dachte ich wieder an den Professor.
    Vielleicht beschäftigte mich Freddie Masters kleines Geheimnis nur deshalb, weil es mich von heikleren Dingen ablenkte. Doch der Brief des Professors und Freddies Beschreibung der Szene an der alten Brücke fügten sich nicht in mein Bild der Vergangenheit. Ich hatte meine Zeit in Hannesford immer als meine eigene Geschichte betrachtet, die Geschichte meiner eigenen Torheit. Nun schaute ich noch einmal hin und begriff, dass ich nur ein kleiner Teil davon gewesen war. Es gab den Professor auf der alten Brücke. Es gab Anne Gregory, deren Tränen ich mir nie zu erklären versucht hatte. Esgab Freddie Masters, der auf dem Höhepunkt der Party in den Wald marschierte. Und irgendwo gab es auch Reggie, der außer Sichtweite vor sich hin schmollte, während die Kapelle spielte. Woran dachte er? An seinen Groll? An Julia Woodward? Ich hatte nichts davon bemerkt. Gar nichts.

D er Tag, an dem Margot zu den Uferauen wollte, begann klar und wolkenlos, und die blasse Röte der Morgensonne versprach einen heißen Tag. Ich hatte mich freiwillig gemeldet, um den anderen vorauszugehen, obwohl ich wusste, dass alles perfekt vorbereitet sein würde, dass sich die Picknickkörbe an der richtigen Stelle befänden, die Decken ausgebreitet wären, der Champagner auf Eis läge. Doch die Vorstellung, allein zu sein, gefiel mir. In diesem Sommer passierte alles viel zu schnell. Hannesford war voller Gäste, und der Rosenball näherte sich mit großen Schritten. Ein Ereignis folgte auf das nächste, alles war ständig in Bewegung. Man tuschelte über Julian und Margot und wann sie

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