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Wiedersehen in Harry's Bar

Wiedersehen in Harry's Bar

Titel: Wiedersehen in Harry's Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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Pflaster. »Keine Bewegung.« Als ich mich halb aufgerichtet hatte, sah ich, dass sie die Schrotflinte auf seinen Kopf richtete, aber er und ich lagen so dicht beieinander,dass sie das Ding ebenso gut auf mich hätte richten können. »Mach den Mantel auf.«
    Der Kerl, Swierczynski, murmelte etwas in seiner eigenen Sprache.
    »Aufmachen, sofort.« Gobi langte nach unten und riss den Mantel auf, unter dem sich eine Kamera mit einem teuer aussehenden Teleobjektiv verbarg, die an einem Gurt um seinen Hals hing. Sie musterte die Kamera mit einem finsteren Blick, als hätte sie nichts anderes erwartet.
    »Arbeitest du jetzt für Kaya?«, fragte sie.
    Der Kerl funkelte sie an und nickte dann widerwillig.
    »Sag Kaya, dass ich kein Kindermädchen brauche.« Sie entriss ihm die Kamera, durchsuchte seine anderen Taschen und zog ein Springmesser, ein Handy und ein dickes Bündel Euros heraus. Sie steckte alles ein. »Sag ihm, dass ich den Job wie besprochen erledige.«
    Swierczynski nickte wieder.
    »Sag ihm, dass ich ihm den nächsten Schatten, den er hinter mir herschickt, in Einzelteilen zurückschicke. Kannst du dir das alles merken, oder soll ich es dir in die Brust einritzen?«
    »Blöde Kuh.« Der Mann spuckte Blut in ihre Richtung. Es war ein osteuropäischer Akzent, vielleicht Polnisch. »Ich bin kein Idiot.«
    »Die Leute vergessen manchmal alles, wenn sie was auf den Schädel bekommen.«
    Er verzog höhnisch das Gesicht. »So fest hast du mich nicht erwischt.«
    »Noch nicht.« Gobi drehte sich zu mir. »Schlag ihn.«
    » Ich? «
    »Höchste Zeit, dass du kämpfen lernst.«
    »Nein.«
    Sie drehte sich um und richtete die Flinte wieder auf ihn. »Mach schon, sonst mache ich ihn sofort alle.«
    »Also jetzt mal ehrlich …«
    »Mach eine Faust.«
    »Ich weiß, wie man zuschlägt.« Ich sah den Mann mit dem Bart an, der darauf wartete, dass ich ihm eine reinhaute.
    »Stell die Füße auf Schulterbreite auseinander«, sagte Gobi und nahm die beschriebene Position ein. »Geh leicht in die Knie. Ellbogen zurück, Fäuste hierhin. Beim Kendo nennt man das die Pferdestellung.«
    »Hör mal, ich hab wirklich keine Lust –«
    Swierczynski griff nach der Flinte. Nicht sehr flink, weder besonders schnell oder elegant, aber er hatte das Überraschungsmoment auf seiner Seite, und einen Augenblick sah es fast so aus, als würde er es schaffen. Dann trat Gobis rechter Fuß so schnell zu, dass mir der Kerl beinahe leidtat. Ich hörte die Knorpel in seinem Knie platzen, als sie sein Bein zur Seite kickte und er wie ein Sack zusammenbrach.
    Gobi hob das Gewehr auf und zielte auf seinen Kopf. »Das wird jetzt laut.« Sie hatte eine andere Haltung eingenommen, als bereitete sie sich schon auf den Rückstoß vor. »Mach dich bereit.«
    Swierczynski hob den Kopf. »Wenn du mich umbringst«, sagte er mit tiefer Stimme in seinem ziemlich holprigen Englisch, »bist du selbst dran. Dafür wird Kaya sorgen.«
    Gobi rührte sich nicht.
    »Er hat mir alles gesagt.« Seine Lippen verzogen sich zu einem hässlichen Grinsen, und er zeigte auf seine Schläfe. »Er hat mir gesagt, dass die Kugel schon in deinem Kopf ist.«
    Gobi atmete aus. Dann senkte sie, ohne etwas zu sagen, das Gewehr und richtete es wieder auf mich.
    »Los, geh«, sagte sie zu mir, und wir ließen ihn einfach dort auf dem Platz liegen.

16
    »Know Your Enemy«
    – Green Day
    Wichtige Fragen, die zu diesem Zeitpunkt zur Diskussion stehen:
Wer ist Kaya?
Warum hat der Kerl uns verfolgt, und warum wollte er Gobi fotografieren?
Wieso brachte Gobi als Priester verkleidete Männer um?
»Die Kugel ist schon in deinem Kopf«? Hä?
Wen oder was hatte Kaya, damit er eine gewisse Macht über Gobi ausübte?
Würde ich jemals wieder etwas anderes als einen gestohlenen Trenchcoat über einem nassen Hotelbademantel tragen?
War das wirklich der absolute Höhepunkt meines Aufenthalts in Venedig? Denn wenn ja – Mann, was für eine Enttäuschung.

17
    »There Are Some Remedies Worse Than the Disease«
    – This Will Destroy You
    Gobi antwortete mir natürlich auf keine dieser Fragen, sondern stieß mir nur beim Gehen den Gewehrlauf in den Rücken. Wir unterhielten uns in einer dieser lustigen ausgedachten Sprachen: Ich stellte ihr eine Frage, und sie stieß mir die Flinte ins Kreuz. Seit meinem frühzeitig abgebrochenen Fluchtversuch auf dem kleinen Platz blieb die Flinte exklusiv auf mich gerichtet. Ich kam mir wie etwas ganz Besonderes vor.
    »Hat dich Kaya angeheuert, damit du die Kerle

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