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Wiedersehen in Harry's Bar

Wiedersehen in Harry's Bar

Titel: Wiedersehen in Harry's Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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umbringst, die als Priester verkleidet sind?«
    »Kaya hat mich nicht angeheuert.«
    »Warum machst du’s dann?«
    »Ich bin kein Auftragskiller.«
    Die Flinte schob mich energischer weiter. Das Schild der Pensione Guerrato hing linker Hand am Eingang zu einer Gasse, die vom leeren Marktplatz des Rialto Mercato abging. Gobi schenkte der Überwachungskamera einen kurzen Blick und machte einen Schritt zurück.
    »Du drückst.« In sicherem Abstand von der Tür senkte sie den Gewehrlauf und stieß mich in Richtung des Messingschilds der Gegensprechanlange. »Halte den Kopf gesenkt.«
    Ich senkte den Kopf, drückte auf den Knopf und wartete eine Weile, bis mir eine Männerstimme aus dem Lautsprecher antwortete. » Buona sera. «
    »Äh, hallo. Sprechen Sie Englisch?«
    »Ja.«
    »Ich heiße … äh …« Ich konnte an gar nichts mehr denken. »… James Morrison. Ich brauche ein Zimmer für eine Nacht.«
    Ein Summton ertönte, und ich drückte die Tür auf. Sie führte in eine schmale Diele mit polierten Holzwänden und einer steilen, knarrenden Treppe, die nach oben in, wie es schien, schwindelerregende Höhen führte. Gobis Schritte blieben die ganze Zeit dicht hinter mir, und ich spürte die Flinte mit sanftem Druck im Rücken – eine unangenehme Erinnerung daran, dass wir noch nicht miteinander fertig waren.
    Oben angekommen, standen wir auf einem Treppenabsatz, der mit antiken Stühlen und Statuen sowie mit spitzenbehängten Tischchen und Deckenlampen eingerichtet war. An der gegenüberliegenden Wand standen Bücherregale, links und rechts davon waren alte Stadtpläne und Opernplakate zu sehen. Hinter dem Empfangstresen stand ein vornehmer, nach GQ aussehender Typ in den Fünfzigern neben einem Flachbildschirm, vor sich eine Tasse Tee.
    Ich ging auf ihn zu, wobei ich versuchte, den Trenchcoat am Hals zuzuhalten, damit man nicht sofort sah, dass ich darunter einen Bademantel anhatte. »Ich bin James.« Ich räusperte mich. »Das ist meine Freundin Gobi.«
    »Ja, selbstverständlich.« Der Mann lächelte, und Gobi lächelte zurück, nahm mich am Arm und legte den Kopf auf meine Schulter. Im Spiegel sah ich uns beide eng beieinander stehen und musste, benommen wie ich war, über den Anblick staunen. Insbesondere mit dem Fotoapparat um Gobis Hals sahen wir wie zwei müde Reisende aus, dienach einem langen Tag einfach nur zusammen ins Bett fallen wollten.
    »Ich heiße Benito«, sagte der Mann. »Herzlich willkommen.« Er reichte uns einen großen Messingschlüssel mit einer Troddel dran. »Ihr Zimmer ist die Vierzehn, gleich die Treppe rauf.«
    »Haben Sie vielleicht etwas Abgeschiedeneres?« Gobi holte das Geld, das sie Swierczynski abgenommen hatte, schälte mehrere große Scheine herunter und legte sie auf den Tresen. »Vielleicht eine Suite in einem anderen Teil des Hotels?«
    Benitos Blick glitt über das Geld. »Aber selbstverständlich, signora. « Im Handumdrehen hatte er den Schlüssel wieder an den Haken gehängt und uns einen anderen ausgehändigt. »Ich kann Sie ganz bestimmt zu Ihrer Zufriedenheit unterbringen.«
    »Wir mögen es lieber zurückgezogen«, sagte Gobi und blätterte noch einen Hunderter auf den Tresen. »Außerdem wäre es uns sehr recht, wenn Sie in dieser Hinsicht absolut diskret vorgehen würden.«
    »Absolut.«
    »Vielen Dank«, sagte Gobi, nahm den Schlüssel und stupste mich in Richtung Treppe.
    *
    »Willst du mich im Ernst am Bett festbinden?«, fragte ich.
    »Nur die Arme.« Sie zog die dicke, geflochtene Kordel fester, die sie von den Vorhängen abgeschnitten hatte, und überprüfte die Knoten an meinen Handgelenken. Ich lag auf dem Rücken, die Arme über dem Kopf, und zitterte. Ohne den nassen Bademantel lag ich jetzt nackt unter denDecken, die sie über mich geworfen hatte. »Ich möchte dich nicht verlieren, Perry.«
    »Wie romantisch.«
    Sie schüttelte den Kopf. »So denkst auch nur du.«
    »Ich kann so nicht schlafen.«
    »Versuch’s.«
    »Und was soll ich machen, wenn meine Kumpels morgen früh die ganze Bude auseinandernehmen und nach mir suchen?«
    »Bis dahin bin ich längst weg.«
    »Warte mal – was?«
    Sie schaltete das Licht aus. Kurz darauf hörte ich die Dusche angehen. Nachdem sie wieder abgedreht wurde, ging die Badezimmertür knarrend auf. Es roch nach feuchter Luft und Seife, irgendeinem Shampoo und Spülung. Dann leuchtete ein winziges Handy-Display auf und schwebte in der Dunkelheit auf der anderen Seite des Zimmers hin und her. Es war das Telefon, das

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