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Wiedersehen in Harry's Bar

Wiedersehen in Harry's Bar

Titel: Wiedersehen in Harry's Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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Boot zur gegenüberliegenden Seite des Kanals fahren. Als es davontuckerte, fiel mir auf, dass es genau wie das Boot aussah, auf dem wir uns befanden.
    Ich sah sie an. Die erste Woge Adrenalin war verebbt und ließ mich zitternd und wie ausgekotzt zurück, voller Fragen, die sofort nach Antworten verlangten.
    »Warum hast du das getan?« Meine Stimme zitterte so sehr, dass ich die Worte kaum herausbrachte. »Warum hast du Armitage umgebracht? Er hat doch nichts –«
    Auf der anderen Seite der Brücke riss eine Explosion ein Loch in die Welt. Sie war nicht einfach nur laut, sondern irgendwie GEWALTIG und erschütterte den gesamten Kanal, pulsierte durch das Wasser rings um uns, brach sich so heftig an den Wänden der alten Gebäude, dass ich sie tatsächlich wackeln sah. Meine Gedanken rasten zu dem zweiten Boot, das unter der Brücke auf uns gewartet hatte, das Boot, das genau wie unseres aussah, aber nur zur Ablenkung dort lag. Kurz darauf wehte dichter, beißender Qualm über den Kanal herüber.
    Gobi ließ mich keine Sekunde aus den Augen. Ich spürte einen sperrigen Klumpen im Hals, der alle meine Nebenhöhlenausfüllte und sich bis in die Augenhöhlen drückte. Es blieb nur noch eine Frage übrig, die Frage, die ich am liebsten nicht gestellt hätte. Auch wenn das alles sowieso keine Rolle mehr spielte.
    »Was ist mit Paula?«
    Gobi gab mir keine Antwort.
    » Was ist mit Paula? «
    »Sie hätte dich umgebracht.«
    »Warum?«
    Ein leichtes Achselzucken. »Du hattest deinen Zweck erfüllt.«
    »Aha. Und welchen?«
    »Mich aus der Deckung zu locken, damit mich Armitages Söldner abknallen können.«
    Ich dachte an die Schüsse von oben. »Der Scharfschütze auf dem Dach?«
    »Es war nicht nur einer. Armitage wollte den Platz in eine Todesfalle verwandeln.«
    »Eine Todesfalle«, sagte ich. »Na toll. Eine verkackte Todesfalle ? Warum?«
    »Weil er wusste, dass ich ihn mir holen würde.«
    Ich starrte sie finster an und spürte bittere Tränen der Wut hinter meinen Augen kribbeln; sie hatten nichts mit dem Qualm zu tun. Sie stiegen aus der Grube herauf, die einst mein Magen gewesen war, ein Hohlraum, der jetzt irgendwie leer und gleichzeitig widerlich schwer war, ein tiefer, schmerzender Ort, als hätte jemand meinem Herz in die Eier getreten.
    »Wie lange hast du … bis du schon hinter ihm her?«
    »Kaya hat mir den Auftrag gegeben, vor vier Monaten, nach New York. Aber Armitage wusste es.«
    »Armitage wusste, dass du hinter ihm her bist?«
    Gobi nickte.
    »Wie lange schon?«
    »Zumindest seit August versucht er, an mich ranzukommen.«
    August. Die Übelkeit in mir faltete sich zusammen wie die Landkarte eines eroberten Gebiets, und einen Augenblick war ich mir auf grässliche Weise sicher, dass ich mich gleich übergeben würde. Meine Gedanken rasten zu dem Abend zurück, an dem ich Paula auf der Party in Brooklyn kennengelernt hatte. Ich dachte daran, wie zufällig das alles verlaufen war. Wie sie unsere erste Unterhaltung angestoßen hatte und alles, was danach kam. Wie sehr ich mich darüber gewundert hatte, dass sich eine dermaßen heiße Frau für mich interessierte. Wie sie mich manipuliert hatte. Dann die Einladung nach Europa. Dann Venedig. Dann die Pistole.
    Keine Bewegung, sonst stirbt er.
    »Du warst nur eine Schachfigur, Perry«, sagte Gobi. »Wie sagt man … Mittel zum Zweck, um mich zu finden.«
    Meine Kehle zog sich zusammen. Ich brachte keinen Ton heraus.
    »Wir müssen los.«
    »Nein.« Ich machte einen Schritt nach hinten, und meine Ferse stieß gegen etwas Schwarzes, das unter den Sitz gestopft war. Taucheranzüge und Taucherbrillen. Sauerstoffflaschen. Mundstücke.
    »Nein«, sagte ich. »Auf gar keinen Fall.«
    Gobi machte sich mit raschen Bewegungen daran, einen Neoprenanzug anzuziehen.
    »Das kannst du vergessen. Ohne mich. Ich bin raus. «
    Sie spuckte in die Maske und spülte sie mit Wasser aus dem Kanal aus, überprüfte die Sauerstoffanzeige und sah mich an. Die Sirenen waren nicht mehr weit entfernt.
    »Venedig ist eine Insel«, sagte ich. »Die hören nicht auf, nach dir zu suchen.«
    »Jetzt nicht mehr.« Sie nickte in Richtung der Explosion. »Wir sind tot. Zumindest so lange, bis sie unsere Leichen nicht finden.«
    »Wir können nicht einfach –«
    Gobi stieß mir ein paar Flossen gegen die Brust.
    »Ich mach nicht mehr mit«, sagte ich. »Ich rufe meinen Dad an, der besorgt mir einen Anwalt. Ich will nach Hause.«
    »Das geht jetzt nicht mehr.«
    »Warum nicht?«
    Sie sah

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