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Wiedersehen in Harry's Bar

Wiedersehen in Harry's Bar

Titel: Wiedersehen in Harry's Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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du auch … hier gewohnt?«
    Sie lächelte knapp und legte das Messer hin. »Du willst wissen, ob wir miteinander geschlafen haben?«
    »Vergiss es«, sagte ich. »Das geht mich nichts an.«
    »Als ich hierherkam, war mein Leben zerstört – wegen meiner Schwester, was mit ihr passiert war.« Das Lächeln verflog. »Ich war voller Kummer und Zorn. Erich hat mir sehr viel beigebracht.«
    »Alles klar.«
    Sie hob eine Augenbraue. »Wenn du keine Antworten hören willst, Perry, solltest du keine Fragen stellen.«
    »Ist ja auch egal.«
    »Du bist eifersüchtig.«
    »Also bitte!« Ich spürte, wie meine Ohrenspitzen glühend heiß wurden, ein Gefühl, das ich wirklich hasste, weil ich wusste, dass jeder, der mich ansah, sofort erkannte, dass ich rot anlief. »Du und ich –«
    »Du bist noch Jungfrau, ja?«
    »Hör mal«, antwortete ich, »das Thema ist jetzt so was von irrelevant …«
    »Diese Frau. Paula. Die ganze Zeit, du mit ihr zusammen, habt ihr da nie –«
    »Sie war nicht die Richtige«, platzte es aus mir heraus. Ich wusste gar nicht, wo das herkam. Jedenfalls hatte ich nicht die Absicht, Gobi mehr über mein Leben zu verraten, als sie bereits wusste, und bis zu diesem Augenblick hatte ich nie so richtig darüber nachgedacht, warum Paula und ich nie miteinander geschlafen hatten. Ich hatte immer meine Blockade dafür verantwortlich gemacht, meine Unerfahrenheit und Unsicherheit, die Angst vor dem Unbekannten oder was auch immer, und die Sache mit mir selbst abgemacht. Jetzt saßen wir hier in der Schweiz und nahmen die ganze Geschichte unter grellem Scheinwerferlicht auseinander, als handelte es sich um eine zappelnde Kröte.
    »Du suchst eher nach einem ruhigen Mädchen?«, fragte sie.
    »Ehrlich gesagt«, antwortete ich, »wäre mir momentan ein Mädchen, das nicht ständig versucht, mich umzubringen, am allerliebsten.«
    »Ich habe alle E-Mails gelesen, die du geschickt hast, Perry. Jede einzelne.« Sie saß jetzt direkt vor mir, so nah, dass ich sie atmen hören konnte. »Weißt du, wie schwer es mir gefallen ist, nicht darauf zu antworten? Dir nicht zu schreiben, wo ich war?«
    »Ja, schon gut, du hast bestimmt richtig gehandelt«, sagte ich. »Ich meine, wir können uns nicht mal auf demselben Kontinent aufhalten, ohne dass jemand dabei zu Tode kommt.«
    Sie sah mich mit gespieltem Entsetzen an. »Ist also ein Paktbrecher?«
    »Was?«
    »Ich und du.«
    »Ja, riesengroßer Mega-Paktbrecher.«
    »Tja, wer sie auch ist …« Gobi lächelte wieder und stellte das benutzte Geschirr in die Spüle. »Ich hoffe, dass du sie findest, bevor du dir den Hals brichst.«

28
    »King of Pain«
    – The Police
    Nach einem späten Frühstück legte ich mich auf Erichs Couch und schloss kurz die Augen. Eigentlich wollte ich nur ein paar Minuten ausruhen, aber die Fahrt in der Nacht davor musste mich total geschlaucht haben, denn als ich die Augen wieder aufmachte, hatten sich die Schatten im Studio deutlich in die Länge gezogen, und es sah verdächtig nach Abend aus.
    »Wie spät ist es?« Ich setzte mich auf und versuchte, mich in dem fremden Zimmer zu orientieren. »Wie lange habe ich geschlafen?«
    Erich hob den Blick. »Fast den ganzen Tag.«
    »Warum habt ihr mich nicht geweckt?«
    »Es sah so aus, als könntest du ein bisschen Schlaf vertragen.« Er hatte einen weißen Judoanzug mit einem Gürtel aus groberem Gewebe an, das ich nur erkannte, weil ich mit neun Jahren selbst mal Judo gemacht hatte.
    »Was ist los? Hab ich was verpasst?«
    »Erich?« Gobis Stimme kam von der Tür. Sie schaute mit einem Ausdruck reiner, kindlicher Freude auf Erichs weißen Kampfsportanzug. »Können wir?«
    »Du musst es mir versprechen«, erwiderte Erich. »Nicht mit voller Kraft.«
    Gobi nickte. »Ich werde Gnade walten lassen.«
    »Ich meinte, deiner Gesundheit wegen.«
    »Ich weiß, wie du es gemeint hast«, sagte sie und folgte ihm in den Übungsraum.
    *
    Zwanzig Minuten später, nachdem Gobi Erich gepackt, ihn über die Schulter gewirbelt und auf die Matte geworfen hatte, kam er zu mir herüber. Ich stand oder kauerte vielmehr in der Ecke neben dem Gewehrschrank. Er schnaufte und schwitzte, rieb sich den Ellbogen und grinste kläglich.
    »Mit voller Kraft möchte ich mir das nicht vorstellen«, sagte ich.
    Er antwortete nicht sofort. Auf der anderen Seite des Fitnessraums stand die barfüßige Gobi, kippte sich eine Flasche Wasser über den Kopf und schüttelte sich die Tropfen aus den Haaren. Sie trug eine Judouniform ,

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