Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wiedersehen in Harry's Bar

Wiedersehen in Harry's Bar

Titel: Wiedersehen in Harry's Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
Vom Netzwerk:
passieren.
    »Super!« Sasha klatschte in die Hände. » Are you ready to rock? «
    »Nicht ganz.«
    Norrie machte einen Schritt auf uns zu. »Wa-was ist denn, Perry?«
    »Ich muss mit euch reden«, sagte ich, und als ich den Mantel auszog, fiel die Glock aus meiner Tasche, und wir standen beide da und starrten auf das Ding, als läge zwischen uns ein toter Vogel auf dem Boden.
    *
    »Nein«, sagte Norrie. »Auf ga-gar keinen Fall. Nein. «
    »Norrie.«
    »Nein. Nein!«
    »Alter.« Ich hatte die Pistole bereits aufgehoben und wieder in meinem Parka verstaut, sah aber, dass Norries Blick immer wieder zu der Ausbeulung in meiner Tasche zuckte. »Ich brauche deine Hilfe.«
    Wir lehnten an der Seitenwand der Bühne, während Sasha und Caleb die Set-List noch mal durchgingen. Gobi hockte neben mir auf dem Boden und hatte den Kopf in den Händen vergraben. Seit wir uns in diese dunkle Ecke des Clubs verzogen hatten, hatte sie sich weder bewegt noch ein Wort von sich gegeben.
    »Lass uns einfach –«
    »Mir ist d-die ganze Sho-Show egal«, sagte Norrie. »Ich wü-will einfach nicht um-umgebracht werden.«
    »Vertrau mir, Mann, okay?«
    Er sah mich nur müde und erschöpft an. Seit der Grundschule waren wir Freunde, wir hatten gemeinsam einiges durchgemacht, und ich wollte uns auf keinen Fall durch so etwas auseinanderbringen. Wir hätten zu Hause bei ihm in seinem Keller sitzen und Wolfmother hören sollen, Dead Redemption und so, über Princeton und Mädchen und solche Sachen reden sollen. Schon in der Highschool wusste ich, dass es nicht ewig dauern würde, aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass die Bruchlandung so schnell kommt.
    »Und wa-warum k-kannst du mit dem ga-ganzen Kram nicht einfach zu den Bullen ge-gehen?«, fragte Norrie und beantwortete sich die Frage gleich selbst. »Ach so, stüstimmt ja, wa-weil du mit einer Au-Auftragskillerin unterwegs b-bist!«
    »Hör mal«, sagte ich, »ich lasse die Bullen heute Abend herkommen. Ich will bloß so viel Rückendeckung wie möglich, falls etwas schiefgeht.«
    »Du w-willst, dass Leute mit geladenen Knarren bei unserem Auftritt dabei sind«, sagte er. Es hörte sich so an, als hätte er es satt, mein bester Freund zu sein. »Schon wieder.«
    »Was ist mit dem Song?«
    Er sah mich verdutzt an. »Wa-was?«
    »Du hast gesagt, du hättest einen neuen Song geschrieben.«
    »Ist das d-dein Ernst?«
    »Lass mal hören.«
    »Ja-jetzt?«
    Ich blickte mich in dem leeren Club um und dachte an alles, was jenseits dieser Mauern gerade passierte, ich dachte an mich und Gobi und an meine Familie, an die Chancen, die so verdammt schlecht wie nie für uns standen. »Vielleicht haben wir nie wieder eine Gelegenheit dazu.«
    »Nein. Auf keinen Fall.« Er schüttelte den Kopf. »Ich ka-kann nicht –«
    »Doch, kannst du.«
    Norrie holte Luft, schüttelte den Kopf und drehte sich mit einem langen, verzweifelten Herrgott-das-darf-doch-nicht-wahr-sein-Seufzer um und ging wieder auf die Bühne, wo Caleb und Sasha angestrengt versucht hatten, so zu tun, als würden sie unser Gespräch nicht belauschen. Er murmelte ihnen etwas zu, schob sich hinter seine Schießbude, nahm die Stöcke, ballerte drei Takte vor, und Caleb ließ die ersten Töne aufjaulen.
    Der Song – jedenfalls das, was davon schon da war – kam ruppig, unfertig, dahingerotzt, noch ohne Konturen …, und er war ohne Frage das Beste, was Norrie je geschrieben hatte. In der Hälfte der zweiten provisorischen Strophe konnte ich mich nicht mehr zurückhalten, kletterte auf die Bühne und schnappte mir den Ersatzbass, der dort stand, stöpselte ihn ein und improvisierte eine Basslinie, dann stellte ich mich vor das Mikro und lieferte die zweite Stimme für Sashas Gesang.
    Als wir fertig waren, standen Gobi und Linus dicht vor der Bühne und schauten uns mit dem gleichen verzauberten Gesichtsausdruck an. Ich wischte mir den Schweiß aus den Augen und blickte an Caleb vorbei, dorthin, wo Norrie gerade den letzten Beat des Songs verklingen ließ. Er hob den Kopf und sah zu mir her.
    »Und?«, stieß er hervor. »Was meinst du?«
    »Ja.«
    »Ja?«
    »Ja.«
    »Er heißt ›Bullet Magnet‹.«
    Ich nickte. »Guter Titel.«
    »Dachte ich auch.«
    »Passt.«
    Bei dem plötzlich einsetzenden Applaus von ganz hinten im Saal zuckten wir alle erschrocken zusammen.

42
    »Baby Goes to 11«
    – Superdrag
    »Stormaire?« Paulas Stimme war in der ausgezeichneten Akustik des leeren Saals laut und deutlich zu hören. Sie hielt ein

Weitere Kostenlose Bücher