Wiedersehen in Stormy Meadows
Nagellacken – rot, pink, mit Glitzer, ohne Glitzer, giftgrün, knalllila – sowie ein elektrisches Pediküregerät.
»Was ist das denn?« Laura hält sich das seltsame, zigarrenförmige Teil direkt vor die Nase und betrachtet es schielend.
»Ein Pediküregerät«, erkläre ich grinsend.
Laura betrachtet es und fängt dann an zu kichern. »Und ich dachte schon, Cassie hätte sich illegalerweise bei Beate Uhse umgesehen.«
»Du und deine schlüpfrigen Gedanken«, zische ich ihr zu und bin dankbar, dass Cas sich bereits wieder ihren eigenen Geschenken zugewandt hat. Als Nächstes packt sie etwas zum Anziehen von Laura aus und Parfum von Petra.
Cas sprüht sich sofort damit ein, nur um binnen kürzester Zeit herauszufinden, dass ihr der schwere, orientalische Duft nicht gefällt. Sie geht nach oben, um das Zeug wieder abzuwaschen.
Laura wartet, bis Cas wieder nach normaler Seife riecht. »Ich habe noch ein Geschenk für dich, aber ich muss es eben holen, okay? Du musst hierbleiben und versprechen, nicht aus dem Fenster zu gucken.«
Cas und ich wechseln verwunderte Blicke, als Laura hinausgeht. Sie ist eine ganze Weile weg, dann hören wir eine Tür schlagen, dann gedämpfte Geräusche und seltsames Scharren, als würde etwas über den Hof bewegt. Kurz darauf hören wir sie rufen, wir sollen herauskommen.
Wir marschieren in die Küche und öffnen die Hintertür. Vor uns steht Laura und hält Chance am Zügel. Chance sieht ein wenig verwirrt, aber ausgesprochen weihnachtlich aus. Auf seinem Rücken liegt jetzt eine rote Stalldecke mit weißen Pelzkanten, am Zaumzeug steckt Lametta, und auf dem Kopf trägt er einen Haarreif mit einem Rentiergeweih aus Plastik, das wiederum mit einer bunt blinkenden Lichterkette geschmückt ist.
»Fröhliche Weihnachten!«, ruft Laura, als Cas bei Chances Anblick laut lacht. Laura nimmt Cas’ Hand und übergibt ihr die Zügel.
»Wie bitte? Das verstehe ich jetzt nicht?« Cas kneift die Augen zusammen. Laura schenkt ihr ein breites Lächeln.
»Das ist dein Geschenk. Chance. Ich schenke ihn dir zu Weihnachten.«
»Aber … aber …«
Laura lacht laut auf. »Weißt du was? Ich glaube, das ist das erste Mal, dass ich dich sprachlos erlebe!«, freut sie sich, dann fällt sie Cas um den Hals und drückt sie so fest an sich, dass sie vor Atemnot ohnehin nichts mehr sagen könnte.
»Aber das geht doch nicht«, presst Cas schließlich hervor, als Laura sie wieder freigibt. »Chance ist dein Pferd, du kannst ihn mir nicht schenken.«
»Kann ich wohl und habe ich gerade getan«, hält Laura dagegen. »Wenn du den alten Klepper allerdings nicht haben willst …«
»Wenn ich ihn nicht haben will?« Cas schnappt ungläubig nach Luft. »Sag mal, was glaubst du denn?«
»Darf ich also annehmen, du freust dich?« Laura neigt den Kopf zur Seite und wartet auf Antwort. Doch Cas schweigt. Und fängt dann ganz langsam und zaghaft an zu lächeln, bis sie schlagartig über das ganze Gesicht strahlt.
»Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!«, kreischt sie.
Chance macht vor Schrecken einen Satz zurück. Cas springt auf meine Mutter zu und packt sie völlig außer sich am Arm.
»Dankedankedankedanke«, ruft sie und hüpft auf und ab wie ein Flummi, ohne Lauras Arm loszulassen, sodass diese kräftig durchgeschüttelt wird.
»Ich glaube, das soll heißen, dass es ihr gefällt«, wiederhole ich nun exakt die Worte, die Laura mir zuflüsterte, als Cas mein Geschenk auspackte.
Cas lässt Laura los und schlingt nun die Arme um Chances Hals. Laura dreht sich zu mir um. »Ich weiß, ich hätte dich erst fragen sollen, aber –«
Mit einem Kuss auf beide Wangen bringe ich sie zum Schweigen. Cas macht ein Riesenaufhebens um Chance, der erst gar nicht weiß, wie ihm geschieht, sich dann aber gutmütig seinem Schicksal ergibt. Er fängt an, auf der Suche nach Leckerlis an Cas’ Taschen zu schnuppern.
»Sieh sie dir an. Wie glücklich sie ist«, sage ich. »Natürlich bin ich einverstanden.«
»Ich dachte, sie könnte ihn vielleicht mit ins Internat nehmen – die haben da doch Ställe, oder? Und wenn ihr hierherkommt, bringt ihr ihn einfach mit.«
»Wird er dir denn nicht fehlen?«
»Doch, natürlich. Aber Cas kümmert sich viel, viel liebevoller und besser um ihn, als ich es je getan habe. Ich glaube, sie würde ihm noch viel mehr fehlen als er mir, und sie hat ihn doch auch ins Herz geschlossen …«
Um zwei Uhr ist das Mittagessen fertig.
Zum Frühstück hatten wir uns hemmungslos auf das in rauen
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