Wiedersehen in Stormy Meadows
vorerst wegzuschließen.
Unter dem Papier kann ich harte Kanten spüren. Um meine kalten Finger seine warme Hand, die meine ein wenig länger hält als nötig.
Dann steht Cas plötzlich neben uns. Sie möchte, dass Connor ihr Geschenk für ihn aufmacht. Erleichtert, dass er meine Hand loslässt, gehe ich zum Baum und hole mein Geschenk für ihn.
»Vergiss das andere nicht.« Laura nickt in Richtung eines weiteren Geschenks unter dem Baum.
Ich werfe einen Blick auf den Geschenkanhänger. Für Connor von Laura, Natalie und Cas.
Laura tätschelt mir die Schulter, nimmt das Geschenk, bringt es Connor, überreicht es ihm mit einem Kuss und einem Lächeln und sieht ihm dann dabei zu, wie er es behutsam auspackt.
Zum Vorschein kommt das Buch, das ich in Truro gefunden hatte. Die Schatzinsel.
»Wow«, freut er sich. »Wo hast du das denn gefunden, Laura?«
»Ich nicht. Natalie.« Wissend lächelt sie mich an.
»Wirklich?«
»Na ja, ja, ich … aber.«
»Super. Tausend Dank. Du hast ja keine Vorstellung davon, wie lange ich schon nach einer schönen Ausgabe davon suche.«
Ich lächle halbherzig. Natürlich wollte Laura mit diesem kleinen Trick uns beiden eine Freude machen, aber ich lasse mich zu nichts drängen.
Zum Glück platzt in diesem Moment Orlaithe herein. Auf ihren roten Locken schmilzt etwas Schnee, und beide Hände sind voll beladen mit Tüten, die sie zunächst mal so gut wie fallen lässt, um alle begeistert in den Arm zu nehmen.
»Fröhliche Weihnachten, ihr Lieben!«
Erst drückt sie Laura an sich, dann mich, dann Cas, dann entdeckt sie Connor und schmatzt ihm so nachhaltig auf die Wangen, dass ihr Kuss perfekte rote Abdrücke hinterlässt.
Dann dreht sie sich um und tänzelt wie ein Model auf dem Laufsteg durch den Raum. »Guckt mal, was ich zu Weihnachten bekommen habe«, gurrt sie sichtlich begeistert und wedelt stolz mit dem künstlichen Leopardenmantel. »Sehe ich darin nicht einfach umwerfend aus? Reich und schön? Dagegen kann Liz Taylor einpacken!«
Von Hank ist weit und breit keine Spur.
»Wo ist Hank?«, fragt meine Mutter.
»Ach, der ist noch draußen im Hof. Ich glaube, ich könnte eure Hilfe gebrauchen, um ihn hereinzubekommen.«
Cas pirscht sich an die noch immer offen stehende Tür und sieht hinaus ins Schneetreiben. »Oh mein Gott!«, kreischt sie und macht einen Schritt hinaus. »Kommt her, schnell! Das müsst ihr euch ansehen!«
Neugierig folgen wir ihr hinaus in die Kälte. Ich stoße mit Laura zusammen, als diese wie angewurzelt vor mir stehenbleibt. Uns allen verschlägt es die Sprache.
Cas gelingt es schließlich, die Frage auszusprechen, die uns allen auf der Zunge liegt: »Wo ist Hanks Auto? Wo ist Betsy?«
»Auto? Die alte Rostlaube nennst du ein Auto? Ich konnte es nicht mehr ertragen, ihn darin herumfahren zu sehen, also habe ich meine Lebensversicherung gekündigt und ihm ein kleines Weihnachtsgeschenk gekauft.« Wenn Orlaithe keine Ohren hätte, würde sie jetzt vor Freude im Kreis grinsen.
Mitten im Hof steht wie eine Mondlandefähre ein rosa Cadillac. Darin sitzt, die Hände am Steuer und leicht entrückt dreinblickend, Hank.
»So guckt er schon den ganzen Tag.« Orlaithe winkt uns heran und schüttelt amüsiert den Kopf. »Der hätte vorhin glatt das Weihnachtsessen verpasst. Den ganzen Vormittag hat er so da drin gesessen und alles gestreichelt. Jetzt weiß ich wenigstens, was ich ihm zum Geburtstag schenken kann: eine Riesendose Autopudding! Francis, du alter Schlawiner, jetzt steig schon aus und gib Pfötchen.«
Doch Hank rührt sich nicht, streichelt nur immer wieder übers Lenkrad. Orlaithe dreht sich zu uns um.
»Ist er nicht einfach toll? Ich liebe ihn!«
Ich hätte nie gedacht, dass Hank sich einmal freiwillig von seiner geliebten Betsy trennen würde, aber wie es aussieht, hat er sich von diesem Traum in Rosa verzaubern und verführen lassen. Von Betsy sind nur noch die Kuhhörner übrig, die nun die rosa Motorhaube des Cadillac zieren.
»Wir können ihn auch einfach hier draußen sitzen lassen.« Orlaithe grinst verschlagen.
»Da würde er doch erfrieren.« Laura zittert vor Kälte.
»Immerhin würde er glücklich sterben.«
Dann endlich steigt Hank aus. Auf seinem wettergegerbten Gesicht zeichnet sich das leicht benommene Lächeln eines Mannes ab, der soeben gewaltsam von einer Horde Nymphomaninnen überwältigt wurde.
»Na, endlich!«, freut Orlaithe sich. »Ich hatte schon befürchtet, jemand hätte deinen Hintern mit Sekundenkleber
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