Wiedersehen in Stormy Meadows
interessanter. Falls er sich noch weiter vorbeugt, wenn Cassie das nächste Mal leicht trabt, fällt er runter.«
Stirnrunzelnd sehe ich zu dem blonden jungen Mann hinauf und dränge ihn im Stillen, sich wieder an seine Arbeit zu begeben, statt meiner Stieftochter schöne Augen zu machen.
»Nächsten Sonntag wird sie sechzehn.« Belustigt sieht Laura mich an. Anscheinend kann sie meine Gedanken lesen.
»Ich weiß. Aber sie ist noch zu jung.«
»Wo wir gerade davon sprechen, was wollen wir machen?«
»An ihrem Geburtstag?«
»Genau.«
»Keine Ahnung. Ich habe auch schon darüber nachgedacht, aber ich weiß nicht, ob irgendein großes Theater ihr lieb wäre.«
»Also, ich finde, wir sollten ein riesengroßes Theater um sie machen. Wir könnten doch eine richtige Party veranstalten.«
»Ja, aber das wird ihr bestimmt komisch vorkommen, so ohne ihre Freundinnen.«
»Wir könnten ja Luke einladen.« Laura grinst, als ich dem jungen Mann erneut einen misstrauischen Blick zuwerfe. »Und sie hat uns.«
»Immerhin«, murmele ich.
Doch das tut Lauras Begeisterung keinen Abbruch. »Ich bitte Orlaithe, eine Geburtstagstorte zu backen. Sie backt ganz phantastische Kuchen. Ich würde es ja selbst tun, aber Backen ist nicht mein Ding. Oder willst du dich daran versuchen?«
Ich schüttle den Kopf.
»Also frage ich Orlaithe. Schön – und was schenken wir ihr? Was meinst du, worüber würde Cassie sich freuen?«
Ich zucke die Achseln. »Mich darfst du da nicht fragen. Ich habe keine Ahnung, was ich ihr schenken könnte.«
»Dann überleg doch mal. Was braucht sie am nötigsten?«
»Ich hab an Klamotten oder so was gedacht.«
»Gut, darüber freut sie sich vielleicht, aber was braucht sie wirklich ganz dringend?«, fragt Laura hartnäckig.
Ich schaue zu Cassie hinüber. Sie konzentriert sich gerade so sehr auf das Reiten, dass sie nicht mitkriegt, dass wir über sie sprechen. Warum drückt meine Mutter sich nicht deutlicher aus? Ich weiß immer noch nicht, worauf sie hinauswill.
»Nichts Materielles«, hilft Laura mir weiter. »Weder Klamotten noch irgendwelche elektronischen Geräte – was braucht das Mädchen am nötigsten?«
»Bessere Manieren«, knurre ich.
Laura schneidet eine Grimasse. Dann sieht sie ebenfalls zu Cas hinüber, um sich zu vergewissern, dass das Mädchen uns nicht hört. »Nächster Versuch«, sagt sie beharrlich. »Was fehlt dir denn am meisten, seit Rob tot ist?«
Ich schweige einen Moment, weil mir tausend Dinge durch den Kopf gehen. Doch mein Herz meldet sich am lautesten. »Liebe«, stelle ich leise fest.
»Siehst du, da hast du’s.«
»Was habe ich da?«
»Deine Antwort. Cas braucht Liebe.«
»Aber Liebe kann man nicht kaufen.«
»Nein, aber du kannst ihr einen Hund kaufen.«
»Wie bitte? Das soll ein Witz sein, oder?«
»Nein, ich meine das ganz ernst. Ein Hund wäre gut für sie.«
»Ist aber doch vollkommen unpraktisch. In ein paar Wochen fahren wir nach London zurück, und Cassie geht wieder in die Schule.«
»Du kannst dich ja um ihn kümmern – dann hast du jemanden, der zu Hause auf dich wartet.«
»Brauche ich nicht. Ich habe meine Arbeit.«
»Aber vierundzwanzig Stunden am Tag arbeiten? Das ist doch unmöglich.«
»Und ich habe Petra …« Ich verstumme, als meine Mutter mich ansieht.
»Petra ist selbst sehr beschäftigt.«
»Und außerdem Meryl«, füge ich kleinlaut hinzu.
»Meryl? Wer ist das?«
»Mein Goldfisch.« Ich grinse. »Petra kommt vorbei und füttert ihn, während ich weg bin. Also gut, ich gebe auf. Ich brauche jemanden, der zu Hause auf mich wartet, aber ich glaube nicht, dass ein Hund die richtige Lösung wäre.«
»Doch, ein Hund wäre gut für dich, und für Cas natürlich auch. Dann hätte sie nämlich jemanden, um den sie sich kümmern müsste. Ihre Gedanken würden nicht immer nur um sie selbst kreisen. Und um ihre Probleme. Vielleicht würde sie sich dann während der Schulzeit sogar darauf freuen, in den Ferien bei dir zu wohnen – statt bei irgendeiner Freundin, die gerade Platz für sie hat.«
Ich nicke nachdenklich. Was Laura da sagt, hört sich wirklich vernünftig an.
»Aber ein Hund braucht so viel Pflege«, gebe ich zu bedenken. »Und es wäre nicht fair, ihn den ganzen Tag allein zu Hause zu lassen.«
»Du könntest doch sagen, er ist ein Blindenhund, und ihn mit zur Arbeit nehmen.«
»Damit er mich davor bewahrt, mich blindwütig auf meine Texte zu stürzen?« Ich lache.
»Denk wenigstens mal darüber nach. Ein Hund
Weitere Kostenlose Bücher