Wiedersehen in Stormy Meadows
»Deswegen kommen auch die Delfine her. Hier finden sie das wärmste Wasser an der ganzen Küste.«
»Hast du auch schon welche gesehen?«, fragt Cas. Sie nimmt das Fernglas von der Schulter und packt es aus.
»Schon oft«, nickt Orlaithe, »und Seehunde auch – allerdings sieht man die meistens ein Stückchen die Küste hinauf vor Hell’s Mouth.«
Cas setzt sich vor uns und guckt durch das Fernglas. »Ach du liebe Güte!«, ruft sie.
Wir schauen alle in die Richtung, in die das Fernglas zeigt, und bemühen uns, etwas zu erkennen.
»Was ist denn?«, fragt Laura. »Was siehst du da?«
»Da hinten!« Cas deutet mit dem Zeigefinger, und wir sehen einen schwarzen Kopf, der sich im Wasser auf und ab bewegt.
»Ist das ein Delfin?«, frage ich ungläubig.
»Nein, das ist dieser blöde Hund!« Cas setzt das Fernglas ab, und ich sehe, dass sie lächelt. »Jasper. Er ist mindestens eine halbe Meile weit rausgeschwommen.«
»Wahrscheinlich jagt er eine Boje«, sagt meine Mutter unbekümmert. »Er hält die Dinger für Bälle.«
»Kommt er von selbst zurück?«, fragt Orlaithe besorgt. »Er ist wirklich weit draußen.«
»Der schafft das schon«, antwortet Laura.
Ich beobachte Cas, denn ich sehe sie nicht oft lächeln. Ich weiß, dass es ein Klischee ist, aber das Lächeln verändert ihr Gesicht vollkommen. Ich wünschte, ich könnte sie genauso zum Lächeln bringen, doch ich scheine nur die gegenteilige Wirkung auf sie zu haben. Und auch jetzt verschwindet ihr Lächeln gleich wieder, als sie mich dabei ertappt, wie ich sie ansehe. Verlegen wende ich mich dem Wein zu, schlage jegliche Vorsicht in den Wind und öffne eine Flasche.
»Wo ist Hank denn?«
»Die Jungs sind hinter den Felsen und sammeln Treibholz«, erklärt Orlaithe. »Aber sie sind jetzt schon eine ganze Weile weg. Es ist so kalt, da kann man sich ja glatt den Tod holen, so lange, wie die beiden brauchen.« Sie lehnt Lauras Bier ebenfalls ab, nimmt aber eine Tasse warmen Weißwein. »Hank will zur Abwechslung mal Indianer spielen statt Cowboy und uns ein Lagerfeuer anzünden.«
»Die Jungs?«, hake ich nach.
»Connor ist auch dabei.«
»Wie schön, dann hat er es also einrichten können«, zwitschert Laura fröhlich.
»Du hast mir gar nicht gesagt, dass er auch kommt«, fahre ich sie an.
Meine Mutter wirft mir einen seltsamen Blick zu. Dann lacht sie. »Jetzt sag bloß nicht, es ist dir immer noch peinlich, wie ihr euch kennengelernt habt. Connor hat das bestimmt längst vergessen.«
»Was soll er vergessen haben?«, fragt Orlaithe. Ihre Augen leuchten vor Neugier. »Was ist denn passiert?«
»Lange Geschichte«, versuche ich, sie abzuwimmeln. »Und langweilig noch dazu.«
Orlaithe schaut zu Laura hinüber, die mühsam ihr Lachen unterdrückt. »Ich liebe lange Geschichten, und wenn ich mir deine Mutter so ansehe, war das auch alles andere als langweilig.«
Während ich in meine Plastiktasse krieche, erzählt meine Mutter Orlaithe, wie ich Connor Blythe kennengelernt habe.
»Er hat deinen Po gesehen?«, ruft Orlaithe viel zu laut, als Laura zur peinlichsten Stelle der Geschichte kommt.
Ich nicke zerknirscht.
»Ts, ts, ts«, bemerkt sie kopfschüttelnd. »Kein Wunder, dass du ihn nicht wiedersehen willst. Vielleicht sollte er dir auch mal sein Hinterteil zeigen, dann seid ihr wieder quitt.«
»Äh, lieber nicht.« Ich lache unbehaglich.
»Also, ich hätte sicher nichts dagegen, einen Blick auf seinen Arsch zu werfen.« Orlaithe zwinkert mir zu. »Diese festen jungen Pobacken in Jeans.« Sie trinkt etwas Wein. »Ach, wenn ich bloß zehn Jahre jünger wäre. Und keinen Mann hätte, den ich einfach nicht betrügen kann, weil ich den süßen krummbeinigen kleinen Kerl einfach über alles liebe …«
Cas behagt diese Wendung des Gesprächs überhaupt nicht, also steht sie von der Decke auf und stellt dem irritierten, aber fröhlichen Welpen das Meer vor. Er hat es noch nie aus der Nähe gesehen und weiß nicht so recht, was er damit anfangen soll. Er bückt sich, um zu schnuppern, kriegt dabei aber Salzwasserspritzer auf sein schwarzes Näschen und leckt sie mit der kleinen rosa Zunge ab. Da das Meerwasser gar nicht so schlecht schmeckt, wagt er sich wieder dichter heran, um noch mehr zu trinken, doch da jagt eine Welle ihn zurück den Strand hinauf. Sein Gesicht drückt absolute Verblüffung aus.
Cas folgt ihm und nimmt ihn in die Arme, sodass seine Pfoten sandige Abdrücke auf ihrer schwarzen Steppjacke hinterlassen.
»Ist doch bloß
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