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Wiedersehen in Stormy Meadows

Wiedersehen in Stormy Meadows

Titel: Wiedersehen in Stormy Meadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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voller verschiedenfarbiger Steine vom Strand. Abgesehen davon sind im Raum diverse mehr oder weniger fertige Kunstwerke verteilt. Neben der Tür lehnen vier jungfräuliche Leinwände an der Wand. Auf einer Staffelei steht ein großes Bild, das wohl den Blick aus den Panoramafenstern wiedergibt. In der einen Zimmerecke liegt ein Stapel Treibholz auf dem Boden, daneben steht ein Pferd, das mir bis zur Taille reicht. Es besteht aus Holzstücken, die mit Kupferdraht zusammengebunden wurden. Kein einziges der verwendeten Holzstücke ist zurechtgeschnitten worden. Wie ein Puzzle wurden sie zusammengefügt, bis die Skulptur fertig war: ein galoppierender Hengst. Er muss verdammt lange daran gearbeitet haben. Ein wunderschönes Stück.
    »Ich wusste gar nicht, dass du so gut bist«, sage ich, ohne darüber nachzudenken, wie unhöflich meine Äußerung eigentlich ist. Connor lächelt nur, daher hoffe ich, dass er sie so versteht, wie sie gemeint ist.
    Wie kommt es eigentlich, dass man, sobald es um Kunst geht, immer gerne so wahnsinnig klug und gebildet wirken möchte? Jeder hat seine Meinung, und manche Menschen sind nun mal besser informiert als andere.
    Ich plage mich mit einem gewissen Minderwertigkeitskomplex, weil ich nicht studiert habe. Die meisten Journalisten, die ich kenne, haben einen Hochschulabschluss – und ich habe immer wieder versucht, allen zu zeigen, dass ich auch ohne Titel erreichen konnte, was ich wollte. Auch sozial fühle ich mich immer irgendwie unterlegen. Keine Ahnung, warum, im Prinzip weiß ich ja, dass das albern ist. Ich habe ein Gehirn, und ich weiß es zu benutzen. Und zwar deutlich effizienter als so mancher examinierte oder promovierte Kollege. Und doch stelle ich mir vor, dass es ein gewisses Gefühl von Sicherheit gibt, wenn man so ein Stück Papier vorweisen kann.
    Neben dem Kamin liegt ein Haufen Zweige, Connor hat sie kunstvoll arrangiert. Ich versuche mich an einem angemessenen Kommentar: »Das da … also, die Zweige … das ist … äh … sehr ungewöhnlich. Innovativ.« Hoffentlich klinge ich, als hätte ich Kunstverstand.
    »Findest du?« Er zieht eine Augenbraue hoch.
    Ich nicke eifrig.
    »Die sind fürs Feuer, Natalie.«
    »Fürs Feuer?«
    »Ja. Das ist das Kleinholz für den Kamin.« Er nimmt eine kleine Axt zur Hand, die neben dem Holzhaufen an der Wand lehnte.
    »Oh«, sage ich nur. »Und ich dachte, das sei eine Installation.«
    »Die Axt?«
    »Ja.« Ich beiße mir auf die Unterlippe. »Ich dachte, die sei vielleicht ein Symbol oder so.«
    Connor sieht mich unverwandt an, während ich dagegen ankämpfe, die gleiche Farbe anzunehmen wie die blutroten Winterrosen in der Vase auf der Fensterbank.
    Und dann fängt er an zu lachen. Er lacht und lacht und schüttelt sich vor Lachen, bis ihm die Tränen kommen.
    »Woher sollte ich das denn wissen?«, brumme ich, bevor ich merke, dass auch mein Mund sich zu einem Grinsen verzieht. Mein Humor siegt über mein Gefühl, mich komplett zum Narren gemacht zu haben. »Ist heute nicht mein bester Tag«, sage ich. »Hast du Douglas Adams gelesen?«
    »Ja, habe ich«, nickt er und wischt sich die Tränen aus den Augenwinkeln.
    »Per Anhalter durch die Galaxis?«
    »Fast alle Bände.«
    »Gut, also, mir geht’s irgendwie wie Arthur Dent. Am Anfang eines der Bücher, ich weiß nicht mehr, welches, ist er mutterseelenallein, weil er irgendwie in prähistorischen Zeiten gelandet ist … Er versucht die ganze Zeit verzweifelt, nicht verrückt zu werden – er hat wirklich Angst davor, verrückt zu werden. Und dann, eines Morgens, wacht er auf und denkt sich: Was soll’s. Was habe ich davon, wenn ich ständig Angst habe, verrückt zu werden – ich werde höchstwahrscheinlich noch verrückt vor lauter Angst! Also kann ich genauso gut sofort verrückt werden und die Vorteile des Verrücktseins genießen, wie zum Beispiel den Luxus, keine Angst vor irgendetwas mehr haben zu müssen. Und ich kann mir den ganzen schmerzhaften Kampf gegen das Verrücktwerden ersparen. Denn früher oder später werde ich sowieso verrückt.«
    »Und so fühlst du dich zurzeit?«
    »So ziemlich, ja.« Ich staune, dass er mir so weit folgen konnte.
    »Möchtest du darüber reden?«
    »Eigentlich nicht«, seufze ich.
    Connor nickt, als würde er mich verstehen. »Gut. Aber ich finde, du solltest Laura anrufen und ihr sagen, dass du hier bist. Sie macht sich bestimmt Sorgen.«
    Durch eine Tür am Ende des Raumes geht er hinaus. Ich folge ihm durch den kleinen, schwach

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