Wiedersehen in Virgin River
auf dem Couchbett. Brie? Nun gut, das würde er später herausfinden. Er kniete sich neben Mel und strich ihr zärtlich das Haar aus den Augen. Ein Auge ging auf, und darin lag kein Lächeln. „Baby, bist du sauer?“, fragte er sie vorsichtig.
„Ja.“
„Es tut mir leid. Gut möglich, dass ich einen zu viel hatte.“
„Das ist mir nicht entgangen. Ich hoffe, du leidest Höllenqualen.“
„Was machst du denn hier draußen?“
„Ich versuche, nicht in einem Aschenbecher zu schlafen.“
„Und was macht Brie hier?“
„Lass uns später darüber reden.“
„Wirst du mich bestrafen?“, fragte er.
„Ja“, sagte sie und schloss das Auge wieder.
Es zeigte sich, dass der großartige Liebhaber Jack Sheridan sich mit Frauen längst nicht so gut auskannte, wie er geglaubt hatte. Er beschloss zu duschen und sich anzuziehen, ein Versuch, Punkte für seinen guten Willen zu sammeln. Nachdem er damit fertig war, schlich er sich leise in die Küche, um Kaffee zu kochen und ein Aspirin zu nehmen. Er war absolut nicht in der Verfassung zu streiten; er hatte einen Kater. Und binnen weniger Stunden würde die ganze gewaltige Bande wieder ins Haus einfallen, Geschenke aufreißen, schreien, lachen und seinen Kopf zum Platzen bringen.
Dort traf ihn Sam an. „Das wird ja heute lustig werden“, meinte er. „Ihr Jungs versteht es wirklich, die Frauen auf die Palme zu bringen.“
„Spar dir das. Willst du mir dabei helfen, den Vogel fertig zu machen?“
„Ja, das sollten wir tun. Dann machen wir einen Brunch.“
„Von Brunch verstehe ich was“, sagte Jack. „Hast du schon gesehen, dass Brie hier ist?“
„Das habe ich“, sagte Sam. „Und ich habe auch bemerkt, dass bislang zwei von fünf verheirateten Frauen in dieser Familie die Nacht nicht im Bett bei ihren Männern verbracht haben.“
„Okay, spar dir das. Ich werde es später noch in aller Ausführlichkeit zu hören bekommen, da brauche ich deine Bemerkungen jetzt nicht.“
„Ganz wie du willst, mein Sohn. Wenn es richtig schlimm kommt, kannst du sie ja vielleicht nach hinten in mein Büro bringen und ihr alle deine Medaillen zeigen. Dann erzählst du ihr, wie du ein Dutzend Mal nur knapp dem Tod entgangen bist und dass sie dir einfach keine Angst einjagt.“
Wütend funkelte Jack seinen Vater an. Sam lachte nur, denn es amüsierte ihn viel zu sehr. Dann fing Jack an, das Essen zuzubereiten. Er sautierte Zwiebeln und Sellerie in Butter, wusch den Truthahn ab, rührte die Füllung an, schälte Kartoffeln. Es war ihm schon aufgefallen, wie Mel weich wurde, wenn sie sah, dass er Hausarbeiten erledigte.
Brie war dann die Nächste, die in die Küche kam, gehüllt in eins von Mels bequemen langen Flanellnachthemden. Mel trug sie nur in Gegenwart anderer Leute, denn zu Hause mit Jack, der eine solch intensive Körperhitze besaß, konnte sie es kaum ertragen, überhaupt etwas am Leib zu haben. Brie legte die Arme um Sam und sagte: „Morgen, Daddy. Ich konnte einfach gestern Abend nicht nach Hause gehen.“
Es zerriss Jack das Herz. Am liebsten hätte er Brad umgebracht und Brie in die Arme genommen.
„Ich bin froh, dass du hiergeblieben bist, Liebes“, sagte Sam. „Du weißt, dass du immer hier zu Hause bist. Bleib auch heute Nacht.“
„Vielleicht werde ich das“, sagte sie und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust, während er sie festhielt.
Mel kam als Nächste. Noch immer trug sie ihren Jogginganzug von gestern Abend. Aber als sie verschlafen in die Küche kam, lief sie gleich in Jacks Arme, und er musste hörbar aufgeatmet haben, als sie ihm zuflüsterte: „Deine Strafe bekommst du noch, aber nicht an Weihnachten.“
Er lächelte und gab ihr einen Kuss auf den Kopf, denn das war eins der Dinge, die er mit Sicherheit über Frauen zu wissen glaubte: Wenn die Exekution aufgeschoben wurde, dann verloren sie leicht das Interesse daran. War sie nicht wütend genug, sich jetzt gleich auf ihn zu stürzen, dann war sie auch nicht wütend genug.
Weihnachten in Virgin River war eine sehr viel ruhigere Angelegenheit. Zum ersten Mal seit der Eröffnung wurde die Bar an diesem Tag geschlossen. Christopher erhielt seine Geschenke bereits am Vormittag, sodass er den ganzen Tag über reichlich beschäftigt war. Preacher zauberte eine köstliche gebratene Ente nebst allen Beilagen, während Paige sich um den Nachtisch kümmerte. Gegen fünf traf Mike mit seinen Geschenken ein. Bücher für Christopher, ein grüner Kaschmirpullover für Paige in der Farbe
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