Wiedersehen in Virgin River
dachte, er sei schließlich einer Frau begegnet, die ihm ein Bein stellen konnte.“
Preacher pfiff durch die Zähne. „Nee, so war das nicht. Jack war hinter ihr her wie der Fuchs hinter der Henne. Und sie ist ihm ständig ausgewichen. Das Waldhaus hat er komplett für sie renoviert, ohne dass ihn jemand darum gebeten hätte. Und ich glaube, dafür hat er vielleicht einen Kuss bekommen. Sie kam manchmal auf ein Bier hier in die Bar und dann fing er an zu strahlen wie ein verdammter Weihnachtsbaum. Und wenn sie dann wieder weg war, marschierte er in Richtung Dusche. Der arme Kerl. Monatelang war er hinter ihr her. Ich schätze, vorher hat ihm noch keine einen Korb gegeben.“
Bei mir haben sie auch immer alle Ja gesagt, dachte Mike.
„Wenn man sie jetzt so sieht, scheint es, als wären sie von Kindesbeinen an zusammen“, meinte Preacher und fuhr dann mit einer etwas weicheren Stimme fort: „Und das ist auch das, was ich bei Paige empfinde. Es ist, als würde sie schon ewig zu meinem Leben gehören.“
Mike dachte einen Augenblick lang darüber nach, dann sagte er: „Das freut mich für dich, Mann.“ Er leerte sein Glas und stand auf. „Ich lasse dich mit deinem Mädel jetzt allein. Ich will mal früh ins Bett gehen.“
„Bist du sicher, Mann? Denn ich glaube, Paige ist noch damit beschäftigt, Christophers Geschenke zu verstauen.“
„Ja, ich mach mich jetzt wieder ins Waldhaus auf. Hey, das Essen war fantastisch. Mit das Beste, das du je gezaubert hast.“ Vorsichtig streckte er seinen Rücken, dann den Arm. „Wir sehen uns irgendwann morgen, schätze ich. Danke für diesen Weihnachtsabend.“
Es ist schon lustig, wie die Dinge sich entwickeln, dachte Mike. Jack und Preacher, zwei Männer, die geglaubt hatten, sich niemals binden zu können, lagen jetzt auf der Matte und wurden ausgezählt. Ihre beiden Frauen hielten sie fest im Griff mit ihren hübschen kleinen Händen.
Nun, Mike selbst hatte durchaus Bindungen im Kopf gehabt. Tatsächlich gehörte es für ihn automatisch dazu, was ihn wahrscheinlich auch in seine Ehen getrieben hatte, ohne dass er ausreichend und ernsthaft darüber nachgedacht hätte. Alle seine Brüder hatten runde, glückliche Frauen und viele Kinder. Seine Schwestern hatten sich gut verheiratet und vergrößerten die Schar der Enkel. Er aber hatte seine Ehen vermasselt, dank der guten alten Latino-Potenz, diesem Jucken, das ganz schnell gekratzt werden musste, ohne dabei über Konsequenzen nachzudenken. Jetzt war das ja nun kein Thema mehr.
Aber wenn er Jack und Preacher ansah, musste er sich einfach fragen, wie schön es wäre, jemanden in seinem Leben zu haben, für den man sterben könnte. Verdammt, wie aufregend musste das sein. So etwas hatte er noch nie für eine Frau empfunden.
Andererseits war er dann aber doch auch wieder froh, dass es bei ihm nicht so weit gekommen war. Er würde es hassen, eine schöne, liebevolle Frau in seinem Bett zu haben, die er nicht zufriedenstellen könnte. Also – die Kugeln hatten es entschieden. Von nun an war er allein. Aber er hatte auch etwas entdeckt, nämlich, dass es hier etwas leichter war, allein zu sein, als an vielen anderen Orten. Hier hatte er treue Freunde, und die Luft tat wirklich gut. Und wenn er dranblieb, weiterarbeitete und seine Übungen machte, würde er in der Lage sein, mit dem linken Arm und der Hand recht gut angeln und schießen zu können.
Auf dem Weg zurück nach Virgin River fuhr Jack, kurz bevor sie den Ort erreichten, von der Straße ab. „Fahren wir nicht nach Hause?“, fragte Mel.
„Wir halten nur kurz“, antwortete er und fuhr auf diese holprige schmale Straße, die immer weiter bergauf führte, bis sie die Lichtung erreichten, von wo aus man meilenweit sehen konnte.
„Warum sind wir hergekommen?“, wollte Mel wissen.
Er griff zum Handschuhfach vor ihr, öffnete es und zog ein dickes Dokument heraus, das er ihr reichte. „Frohe Weihnachten, Mel. Es gehört uns. Genau hier werde ich dir ein Haus bauen.“
„Oh“, sagte sie etwas atemlos und dann, als ihr auch schon die Tränen in die Augen traten: „Oh Gott. Wie hast du sie dazu überredet?“
„Das war leicht. Ich habe ihnen gesagt, dass es für dich ist. Hast du überhaupt eine Ahnung, wie sehr du in diesem Ort geliebt wirst?“
Es war genau das, wovon sie geträumt hatte, als sie sich damals entschied, hierherzukommen. Gute Leute vom Land, die ihre Hilfe zu schätzen wussten. „Sie bedeuten mir auch wahnsinnig viel. Und dann bist
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