Wiedersehen in Virgin River
hockte und munter auf seinen eigenen kleinen Batzen Teig einklopfte. Rick zerzauste dem Jungen das Haar. „Wie geht’s, Kumpel? Machst du Pasteten?“
„Mach meine eigenen“, antwortete Chris höchst konzentriert.
„Ist ja toll“, meinte Rick.
Preacher unterbrach ihn: „Rick, vorne in der Bar wartet jemand auf dich.“
„Oh ja?“, sagte er grinsend.
„Hör mir zu, Rick“, fuhr Preacher fort. „Immer freundlich und gelassen bleiben, Rick. Freundlich und gelassen. Setz deinen Verstand ein. Denk nach, bevor du etwas sagst, okay?“
„Ja?“, wiederholte er, und diesmal war es eine Frage.
Rick ging nach nebenan und fand Jack hinter dem Tresen, wie er ein paar Männern Bier servierte. Als sich ihre Augen trafen, wurde Jacks Miene richtig ernst. Mit einer leichten Kopfbewegung wies er in den Gastraum, und Ricks Augen leuchteten auf, als er durch den Raum spähte und sie an einem Ecktisch sitzen sah. Er lächelte. Liz, dachte er. Oh Gott … Liz! Sein Herz begann, regelrecht loszuhämmern … Seit letztem Mai hatte er sie nicht mehr gesehen, und er hatte sie wie verrückt vermisst! Er konnte gar nicht zählen, wie oft er an sie gedacht hatte. Er hatte von ihr geträumt.
Während er um den Tresen herum auf sie zueilte, erhob sie sich, und als sie stand, gingen ihre Hände unwillkürlich zur Mitte, als wollten sie ihr rundes Bäuchlein hochhalten. Plötzlich verlor Rick den Boden unter den Füßen. Fassungslos blieb er wie angewurzelt stehen. Er war wie paralysiert. Sein Mund klappte auf, und seine Augen wanderten von ihrem Gesicht zu ihrem Bauch und wieder zurück zu ihrem Gesicht. Er wollte um sein Leben rennen. Er wollte sterben.
Durch den Raum hinweg konnte er sehen, wie sich augenblicklich Tränen in ihren Augen sammelten. Sie hatte Angst. Das konnte er erkennen. Preachers Worte fielen ihm ein. Immer freundlich und gelassen bleiben; denk nach, bevor du etwas sagst. Es gelang ihm, den Mund wieder zuzuklappen, und nachdem er einmal geschluckt hatte, ging er langsam auf sie zu. Während er sich ihr näherte, hob sie tapfer das Kinn, obwohl gerade eine dicke fette Träne überlief.
In seinem Kopf drehte sich alles. Wie war das möglich? Es konnte nicht von ihm sein. Sie hatte gesagt, alles sei in Ordnung. Kein Baby. Nächster Gedanke: Ich bin Senior an der Highschool, und das einzige Mädchen, mit dem ich je etwas hatte, ist schwanger und steht jetzt hier und fürchtet sich vor mir zu Tode. Während ich mich gleichzeitig vor ihr zu Tode fürchte … Bitte, lieber Gott, lass nicht zu, dass mir das geschieht.
Und dann noch hilflos: Was denkt sie denn … glaubt sie etwa, ich würde ihr die Schuld geben?
Dann konzentrierte er sich mit aller Kraft, als würde er sein Gehirn festhalten … es in den Griff bekommen wollen. Vor dir steht ein schwangeres Mädchen, mit dem du es gemacht hast, und sie hat eine Todesangst vor dir. Ihm fiel ein, was Jack gesagt hatte: „Es reicht nicht, sich wie ein Mann zu fühlen, Rick. Du musst auch denken wie ein Mann und das Richtige tun.“
Seine Möglichkeiten waren begrenzt. Er könnte weglaufen, leugnen, er könnte ohnmächtig werden, und wenn sie ihn dann wieder zu sich brachten, wäre ihr Bauch verschwunden.
Wieder lief ihr eine Träne über die Wange, während er unter Schock stand. Er versuchte, sich vorzustellen, was Jack tun würde, den er bewunderte und respektierte. Was würde Preacher tun? Und vor seinem geistigen Auge tauchte ein Bild auf, wie Preacher sich um Paige und Chris sorgte. Er nahm sich vor, dass er sich einfach so verhalten würde wie die beiden, egal wie er sich fühlte. Mit den wirklichen Problemen würde er sich dann später befassen. Fürs Erste wollte er zumindest mal aussehen wie ein Mann.
Er stellte sich vor sie und sah ihr in die Augen, in ihre verängstigten Augen, und brachte ein mildes Lächeln zustande. Dann legte er ihr einen Arm um die Taille und zog sie so weit an sich, dass er ihr einen Kuss auf die Stirn geben konnte. Sein ganzes Leben brach auseinander, aber ihm fiel nur auf, dass sie so gut roch. Genau, wie er es in Erinnerung hatte. „Lizzie“, flüsterte er. Sie ließ den Kopf an seine Schulter fallen, und er konnte fühlen, wie sie zitterte und ihre Schultern bebten. Er zog sie näher an sich und hielt sie fest. „Wein doch nicht“, versuchte er sie leise zu trösten. „Komm schon, Lizzie. Hör auf zu weinen.“
Über die Schulter sah er sich nach Jack um, der mit ernster Miene den Kopf in Richtung Tür neigte. Er
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