Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
baten die Flugbegleiter die Passagiere, auf ihren Plätzen zu bleiben. Acht Reihen entfernt beobachtete Kyle, wie zwei Männer in typischen Regierungsanzügen – eindeutig FBI-Agenten – das Flugzeug betraten und dem Piloten ein Dokument übergaben.
»Ja, die suchen dann wohl mich«, sagte Kyle und schnappte sich seinen Rucksack, den er unter dem Sitz vor sich verstaut hatte.
Der ältere Lateinamerikaner neben ihm fragte ihn flüsternd: »Drogen?«
»Twitter«, flüsterte Kyle zurück.
Mit dem Rucksack in der Hand stand er auf und nickte den FBI-Agenten zu, die in seiner Reihe stehen geblieben waren. »Guten Morgen, die Herren!«
Der jüngere Agent streckte ihm nüchtern eine Hand entgegen: »Übergeben Sie uns den Computer, Rhodes.«
»Ich nehme an, das bedeutet, wir überspringen die Höflichkeiten«, erwiderte Kyle und reichte ihm seinen Rucksack.
Der ältere Agent riss Kyles Arme hinter seinen Rücken und legte ihm Handschellen an.
Während sie ihm seine Rechte verlasen, bemerkte Kyle flüchtig, wie ihn die etwa fünfzig anderen Passagiere mit ihren Handys fotografierten. Aufnahmen, die sich kurz darauf im ganzen Internet verbreiten würden.
Und von diesem Moment an hörte er auf, Kyle Rhodes, der Milliardärssohn zu sein, und wurde zu Kyle Rhodes, dem Twitter-Terroristen.
Wahrscheinlich nicht die beste Methode, um sich einen Namen zu machen.
Sie brachten ihn in die FBI-Büros in der Innenstadt und ließen ihn zwei Stunden lang in einem Verhörraum schmoren. Er rief seine Anwälte an, die so schnell wie möglich vorbeikamen und ihm mit ernsten Mienen die Anklagen erklärten, die das FBI bei der Staatsanwaltschaft einreichen wollte. Eine halbe Stunde nachdem sie gegangen waren, wurde er ins Metropolitan Correctional Center gebracht und in Untersuchungshaft genommen.
»Sie haben einen Besucher, Rhodes«, sagte der Wärter später an diesem Nachmittag.
Man führte ihn in einen Raum, wo er an einem Stahltisch wartete und sich an den orangefarbenen Overall und die Handschellen zu gewöhnen versuchte. Als sich die Tür öffnete und seine Schwester hereinkam, lächelte er verlegen.
»Jordo«, sagte er. So nannte er sie, seit sie klein waren.
Sie stürmte auf ihn zu und umarmte ihn fest, was sich aufgrund der Handschellen als ein wenig schwierig erwies. Dann trat sie einen Schritt zurück und schlug ihm mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Du Idiot! «
Kyle rieb sich die Stirn. »Autsch! Genau da, wo mich der Kaktus erwischt hat.«
»Was hast du dir nur dabei gedacht?«, fragte sie ihn ungläubig.
Im Laufe der nächsten paar Wochen war das die Frage, die Kyle unzählige Male von Freunden, seiner Familie, den Anwälten, der Presse und so ziemlich jedem gestellt bekam, der ihm auf der Straße begegnete. Er hätte sagen können, dass es etwas mit Stolz zu tun gehabt hatte oder mit seinem Ego oder mit der Tatsache, dass er schon immer recht jähzornig gewesen war, wenn man ihn provozierte. Aber schlussendlich lief es auf eine einzige Sache hinaus.
»Ich habe … einen Fehler gemacht«, antwortete er seiner Schwester ehrlich. Er war nicht der erste Mann, der überreagiert hatte, nachdem er von seiner Freundin betrogen worden war, und er würde auch nicht der letzte sein. Doch leider war gerade er in der einzigartigen Position gewesen, es in einem globalen Ausmaß zu vermasseln.
»Ich habe den Anwälten mitgeteilt, dass ich mich schuldig bekenne«, sagte er. Es hatte keinen Zweck, das Geld der Steuerzahler mit einem Scheinprozess zu verschwenden oder sein eigenes Geld für zusätzliche Anwaltskosten aus dem Fenster zu werfen. Besonders da er keine wie auch immer geartete Verteidigung vorzubringen hatte.
»In den Nachrichten heißt es, dass du wahrscheinlich ins Gefängnis musst.« Jordans Stimme brach bei den letzten zwei Wörtern, und ihre Lippe zitterte.
Oh verdammt! Das letzte Mal hatte Kyle seine Schwester vor neun Jahren nach dem Tod ihrer Mutter weinen sehen, und er würde keinesfalls zulassen, dass sie nun seinetwegen in Tränen ausbrach. Er deutete auf sie. »Hör mir zu, Jordo, denn ich werde das jetzt nur einmal sagen. Mach dich über mich lustig, reiß so viele Witze über mich, wie du willst, nenn mich einen Idioten, aber fang nicht meinetwegen an zu weinen! Verstanden? Was auch immer geschieht, ich werde damit klarkommen.«
Jordan nickte und atmete tief durch. »Okay.« Sie musterte den orangefarbenen Overall und die Handschellen. Dann sah sie ihn fragend an. »Und, wie war’s in
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