Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
»Danke! Stell sie einfach dort drüben ab!«
Kyle stellte die Kiste hin und deutete auf den Gips an ihrem Handgelenk. »Du hast einen ganzen Laden voller Angestellter, die für dich arbeiten. Lass sie das doch auch mal tun.«
Jordan zog eine Augenbraue in die Höhe, während sie Weinflaschen aus der Kiste zu holen begann. »Meine Güte, haben wir heute aber wieder miese Laune! Was ist denn los?«
Ja, er hatte tatsächlich miese Laune, und zwar seitdem eine gewisse penetrante und sture stellvertretende Staatsanwältin mit ihren unverschämten Vorladungsdrohungen und moralinsauren Verurteilungen zurück in sein Leben gekommen war. Aber das war kein Thema, das er mit seiner Schwester besprechen wollte. »Ich bin nur müde«, antwortete er. »Ich habe letzte Nacht nicht gut geschlafen.« Zweifellos, weil die Worte der besagten penetranten und sturen Staatsanwältin auf nervtötende Weise in seinem Kopf widergehallt hatten.
Der Kyle Rhodes, der mich nach Hause begleitet und mir sein Hemd gegeben hat, würde das Richtige tun, ganz egal, wie sauer er auf mein Büro wäre. Wenn sich dieser Mann hier also noch irgendwo versteckt, sagen Sie ihm, dass er mich anrufen soll.
Oh, war sie nicht entsetzlich … selbstgerecht? Als ob er sich dafür entschuldigen müsste, wie er sein Leben in den letzten neun Jahren gelebt hatte. Natürlich hatte er eine Entschuldigung: Er hatte Spaß gehabt. Vielleicht war das etwas, das Rylann Pierce öfter mal ausprobieren sollte – vorausgesetzt, sie hatte in ihrem derzeitigen Zweiundvierzigjahresplan überhaupt Zeit für so etwas.
»Jetzt mal ehrlich. Warum ziehst du so ein Gesicht?«, fragte Jordan. »Mit dieser Miene erschreckst du meine Cabernets.«
»Ich hab nur gerade so Zeugs um die Ohren«, erwiderte er vage.
Jordan zog wieder eine Augenbraue hoch und musterte ihn. »Gefängniszeugs?«
»Eher Nach-Gefängniszeugs. Nichts, worüber wir jetzt reden müssten.« Das Letzte, was seine superperfekte Zwillingsschwester mit ihrem superperfekten FBI-Freund erfahren sollte, war, dass er sich wieder einmal in einer Art Konflikt mit der Staatsanwaltschaft befand. Er war wegen der Situation schon genug genervt, ohne dass Jordan ihn deswegen auch noch aufzog. Er hatte das Gefängnis vor ein paar Wochen verlassen und wollte nun sein Leben weiterleben, und doch hing es ihm immer noch nach. Wie übler Körpergeruch.
Er nahm vier der Weinflaschen, die Jordan aus der Kiste geholt hatte. »Wo sollen die hin?«
Sie deutete in die entsprechende Richtung. »In das leere Fach da drüben, zu den anderen Cabernets.« Als Kyle zur Theke zurückkam, musterte sie ihn erneut. »Was ist das denn für Nach-Gefängniszeugs?«
Nun wurde er misstrauisch. »Was soll diese Ausfragerei?«
»Oh, entschuldige bitte, dass ich versuche, ein Gespräch mit dir zu führen! Meine Güte! Ich mache mir nur ein wenig Sorgen um dich, weil ich gehört habe, dass es für ehemalige Häftlinge schwierig sein kann, ins normale Leben zurückzukehren.«
Kyle warf ihr einen düsteren Blick zu, während er nach weiteren Flaschen griff. »Wo genau hast du das denn aufgeschnappt? Bei einem Treffen der Anonymen Geschwister von Exknackis?«
Jordan funkelte ihn böse an. »Ja, wir treffen uns einmal die Woche im Gemeindehaus«, erwiderte sie. Dann machte sie eine vage Handbewegung. »Ich weiß nicht, es war nur etwas, das ich … am Wochenende im Fernsehen gesehen habe.«
Ah! Kyle hatte plötzlich einen schleichenden Verdacht, woher die Sorge seiner Schwester rührte. »Jordo … hast du zufällig wieder Die Verurteilten gesehen?«
»Pfft! Nein.« Sie bemerkte seinen wissenden Ausdruck und gab auf. »Na gut. Ich habe durch die Kanäle geschaltet, und er lief auf TNT. Versuch du mal, diesen Film auszuschalten.« Sie sah ihn ernst an. »Er ist sehr fesselnd.«
Kyle unterdrückte ein Lächeln. »Natürlich ist er das. Aber ich bin nicht fürs Leben gezeichnet und habe auch nicht vor, in den nächsten Bus nach Zihuatanejo zu springen. Das MCC ist nicht Shawshank.«
»Bist du dir sicher?«, fragte Jordan. »Weil ich nämlich in der Zeitung gelesen habe, dass dort vor ein paar Wochen ein Häftling umgebracht wurde. Offenbar ermittelt bereits das FBI. Ein Kerl namens Darius Brown … kanntest du ihn?«
Gute Frage, nächste Frage. Kyle gab sich lässig. »Nur flüchtig.« Schnell wechselte er das Gesprächsthema, bevor seine neugierige Schwester noch mehr Fragen stellen konnte. »Du hast gesagt, du willst mit mir über meinen
Weitere Kostenlose Bücher