Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Titel: Wiedersehen mit Mrs. Oliver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
herumgewandert. Ich halte es sogar für sehr wahrscheinlich, dass sie sah, wie Hattie Stubbs ermordet wurde. Vielleicht hörte sie das Geräusch eines Kampfes, sah nach, was vorging, wurde zur Augenzeugin des Verbrechens, woraufhin der Mörder natürlich auch sie umbringen musste. Es kann nicht sehr schwierig für ihn gewesen sein, sie zurück zum Bootshaus zu schleifen und beim Verlassen des Bootshauses die Tür hinter sich zuzuschlagen. Es ist ein Zylinderschloss, das automatisch zuschnappt.«
    Poirot nickte höflich. Er fand es sinnlos, sich mit Mrs Masterton in eine Auseinandersetzung einzulassen und ihr zu beweisen, dass, wenn Marlene Tucker außerhalb des Bootshauses ermordet worden war, der Täter über die Regeln des Mörderjagdspieles Bescheid gewusst haben musste, da sie in genau der Stellung vorgefunden wurde, die das »Opfer« einnehmen sollte. Statt dessen bemerkte er sanft:
    »Sir George Stubbs ist davon überzeugt, dass seine Frau noch am Leben ist.«
    »Das sagt er nur, weil er es glauben will. Er hat seine Frau nämlich sehr geliebt.« Dann fügte sie unerwarteterweise hinzu: »Ich kann George Stubbs gut leiden, obwohl er ein Geschäftsmann ist und aus keiner guten Familie kommt; er passt trotz allem aufs Land. Man kann höchstens eins gegen ihn vorbringen – dass er ein kleiner Snob ist, aber das ist wirklich ein harmloses Vergehen.«
    »Heutzutage gilt Geld mindestens soviel wie eine gute Familie, Madame«, stellte Poirot ein wenig zynisch fest.
    »Ich bin ganz Ihrer Meinung, mein Lieber. Er hat es gar nicht nötig, ein Snob zu sein – er braucht nur ein großes Gut zu kaufen und mit seinem Geld um sich zu werfen – und schon sind wir alle da! Aber der Mann ist wirklich beliebt, und nicht nur seines Geldes wegen. Das verdankt er zum Teil unserer Amy Folliat, die sich seiner angenommen hat und die in dieser Gegend gesellschaftlich einen großen Einfluss ausübt. Schließlich haben die Folliats seit den Zeiten der Tudors hier gelebt.«
    »In Nasse House wird es immer Folliats geben«, murmelte Poirot vor sich hin.
    Mrs Masterton seufzte. »Traurig, was der Krieg alles angerichtet hat – ihre beiden Söhne sind gefallen, und dann kamen die Erbschaftssteuern. Wenn man in der heutigen Zeit eine Besitzung erbt, kann man es sich nicht leisten, sie zu halten. Man muss sie verkaufen.«
    »Aber obwohl sie ihr Heim verloren hat, lebt Mrs Folliat noch immer auf dem Gut.«
    »Ja, und sie hat sich das Pförtnerhaus ganz reizend eingerichtet. Waren Sie einmal dort?«
    »Nein, wir haben uns an der Tür verabschiedet.«
    »Jedermanns Geschmack wäre es nicht, ins Pförtnerhaus zu ziehen und Fremde im ehemals eigenen Haus wohnen zu sehen. Aber ich glaube nicht, dass Amy Folliat sich das sehr zu Herzen nimmt; im Gegenteil, das Ganze war ihre Idee. Sie hat Hattie auf den Gedanken gebracht, hier zu leben und Sir George dazu zu überreden, Nasse House zu kaufen. Es wäre nur unerträglich für Amy Folliat gewesen, wenn das Haus in ein Heim oder in ein Hotel umgewandelt worden wäre.« Sie stand auf. »So, und jetzt muss ich gehen, ich habe viel zu tun.«
    »Aber natürlich, Sie müssen sich mit dem Polizeipräsidenten über die Bluthunde unterhalten.«
    Mrs Masterton brach in ein tiefes Lachen aus. »Sie werden’s nicht glauben, aber ich habe früher eine Bluthundezucht gehabt«, sagte sie. »Manche Leute finden, dass ich selbst wie ein Bluthund aussehe.«
    Poirot war peinlich berührt, und es fiel ihr sofort auf.
    »Wetten, dass Sie dasselbe gedacht haben, M. Poirot?«

14
     
    N achdem Mrs Masterton gegangen war, begab sich Poirot auf einen Spaziergang durch den Wald. Seine Nerven waren in keinem sehr guten Zustand; er fühlte ein unwiderstehliches Verlangen, hinter jedem Busch und jedem Rhododendronstrauch nachzusehen, ob dort eine Leiche verborgen lag. Schließlich kam er zum Folly, ging hinein und setzte sich auf eine Steinbank, um seine Füße etwas auszuruhen, die, wie gewöhnlich, in engen, spitzen Lackschuhen steckten.
    Der Fluss schimmerte durch die Bäume, und Poirot konnte sogar ein Stückchen des bewaldeten gegenüberliegenden Ufers erkennen. Er gab dem jungen Architekten Recht, der gemeint hatte, dass dies nicht der richtige Platz für ein bizarres Lusthäuschen sei. Man konnte natürlich einige Bäume fällen, aber selbst dann würde man keine richtige Aussicht haben. Wenn das Folly dagegen, wie Michael Weyman vorgeschlagen hatte, oberhalb des Grasabhangs in der Nähe des Hauses errichtet worden

Weitere Kostenlose Bücher