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Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Titel: Wiedersehen mit Mrs. Oliver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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hier im Folly, auf halbem Weg zum Bootshaus, und du warst hier, um jemanden zu treffen.
    Wieder hörte er herannahende Schritte – schnelle, ungeduldige Schritte. Poirot lächelte in der Hoffnung, jetzt vielleicht die Person kennen zu lernen, mit der Mrs Legge sich verabredet hatte. Aber dann, als Alec Legge um die Ecke bog, rief er:
    »Wieder ein Irrtum!«
    »Wie bitte? Was sagten Sie?«
    Alec Legge sah ihn erstaunt an.
    »Dass ich mich wieder geirrt habe«, erklärte Poirot. »Da ich mich im Allgemeinen selten irre, erbittert mich das. Ich hatte nicht erwartet, Sie zu sehen.«
    »Wen hatten Sie erwartet?«
    »Einen jungen Mann – fast noch ein Knabe – in einem Hemd mit Schildkrötenmuster«, antwortete Poirot prompt.
    Er war über die Wirkung seiner Worte erfreut. Alec Legge kam auf ihn zu und fragte mit stockender Stimme: »Woher wussten Sie? Wieso haben Sie … was meinen Sie eigentlich?«
    »Ich bin hellsichtig«, behauptete Hercule Poirot und schloss die Augen.
    Alec Legge trat noch näher an ihn heran. Er war sehr ärgerlich.
    »Zum Teufel noch mal, wovon sprechen Sie eigentlich?«
    »Ich glaube, Ihr Freund ist zurück zur Jugendherberge gegangen«, antwortete Poirot ruhig. »Wenn Sie ihn sprechen wollen, müssen Sie dorthin gehen.«
    »Das ist es also«, murmelte Alec Legge.
    Er ließ sich auf das andere Ende der Steinbank fallen.
    »Deshalb sind Sie also hier – nicht um die Preise zu verteilen.
    Das hätte ich mir gleich denken sollen.« Er wandte sich von Poirot ab. Sein Gesicht hatte einen unglücklichen Ausdruck. »Ich weiß, was Sie annehmen, ich weiß, worauf das Ganze scheinbar hindeutet«, sagte er. »Aber es ist nicht so, wie Sie denken. Man verfolgt mich … wenn man einmal in die Klauen dieser Burschen gerät, kommt man nicht so leicht von ihnen los. Und ich möchte loskommen, das ist der springende Punkt: Ich möchte losko m men. Man ist verzweifelt, und man greift zu Verzweiflungsmaßnahmen. Man fühlt sich wie eine Ratte in der Falle, und man ist hilflos. Aber welchen Sinn hat es, darüber zu reden? Sie wissen jetzt, was Sie wissen wollen. Sie haben Ihr Beweismaterial.« Er stand auf, stolperte, als könnte er nicht richtig sehen, und eilte dann plötzlich davon, ohne sich noch einmal umzublicken. Poirot blieb mit großen, erstaunten Augen zurück.
    »Höchst sonderbar«, murmelte er. »Sonderbar und faszinierend. Ich habe einen Beweis, nicht wahr? Aber wofür? Für einen Mord?«

15
     
    K ommissar Bland war im Polizeikommissariat in Helmmouth. Ihm gegenüber saß Superintendent Baldwin, ein korpulenter, gemütlich aussehender Mann. Auf dem Tisch, zwischen den beiden, lag eine schwarze, durchweichte Masse. Kommissar Bland berührte sie vorsichtig mit einem Finger.
    »Ich glaube bestimmt, das ist ihr Hut«, meinte er, »obwohl ich es natürlich nicht beschwören könnte. Ihr Mädchen erzählte mir, dass das ihre Lieblingsform sei. Sie besaß mehrere – auch einen in blassrosa und einen in dunkelbraun, aber gestern hat sie den schwarzen getragen – diesen hier. Der ist also aus dem Fluss gefischt worden? Demnach sieht es so aus, als sei unsere Theorie richtig.«
    »Mit Bestimmtheit lässt sich das noch nicht sagen«, erwiderte Baldwin. »Schließlich kann jeder einen Hut ins Wasser werfen.«
    »Ja, vom Bootshaus aus oder von der Jacht«, meinte Bland.
    »Jedenfalls haben wir um die Jacht einen Kordon gezogen. Wenn sie dort sein sollte – tot oder lebendig –, kann sie nicht unbeobachtet verschwinden.«
    »Ist de Sousa heute an Land gegangen?«
    »Vorläufig ist er noch an Bord. Er sitzt auf dem Deck und raucht eine Zigarre.«
    Kommissar Bland sah auf die Uhr.
    »Gleich Zeit, an Bord zu gehen«, sagte er.
    »Glauben Sie, dass Sie sie dort finden werden?«, fragte Baldwin.
    »Ich bin mir nicht sicher«, meinte Bland. »Ich habe das Gefühl, dass wir es mit einem gerissenen Kerl zu tun haben.« In Gedanken verloren befühlte er noch einmal den Hut, dann sagte er: »Was ist wohl mit der Leiche geschehen – falls es eine gibt? Haben Sie eine Ahnung?«
    »Ja, darüber habe ich heute früh mit Otterweight gesprochen«, erwiderte Baldwin. »Der Mann war früher bei der Küstenwacht. Ich konsultiere ihn immer bei Fragen, die mit Ebbe und Flut zusammenhängen. Um die Zeit, als die Dame in die Helm sprang – falls sie hineingesprungen ist –, war Ebbe. Wir haben gerade Vollmond; die Strömung ist stark und würde sie wahrscheinlich ins offene Meer schwemmen, in die Nähe der Cornischen Küste.

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