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Wiener Requiem

Wiener Requiem

Titel: Wiener Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Jones
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Verwaltung gehörte, da er von der Geheimtür wusste.
    »Blauer«, sagte Werthen zu dem Mann. »Ich muss sofort mit ihm sprechen.«
    Werthen hatte das Wort »Herr« vor dem Namen des Inspizienten ausgelassen, was dem Bühnenarbeiter offenbar nur bestätigte, dass er zur Opernverwaltung gehörte.
    »Herr Blauer ist unter der Bühne«, erwiderte der Arbeiter mürrisch.
    »Ja, ich weiß. Wenn Sie erlauben«, Werthen machte eine Bewegung Richtung Fallklappe, aber der Bühnenarbeiter hielt ihn auf.
    »Tut mir leid, mein Herr«, sagte der Mann.
    »Ich muss wirklich dringend mit ihm sprechen.«
    »Während einer Aufführung ist niemand außer dem Inspizienten befugt, sich dort unten aufzuhalten. Die Drehbühne ist zu gefährlich.«
    Einem der Hunde, mit langen seidigen Ohren und kupiertem Schwanz, war es gelungen, sich von der Leine loszureißen, und er fing an, wie verrückt auf der Bühne herumzuspringen.
    »Fangen Sie den Hund ein!«, rief der Hundeführer.
    Dieses Kommando lenkte den Bühnenarbeiter einen Augenblick ab. Werthen nutzte die Gelegenheit und rannte zu der Fallklappe.
     
    Die Verspätung der Opernaufführung hatte ihn nervös gemacht. Er musste einfach nochmals überprüfen, ob alles perfekt vorbereitet war. Bevor Blauer jedoch unter der Bühne die Ladung, die er zuvor angebracht hatte, überprüfen konnte, hörte er, wie sich hinter ihm die Fallklappe erneut öffnete. Instinktiv trat er aus dem matten Lichtschein ins Dunkle und verbarg sich hinter einem großen Metallträger, mit dem die Drehbühne von einer Szene zur nächsten bewegt wurde. Das Bellen der Hunde drang laut durch die geöffnete Fallklappe zu ihnen herunter. Dann sah er einen großen, schlanken Mann, der die Treppen hinunterstieg. Er wurde durch das einfallende Licht von hinten schwach beleuchtet.
    Schon wieder dieser lästige Advokat, dachte Blauer. Er hatte in letzter Zeit ständig an Gross und Werthen gedacht. Aber der sollte jetzt doch eigentlich feiern, sagte er sich. Wenn der Advokat jedoch stattdessen hier in der Oper auftauchte, konnte dies nur eines bedeuten: Sein raffinierter Plan war fehlgeschlagen.
    Blauer empfand plötzlich Ekel vor sich selbst. Er hätte diesen Werthen schon an jenem Tag in der Kanzlei töten, hätte ihm den Schädel einschlagen sollen, statt ihm nur eine Warnung zu verpassen. Aber es hatte ja wie ein fehlgeschlagener Einbruch aussehen sollen, nicht wie ein Mord. Er hatte es so inszenieren wollen, dass es die Verfolger noch ein wenig ablenkte. Wie hätte er denn auch diesen Einbruch dem dümmlichen, devoten Tor in die Schuhe schieben können, wo der sich doch angeblich zu der Zeit in Altaussee befand?
    Als sich später jedoch herausstellte, dass Tor am Mittwoch noch gar nicht dort gewesen war, war der Verdacht umso stärker auf ihn gefallen.
    Blauer hätte sich gern noch mehr an seinen raffinierten Manöver gelabt. Aber dazu war jetzt keine Zeit. Heute Nacht würde Mahler sterben. Und dieser dämliche Anwalt würde ihn gewiss nicht daran hindern. Er beugte sich vor und zog den scharf geschliffenen Dolch aus der Scheide in seinem Stiefel, als Werthen die unterste Stufe der Treppe erreichte und sich in Richtung der Drehbühnenmaschine vorwagte.
     
    Berthe verlor die Orientierung, während sie die Treppen zu den Logen im oberen Rang hinaufstieg. Als sie sich wieder zurechtfand und endlich die Loge Mahlers erreichte, war diese verlassen.
    Blauer war also nicht zurückgekehrt. Ob er die Hofoper verlassen hatte? Das bezweifelte sie. Der Platz eines Inspizienten war schließlich hinter dem Vorhang. Und genau dort würde sie ihn auch finden. Sie erinnerte sich an die Geheimtür in der Wand, die Leitner Karl und ihr gezeigt hatte. Sie verließ die Loge und ging zu der Stelle an der Wand am anderen Ende des Ganges.
     
    Sie hatten schon viel zu viel Zeit mit den Hunden verloren. Man musste endlich anfangen.
    Mahler straffte die Schultern und schritt durch eine Seitentür zum Zuschauersaal. Langsam erloschen alle Lichter im Haus, als er mit feierlichem Schritt in den Orchestergraben trat, seinen Platz auf dem Dirigentenpult einnahm und mit dem Taktstock leicht an den Notenständer schlug.
    An diese Aufführung wird man sich noch lange erinnern, sagte er sich.
     
    »Er ist großartig, nicht wahr?«, flüsterte Alma Schindler Herrn Meisner ins Ohr, als Mahler seine Arme hob, um mit den ersten Noten Wagners Vorspiels zu beginnen.
    »Er hat wirklich die richtige Ausstrahlung«, erwiderte Herr Meisner ebenfalls flüsternd.

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