Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wienerherz - Kriminalroman

Wienerherz - Kriminalroman

Titel: Wienerherz - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
Vom Netzwerk:
Ihre Toilette benutzen?«
    »Im Flur, direkt neben der Eingangstür.«
    Freund ging hinaus, verschwand in den Miniraum. Er wartete kurz, dann spülte er. Anschließend wusch er sich im Bad nebenan die Hände. Rasch überflog sein Blick die kleinen Ablagen. Aus einem Kamm streifte er ein paar Haare und Hautschuppen in ein Spurensicherungssäckchen. Dasselbe wiederholte er mit einer Bürste. Er war sich bewusst, dass er gerade grob gegen den Datenschutz verstieß.
    Als er wieder im Hof stand, musste er an die Erzählungen Rudolf Komeskas denken. Er hatte nicht gewagt zu fragen, ob sein Vater womöglich bei den Kämpfen hier im Karl-Marx-Hof gestorben war. Bei einer anderen Gelegenheit vielleicht. Er hatte das Gefühl, dass er die Komeskas in nächster Zeit noch öfter sehen würde.
    Im Palais Dorin erwartete ihn Oskar. Über die linke Prunktreppe der Eingangshalle geleitete er Freund in die Beletage auf einen breiten Flur, an dessen Wänden sich Ölporträts von Männern und Frauen reihten. Im Vorbeigehen überflog Freund einige der Namen auf den kleinen Messingschildchen, die an den schweren geschnitzten Goldrahmen angebracht waren. Über die meisten davon hatte er bei seinen Familiennachforschungen gelesen.
    Annemarie, Adalbert und Leopold Dorin erwarteten ihn in einem Salon aus Marmor und heller Holztäfelung. An den Wänden hingen Ölgemälde mit Stadtansichten Wiens. Eines erinnerte ihn an die Bilder Canalettos, die er aus dem Kunsthistorischen Museum kannte. Ein anderes wirkte vergleichsweise modern. Sie waren zu weit entfernt, als dass er die Beschriftungen auf den Rahmen hätte entziffern können.
    Eigentlich hatte Freund sich nur mit dem Vater verabredet.
    Händeschütteln, Höflichkeiten.
    »Darf ich Ihnen etwas zum Trinken anbieten?«, fragte der Bedienstete Freund. »Kaffee, Tee, Wasser, Saft?«
    »Ein Glas Wasser wäre nett.«
    »Selbstverständlich.«
    Der Mann öffnete eine Flasche, die neben anderen auf einer Kommode unter einer der Malereien stand, schenkte ein und stellte sie auf das Sofatischchen inmitten einer bordeauxroten Chesterfieldgarnitur. Dann verschwand er und schloss die Flügeltür hinter sich.
    Mit einer Geste bot Dorin Freund an, Platz zu nehmen. Kein Wort darüber, dass seine Frau und der Sohn anwesend waren.
    »Was können wir für Sie tun?«
    »Sie haben sicher von den Einbrüchen in das Haus, das Schloss und das Büro Ihres Sohnes Florian gehört.«
    Dorin nickte.
    »Wir vermuten, dass sie mit dem Tod Ihres Sohnes zu tun haben. Im Rahmen unserer Ermittlungen sind wir noch auf andere Erkenntnisse gestoßen. Ich glaube zwar nicht, dass sie mit den Einbrüchen zu tun haben, aber sie stehen in zeitlicher Nähe dazu und zum Todeszeitpunkt, weshalb wir ihnen nachgehen.«
    »Bitte schön.«
    Freund zog den Zettel mit den Familiennamen der Komeska’schen Verwandtschaft hervor.
    »Es mag in diesem Zusammenhang seltsam erscheinen, aber besteht in Ihren Familien Verwandtschaft zu jemandem mit Namen Komeska, Fögy, Schebesta, Lofer, Patovsky, Josic, Triem oder Pratt?«
    »Nicht dass ich wüsste«, erklärte Dorin senior. »Weshalb?«
    »Wir sind auf eine Person gestoßen, mit der Ihr Sohn verkehrte, über die wir Überraschendes herausgefunden haben. Erstens sieht dieser Mann Ihrem Sohn zum Verwechseln ähnlich. Und zweitens ergab eine DNS -Probe, dass die beiden miteinander verwandt sind.«
    Schweigen. Annemarie Dorin bedachte ihren Mann mit jenem vernichtenden Blick, den Freund schon im Obduktionssaal beobachtet hatte. Sie war es auch, die als Erste wieder Worte fand.
    »Wie verwandt?«
    »Das genaue Verhältnis kann man ohne Vergleichs- DNS anderer Verwandter nicht feststellen.«
    »Und die möchten Sie jetzt von uns.«
    »Nicht unbedingt. Aber wenn Sie mir eine geben möchten …«
    »Sind sie Geschwister?«
    »Wie gesagt, so genau …«
    »Sie entschuldigen mich.«
    Sie erhob sich abrupt und verließ fluchtartig den Raum. Auch dieses Verhalten erinnerte Freund an die Szene beim Leichnam ihres Sohnes. Und so wie damals beeilte sich Leopold Dorin, ihr nach einer Schrecksekunde zu folgen.
    Zurück blieb Adalbert Dorin, der während der ganzen Zeit wie eine Statue dagesessen war. Als sie allein waren, fragte er, als sei nichts geschehen:
    »Und der Mann trägt einen der von Ihnen genannten Namen? Welchen?«
    »Den kann ich leider noch nicht nennen.«
    Dorin musterte ihn, fragte sich wohl, ob er diese Antwort akzeptieren musste. Freund stand auf, spazierte zu der älteren

Weitere Kostenlose Bücher