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Wienerherz - Kriminalroman

Wienerherz - Kriminalroman

Titel: Wienerherz - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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tat ihm gut.
    »Tut mir leid«, sagte Tann-Dorin zur Begrüßung, »ich bin noch nicht dazu gekommen, die Briefe zu lesen.«
    »Das macht nichts. Ich komme wegen etwas anderem.«
    Der Maler servierte wieder Kaffee.
    »Meine Frage mag seltsam klingen«, erklärte Freund. »Gibt es im Haus Ihrer Eltern vielleicht Gegenstände, die Ihr Bruder Florian benutzt hat? Oder ältere Dinge, die aufbewahrt wurden, einen Teddybär oder Derartiges?«
    »In der Tat eigenartig, Ihre Frage. Aber Sie sind der Ermittler. Sie werden schon wissen, was Sie tun.«
    Er betrachtete seine halb fertigen Bilder an der Atelierwand.
    »Sicher gibt es da etwas. Lassen Sie mich nachdenken. Benutzt, sagen Sie. Ich vermute, dass es noch altes Kinderspielzeug von uns gibt. Schuluniformen vielleicht.«
    »Die wurden sicher gewaschen, bevor man sie endgültig weggeräumt hat.«
    »Die wurden auch gewaschen, bevor wir sie getragen haben. Täglich. Wir hatten immer mehrere Garnituren.«
    »Dann sind sie für mich nicht so günstig. Ich suche genetisches Material.«
    »Jetzt machen Sie mich neugierig.«
    »Bitte nicht.«
    Tann-Dorin nickte, mehr nachdenklich als zustimmend.
    »Ich werde zusehen, ob ich etwas finde. Ich gebe Ihnen Bescheid.«
    Freund sperrte gerade das Fahrradschloss auf, als aus seinem Telefon Keith Jarrett klimperte.
    Spazier.
    »Ich habe Harnusson nach Material von Dorin gefragt. Sie hat nichts mehr.«
    »Schade.«
    »Aber ich hatte einen anderen Einfall.«

Das Geräusch des Papiers
    »Ich weiß, wie unangenehm das für Sie sein muss«, sagte Spazier. »Umso mehr danke ich Ihnen für Ihr Kommen.«
    Er bat Harnusson in das Besprechungszimmer. Dort warteten die übrigen Gruppenmitglieder. Spazier stellte vor, sie setzten sich. Spazier öffnete die Mappe mit den Bildern.
    »Sehen Sie sich die Aufnahmen bitte sorgfältig an. Sagen Sie mir, wenn Ihnen etwas auffällt. Oder fehlt.«
    Wie vor jeder Obduktion hatte Romana Wanek Fotos des nackten Leichnams gemacht. Spazier war den Anblick gewohnt. Doch obwohl man heute auf jedem Fernsehkanal und im Internet pausenlos Leichen vorgesetzt bekam, hatte er die Erfahrung gemacht, dass diese Bilder eine starke Wirkung auf die Betrachter hatten. Vielleicht war es die schiere Größe. Wanek druckte im DIN -A4-Format aus. Wahrscheinlich war es das Bewusstsein, dass dieser Mensch wirklich gelebt hatte und nun tot war. Oder es waren die Details der weißen Körper. Dabei berührten oft gar nicht die Bilder der Verletzungen die Betrachter am stärksten. Gerade für jemanden wie Harnusson, die einen Körper lebendig gekannt und erforscht hatte, musste es besonders schwierig sein, die bleichen Partien nun noch einmal genau abzutasten, und sei es nur mit Blicken. Die Bilder der Wunden hatten sie bewusst weggelassen. Für ihre Zwecke waren sie nutzlos.
    Lange betrachtete Harnusson das Gesicht mit den blutleeren, etwas zerrissenen Lippen. Die wächserne Haut an Hals und Schultern. Spazier hatte rund zwei Dutzend Aufnahmen vorbereitet, die alle Körperpartien zeigten.
    »Wie anders man aussieht, so«, bemerkte Harnusson.
    Spazier sagte nichts. Ihm fiel eine Bemerkung Freunds ein, dass Annemarie Dorin beim Anblick des Leichnams etwas Ähnliches festgestellt hatte. Damals hatte er sich nichts dabei gedacht, nur an eine Mutter, die einen Weg suchte, den Tod ihres Sohnes zu bewältigen.
    Eine Weile waren nur das Geräusch des Papiers und ihr Atem zu hören. Blatt für Blatt nahm sie in die Hand, untersuchte jedes sorgfältig. Nach einer Viertelstunde hatte sie alle durch. Der Stapel lag vor ihr. Sie begann darin zu kramen, zog vier Bilder hervor und legte sie nebeneinander hin. Die Füße, von oben, von unten, von beiden Seiten.
    Nahm jedes Blatt noch einmal, legte es zurück.
    Sie spitzte ihre Lippen, musterte nachdenklich die Fotos, schüttelte leicht den Kopf. Sah Spazier mit einem Blick an, in dem er Verunsicherung las.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Wie sehr verändert sich der Körper eines Menschen, wenn er stirbt?«
    Nicht nur eine medizinische Frage, dachte Spazier, auch eine philosophische und religiöse. Für viele eine der wichtigsten.
    »In einem Fall wie bei Florian Dorin, bei dem es sehr schnell und ohne Krankheit geschieht, wirkt der Leichnam im Allgemeinen nur etwas eingefallener, bleicher, schlaffer. Weshalb?«
    »Die Füße. Irgendetwas ist mit ihnen. Florian hatte keine schönen Füße, das muss man sagen. Gepflegt, aber nicht schön.«
    Spazier betrachtete die Bilder vor ihr. Er wusste nicht, welche

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