Wienerherz - Kriminalroman
Füße Solveig Harnusson schön fand. Er fragte sich, ob ihr seine gefallen würden. Hieß es nicht, Frauen sehen zuerst auf die Hände? Die Füße auf den Fotos sahen nach Spaziers Geschmack nicht schlecht aus. Sie waren schmal, wirkten trotzdem stabil, mit langen, schlanken Zehen. Der einzige Schönheitsfehler waren die unregelmäßig geschnittenen Nägel.
»Und diese Füße hier?«, fragte Spazier.
»Solange er lebte, wirkten sie gedrungener, man sah keine Knochen oder Sehnen, die Zehen waren richtig fleischig. Jetzt scheinen sie knochig, fast mager. Aber das passt zu dem, was Sie gesagt haben.«
Sie sah ihn fragend an, als ob sie seine Zustimmung erwartete. Er ging nicht darauf ein. Er wusste, dass der Tod Füße nicht in dem Maß verwandelte, das sie beschrieb.
»Außerdem ging Florian regelmäßig zur Pediküre«, erklärte sie daraufhin. »Er war ziemlich eitel.«
Ihr eigener Fingernagel fuhr entlang des großen Zehennagels auf einem der Bilder.
»Sehen Sie sich das an. Dieser Fuß war schon länger bei keiner Pediküre, wenn überhaupt schon jemals. Außerdem waren Florians Nägel im Verhältnis zur Zehe flacher, breiter und kürzer.«
Wieder schüttelte sie ratlos den Kopf.
»Gehören diese Füße wirklich zu diesem Gesicht? Haben Sie nicht die Fotos verwechselt?«
Spazier tauschte einen unauffälligen Blick mit den anderen. Petzold verdrehte die Augen.
Harnusson fixierte ihn, hinter ihrer Stirn arbeitete es. Dann blitzten ihre Augen.
»Himmel! Sie haben mich doch vor ein paar Tagen nach diesem Doppelgänger gefragt! Ist das hier etwa …?«
Aufgeregt sprang sie auf und verteilte mit beiden Händen alle Bilder wild über den Tisch. Sie stemmte die Arme in die Seite und studierte sie erneut. War nicht sicher.
Auf einmal schlug sie sich mit der Hand auf den Kopf, dass es nur so klatschte.
»Ich Riesenrindvieh!« Wieder warf sie die Bilder durcheinander.
»Ja?«, bemerkte Petzold zu Spaziers Verwunderung schnippisch.
Harnusson hatte es gar nicht bemerkt. »Wo ist die linke Hand?«, fragte sie. »Hier.«
Sie fiel in ihren Stuhl zurück, starrte das Bild an, dann Freund, Spazier, Varic, Wagner, Petzold.
»Dass ich nicht gleich daran gedacht habe! Ein paar Tage vor seinem Tod haben wir gemeinsam gekocht, bei ihm zu Hause. Dabei hat er sich böse in den linken Zeigefinger geschnitten, knapp neben dem Nagel. Das müsste auf dem Foto deutlich zu sehen sein.«
Sie legte ihre Fingerspitze auf Dorins am Bild.
»Da ist aber nichts. Gar nichts. Dieser Finger ist heil.«
»An den Schnitt kann ich mich erinnern«, sagte Gundi Bielert. »Er sagte, er hat ihn sich beim Kochen geholt.«
Widerwillig betrachtete sie die Bilder, fasste sie nur mit den Fingerspitzen an.
»Komisch, dass er da nirgends ist.«
Freund verteilte sie so, dass Bielert möglichst viele sehen konnte.
»Und wenn ich es mir genau anschaue, kommen mir diese Hände überhaupt anders vor. Irgendwie schlanker, magerer. Das Nagelbett länger. Aber vielleicht sieht man so aus, wenn man tot ist.«
Sie war nicht so schnell von Begriff wie Solveig Harnusson. Freund wollte sie aber nicht beeinflussen. Auch sein Team stand still um den Tisch und wartete.
»Es ist schrecklich, ihn so zu sehen«, seufzte Bielert.
»Gab es vielleicht noch andere typische Merkmale an ihm? Muttermale, Leberflecken, Narben?«
Nachdem sie begriffen hatte, wonach sie suchten, war Bielert noch etwas eingefallen.
»Warten Sie. Da war ein kleines Muttermal auf seinem Hintern. Nichts Besonderes, aber irgendwie ist es mir immer ins Auge gestochen.«
Sie suchte eine Rückansicht.
»Da – ist nichts.«
Verwundert beugte sie sich näher, um den Ausdruck nicht angreifen zu müssen.
»Das war sicher da. Kann so etwas durch den Tod verschwinden? Ich meine, so wie Leichenflecken erscheinen, können Muttermale verschwinden?«
Sie blickte fragend in die Runde.
»Blöde Frage«, antwortete sie sich selbst. Sah wieder auf den Tisch. »Das war da, ich schwöre es Ihnen.«
Dann: »Ach du heilige …! Das … das ist nicht Florian. Das … ist das der Typ, nach dem Sie mich neulich gefragt haben? Ist er jetzt auch tot?«
»Und wenn das Ganze eine geschickte Verschwörung ist?«, sagte Wagner. »Harnusson und Bielert sind eingeweiht und gaukeln uns vor, dass der Tote Komeska ist?«
»Warum sollten sie das tun?«, fragte Spazier.
Wagner zuckte mit den Schultern. »Geld? Liebe?«
»Zu wem? Zu Emil Komeska?«
»Wer weiß? Vielleicht haben Dorin und Komeska ja ein lustiges
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