Wienerherz - Kriminalroman
daran.«
»Ich hätte Ihnen natürlich gern geholfen, wenn ich auch nicht wüsste, wie. Sollen wir den Termin nachholen?«
»Natürlich.«
»Stimmt es eigentlich, was ich gehört habe?«
»Was haben Sie gehört?«
»Ich muss gestehen, ich finde es befremdlich, dass ein Chefinspektor, gegen den selbst ermittelt wird, mir oder anderen noch Fragen stellen darf.«
Freund spürte die Hitze in seinen Kopf schießen. Dieser Mistkerl drohte ihm unverhohlen! Wenigstens wusste er jetzt, wer hinter den internen Ermittlungen steckte.
»Und ich finde es befremdlich, dass Sie darüber informiert sind. Steht das denn schon in der Zeitung?«
»Noch nicht.«
Das war deutlich. Freund bedauerte, das Gespräch nicht mitgeschnitten zu haben. Wäre aber ohnehin verboten.
»Vieles in diesem Fall steht noch nicht in der Zeitung«, erwiderte Freund, um Gelassenheit bemüht. Komisch, dachte er, dass man in so einem Fall immer noch von den Zeitungen spricht. Wo doch längst alles zuerst im Internet zu finden war.
»Da gehören Ermittlungsunterlagen auch nicht hin«, bemerkte Thaler, »das wissen wir beide.«
Demnach hatte er Freunds Gegendrohung verstanden. Die Leugnung seiner geschäftlichen Verbindungen zu dem Toten würden vorerst nicht in den Medien landen. Dafür blieben auch die Ermittlungen gegen Freund bis auf Weiteres eine interne Angelegenheit. Ein Gleichgewicht des Schreckens, dachte Freund. Im Augenblick das Beste, was er erreichen konnte.
»Ich melde mich bei Ihnen, sollte ich noch Fragen haben«, schloss er das Gespräch.
»Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung.«
Freund stellte sich ans Fenster, blickte auf die Straße, versuchte, sich abzuregen, indem er an etwas anderes dachte. Mit so einem Gespräch wollte man keinen Tag beginnen. Dann wurde ihm bewusst, dass er ein noch viel schlimmeres vor sich hatte.
»Da«, sagte Hildegard Komeska mit zitternder Stimme und deutete auf das Bild von Emil Komeskas totem Gesicht. »Die kleine Narbe im Haaransatz. Die hat er sich …« Ihr versagte die Stimme.
Ihr Mann legte ihr die Hand um die Schulter.
»Ich weiß«, flüsterte er. »Ich weiß.«
»Als Kind hat er sich die geholt«, schluchzte sie. »Als er mit dem Fahrrad gestürzt ist. Seinem ersten.«
Sie brach in Tränen aus. Freund schluckte hart.
Fassungslos starrte Rudolf Komeska auf die Bilder, die seinen Esstisch bedeckten.
»Wie … wie kann das sein?«
»Wir wissen es noch nicht«, gestand Freund. »Wahrscheinlich hat er sich das Leben genommen, wie wir es ursprünglich von Florian Dorin angenommen hatten.«
»Ich meine die Verwechslung.«
»Florian Dorins Eltern hatten den Toten als ihren Sohn identifiziert.«
»Ich hätte mein Kind sicher erkannt«, sagte Komeska tonlos. Er löste seinen Blick von den Bildern.
»Heißt dass, die Dorins haben unseren Sohn begraben?«
»Dafür wird es natürlich eine Lösung geben. Ich werde den Kontakt herstellen.«
»Ich hätte ihn so gern noch einmal gesehen«, weinte Hildegard Komeska. Es war einer der Momente, in denen Freund seinen Beruf hasste.
Er fragte sich, ob jetzt der richtige Augenblick war. Vielleicht konnte er die Komeskas kurz von ihrer Trauer ablenken. Auch wenn er das nur für sich selbst tat, um nicht das entsetzliche Elend miterleben zu müssen.
»Die beiden sahen sich aber wirklich sehr ähnlich«, setzte er an.
Das Ehepaar Komeska reagierte nicht. Der Blick des Vaters irrte noch immer über die Bilder, die Mutter stand daneben, eine Hand vor den Mund geschlagen, die Wangen nass von Tränen.
»Kein Wunder«, fuhr Freund unbeirrt fort, »wo sie doch verwandt waren.«
Die beiden schienen ihn nicht gehört zu haben. Freund überlegte, wie er das Thema noch einmal zur Sprache bringen konnte, da fragte Rudolf Komeska: »Was haben Sie gesagt?«
Endlich sah er Freund an.
»Sie erinnern sich, dass ich Sie nach Ihrer Verwandtschaft gefragt habe. Im Rahmen unserer Ermittlungen hatten wir festgestellt, dass Florian Dorin und Ihr Sohn miteinander verwandt sind. Das heißt, auch Sie sind mit Dorins verwandt. Wir wissen allerdings nicht genau, wie.«
»Wovon reden Sie?«
»Uns ist leider nicht bekannt, ob Ihr Sohn von der Verwandtschaft wusste. Oder Florian Dorin. Auch bei den Dorins wissen wir davon nichts.«
»Ich soll mit Adalbert Dorin verwandt sein? Das ist ein Scherz!«
»Vielleicht nur verschwägert. Die Verwandtschaft könnte auch über Ihre Frau bestehen.«
»Wie findet man das heraus? Und was hat das mit dem Tod unseres Sohnes zu
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