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Wienerherz - Kriminalroman

Wienerherz - Kriminalroman

Titel: Wienerherz - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Familienbetrieben nicht zusammenhing. Genau durchschaute Freund die komplizierten wirtschaftlichen Zusammenhänge aber nicht.
    Im Allgemeinen schien Dorin auf jeden Fall erfolgreich, so hatte er im Vorjahr bei der Privatisierung eines bulgarischen Stromanbieters viel Geld verdient, als er und seine Partner den Zuschlag erhalten hatten und wenige Monate später mit sattem Gewinn an einen der ursprünglichen Mitbieter, einen französischen Konzern, weiterverkauften. Er dürfte aber auch zumindest eine Pleite erlebt haben. Das Engagement bei einem Landbeteiligungsunternehmen endete in einem Desaster, vor allem für Zehntausende Kleinaktionäre. Ein paar Prozesse liefen. Vielleicht sollte er seine alte Bekannte Serena Tognazzi von der Wirtschaftsabteilung fragen.
    Wobei Florian Dorin diese Karriere nicht vorgezeichnet schien. Wie er selbst in einem Interview freimütig gestand, war er als Jugendlicher von mehreren Privatschulen in Österreich, der Schweiz, Deutschland und England geflogen und hatte sein Wirtschaftsstudium in Wien mit miserablen Noten erst abgeschlossen, als sein jüngerer Bruder Leopold bereits einen Doktor der Wirtschaftswissenschaften und einen der Rechtswissenschaften erworben hatte, Zweiteren an der amerikanischen Eliteuniversität Yale. Leopold wurde in verschiedenen Wirtschafts- und Fachartikeln kurz erwähnt, hielt sich in der Öffentlichkeit aber ansonsten zurück.
    Ein dritter Bruder, Viktor Dorin, existierte auch noch, über ihn fand Freund aber auf die Schnelle nichts.
    Dagegen dürfte Florian Dorin das Blitzlicht geliebt haben. Er war regelmäßiger Gast in Tratschmagazinen und -sendungen, ob mit einer neuen Freundin, auf Veranstaltungen, seiner Jacht, seinem Schloss oder in Artikeln über die bestgekleideten Männer des Landes, seine Hobbys, seine Freunde. Freunds Laune stieg durch die Erkenntnisse nicht. Wer so umtriebig gewesen war wie Florian Dorin, kannte massenhaft Leute. Unter denen sie womöglich einen Täter – oder eine Täterin – finden mussten. Die sprichwörtliche Nadel.
    Die Säckchen mit Dorins Habseligkeiten hatte er gestern gleich von Wanek mitgenommen. Zunächst untersuchte Freund die Geldbörse Dorins. Er fand Kreditkarten, etwa zweihundert Euro Bargeld, den Führerschein, einen Impfpass, die E-Card der Krankenkasse, den Mitgliedsausweis eines Golfclubs, die VIP -Card einer Automarke und Ähnliches.
    Dorins Mobiltelefone waren moderne Geräte ohne Tasten. Freund hatte sie von einem ihrer IT -Fachleute entriegeln lassen. Er überprüfte die Listen der letzten Telefonate. Am Tag vor seinem Tod hatte Florian Dorin noch fast dreißig Gespräche geführt. Die meisten waren mit Namen in der Liste aufgeführt, demnach in Dorins telefonischer Kontaktliste bereits eingetragen. Das machte die Identifizierung leicht. Der letzte Anruf war von Adalbert Dorin gekommen, seinem Vater, gegen zweiundzwanzig Uhr. Ein paar Anrufe hatte er nicht angenommen. Sie würden alle diese Personen überprüfen müssen. Er ließ seinen Finger eilig über die Kontaktliste gleiten. Selbst auf die Schnelle erkannte er bekannte Namen, Politiker, Künstler, Sportler, Manager, Wirtschaftstreibende. Es waren viele hundert, vielleicht mehr als tausend.
    Textbotschaften hatte Dorin an diesem Tag weder verschickt noch empfangen. Dafür ein paar E-Mails. In einer davon diskutierte er mit einem Freund ein Geburtstagsgeschenk für einen Dritten. Tauschte man sich darüber aus, wenn man plante, sich in der darauffolgenden Nacht das Leben zu nehmen?
    Die Kalender der Geräte waren voll mit Terminen. Eine schnelle Querüberprüfung ergab, dass sie auf beiden identisch waren. Die meisten Einträge bestanden aus kryptischen Kürzeln, manche in Verbindung mit Namen, was Freund nicht weiter verwunderte. Er selbst fuhr noch immer zweigleisig, verwendete im Büro den Kalender am Computer, übertrug die Termine aber auch in seinen handgeschriebenen, der zusätzlich seine privaten Verabredungen und To-do-Listen enthielt. Aus Platzgründen kürzte er die meisten Einträge so ab, dass sie außer ihm kaum jemand würde entschlüsseln können.
    Am Tag vor Dorins Tod waren für den Vormittag und Mittag zwei Termine eingetragen, dazu Namen, für den Nachmittag nichts. Die Einträge hatten verschiedene Farben. Nach einigem Tippen auf dem kleinen Bildschirm begriff Freund, dass Dorin verschiedene Klassen von Kalendern führte. Wo Freund jedoch nur zwischen beruflich und privat unterschied, ordnete Dorin seine Tage in fünf

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