Wienerherz - Kriminalroman
umgebracht!«
Freund verließ den Raum und wechselte ins Beobachtungszimmer.
»Ich weiß nicht«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass er Dorin getötet hat.«
»Wenn jemand Dorin getötet hat außer er sich selbst«, sagte Varic.
»Was machen wir mit dem Auto, von dem er gesprochen hat?«
»Kannst du bei Gelegenheit überprüfen. W-3, W-8, Wiener Kennzeichen, eventuell mit einer Drei oder Acht – sind eine ganze Menge.«
»Solveig Harnusson hat mir gegenüber behauptet, sie habe von keiner anderen Frau gewusst«, warf Spazier ein.
»Und selbst wenn, glaubst du, sie hat etwas getan?«, fragte Freund.
»Nein.«
»Sie haben zu wenig«, sagte der Untersuchungsrichter. »Befragen Sie ihn meinetwegen, solange Sie dürfen, wenn Sie wollen. Untersuchungshaft kann ich momentan nicht verhängen.«
»Wir behalten ihn noch hier«, erklärte Freund. »Er soll schmoren, vielleicht kommt ja noch etwas. Ich befrage ihn später noch einmal.«
Schmutz oder Schokolade
Freund ging zurück in sein Büro, schenkte sich einen großen Kaffee ein und erstellte in seinem Kopf eine Plus-minus-Liste. Plus: Für Suizid sprachen der Abschiedsbrief von Dorins Hand, der erste Befund der Spurensicherung, zum Teil der zweite, weil Pridlascheks Fingerabdrücke nicht im Wagen gefunden worden waren, und der richtige Einschusswinkel. Auf der Minusseite blieb lediglich der gebrochene Finger. Und wenn er ehrlich war, bekam man ihn dort auch nur mit einigem guten Willen hin. Vier zu weniger als eins. Packte er auch noch sein Gefühl dazu, dass Pridlaschek nichts damit zu tun hatte, legte die Plusseite weiter zu.
Telefon.
»Hannes Bruckner.«
Freund überlegte, wohin er den Namen stecken sollte. Dann fiel es ihm ein. Der Verwalter von Florian Dorins Schloss.
»Heute Nacht wurde ins Schloss eingebrochen«, erklärte er.
Freund beschloss, mit seinen Vermutungen vorsichtig zu bleiben. Er hatte sich schon weit genug verrannt.
»Ist das so ungewöhnlich? Das Anwesen liegt abgelegen, ist nicht dauernd bewohnt.«
»Wir haben Überwachungskameras am Gelände. Die Eindringlinge sind darauf zu sehen. Sie tragen schwarze Overalls und diese Mützen, die nur für Augen und Nase Löcher haben. Die Alarmanlage konnten sie deaktivieren, keine Ahnung, wie.«
»Was haben sie mitgenommen?«
»Das ist das Eigenartige. Nichts. Anscheinend haben sie alles durchsucht, aber zumindest bei einer ersten Inventur wäre mir nichts aufgefallen. Wertvolle Dekorationsgegenstände wie silberne Pokale oder Biedermeier-Porzellanfiguren haben sie nicht angerührt. Auch nicht die großen Flachbildschirme oder andere elektronische Geräte. Einen Safe haben sie gefunden, aber er war geschlossen.«
»Vielleicht haben sie ihn wieder zugemacht.«
»Ist ein ziemlich modernes Ding. Das bekommt man nicht ohne Weiteres auf. Die zwei anderen Safes, wo wir zum Beispiel das Silberbesteck aufbewahren, haben sie gar nicht entdeckt.«
»Ist früher schon einmal eingebrochen worden?«
»Vor zwei Jahren. Aber die Typen wurden erwischt, weil die Alarmanlage ansprang und die Polizei schnell genug da war. Mitglieder einer rumänischen Einbrecherbande.«
»Die örtliche Polizei haben Sie bereits alarmiert, nehme ich an.«
»Ja. Ich dachte nur, vielleicht interessiert es Sie auch. Weil Sie doch neulich da waren.«
»Das ist sehr aufmerksam von Ihnen, danke. Greifen Sie bitte nichts an und lassen Sie außer der Polizei niemanden ins Gebäude. Jemand von uns kommt.«
An einen Zufall glaubte Freund nicht. Florian Dorin war ein paar Tage tot, und schon besuchten professionelle Einbrecher sein Schloss, ohne etwas mitzunehmen. Sie hatten etwas gesucht, das für sie wertvoller war als Silberpokale oder teure Technik. Freund rief Varic und Spazier.
»Lukas, fahr bitte zum Schloss und stelle erstens die Videos der Überwachungskameras sicher, zweitens alle Unterlagen, deren du habhaft werden kannst, und sieh zu, dass wir in diese Safes hineinkommen, von denen der Verwalter gesprochen hat.«
Die Polizeisiegel an der Eingangstür von Dorins Villa waren intakt. An der Seitenfront entdeckten sie ein eingeschlagenes Fenster. Freund schlitzte das Siegel auf und öffnete die Tür mit dem Schlüssel, den sie einbehalten hatten.
Auch hier hatte jemand gesucht. Schränke standen offen, Schubladen waren aus Kommoden gerissen, Bilder lagen am Boden. Die Luft roch abgestanden.
Der Fernseher stand ebenso an dem Platz, wo Freund ihn bei seinem ersten Besuch gesehen hatte, wie das teure Porzellan oder die
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