Wienerherz - Kriminalroman
der Bewachung?
»Darf ich vorstellen«, krächzte Doreen, »Daniel Peloq.«
»Angenehm«, flüsterte der Franzose.
»Wir haben mehr Glück als Verstand gehabt, sagen die Ärzte.«
Petzold lachte vor Glück.
»Das kannst du laut sagen. Du wirst es nicht glauben, aber jemand hinter euch hat die ganze Sache mit seinem Handy mitgefilmt. Ich hab gesehen, wie ihr durch die Luft gesegelt seid. Die Baumkronen müssen euren Sturz gebremst haben.«
»Die A-Löcher wollten uns umbringen.«
»So leicht kriegt man dich nicht klein.«
Jetzt lachte Niklic. »Unkraut verdirbt nicht.«
Petzold zog sich einen Stuhl heran und setzte sich so zwischen die Betten, dass sie beide Patienten ansehen konnte.
»Wie geht es euch?«
»Ich habe eine Gehirnerschütterung, ein Cut über dem Auge, ein verrissenes Genick und jede Menge blauer Flecken. Vermutlich sehe ich aus wie eine Giraffe in Blau. Meine linke Speiche ist gebrochen. Und zwei Rippen sind angeknackst. Wie sch… das wehtut, weißt du ja am besten.«
Sie wies zu Peloq. »Er hat sich ebenfalls den Kopf gestoßen und alle möglichen anderen Körperteile. Außerdem ist ein Bein gebrochen.«
»Vor eurem Zimmer haben wir Bewachung platziert. Schien uns angebracht.«
»Danke.«
»Habt ihr Kraft genug, mir etwas zu erzählen?«
»Allemal.«
»Dann los.«
Zum ersten Mal seit der Begrüßung sprach Peloq: »Wo ist mein Gepäck?«
»Bei uns.«
»Gut. Darin sind meine ganzen Unterlagen.«
Was für ein entzückender Akzent!
»Ich erzähle dir jetzt einmal eine Kurzfassung«, sagte Niklic. »In die Details gehen wir in den nächsten Tagen.«
Mit der Bettsteuerung, die über ihr an einem Metallgalgen hing, stellte sie das Kopfteil steiler.
»Vor einem Jahr stand der bulgarische Elektrizitätskonzern Temvolt zur Privatisierung an. Es gab verschiedene Bieter. Europäische Elektrizitätsunternehmen, unter anderem aus Deutschland, Schweden und Frankreich, internationale Investmentfirmen, Privatkonsortien reicher Unternehmer aus Bulgarien selber und aus anderen Ländern. Den Zuschlag erhielt schließlich zur Überraschung aller eines dieser Konsortien. Noch dazu für einen Schnäppchenpreis. Hier kommt Florian Dorin ins Spiel. Herrgott, ich werde immer ganz nervös, wenn ich diesen Namen höre. Klingt wie mein eigener. Dorin war Mitglied der siegreichen Bietergruppe. Ein paar Monate später verkauften die Herrschaften dann weiter an einen der ursprünglichen Mitbieter, eine französische Elektrizitätsgesellschaft. Für mehr als das Doppelte des ursprünglichen Kaufpreises.«
»Nicht das erste Geschäft dieser Art in den vergangenen Jahren«, stellte Petzold fest, »aber trotzdem ein schönes.«
»Das dachte sich auch ein bulgarischer Journalist, Zelko Radov. Er begann Fragen zu stellen, zu recherchieren. Er nahm Kontakt zu Daniel auf, den er von früher kannte. Ein paar Wochen später war Zelko tot. Angeblich ein Raubüberfall auf der Straße. Jetzt wurde Daniel natürlich erst recht neugierig.«
»Zu neugierig für jemandes Geschmack«, stellte Petzold fest.
»Ich war natürlich sehr vorsichtig«, erklärte Peloq.
»Sie sprechen gut Deutsch.«
»Es geht.«
»Weil in dem Siegerkonsortium federführend Florian Dorin saß, kontaktierte er mich, ob ich mit ihm an der Geschichte arbeiten wollte.«
Sie schaute hinüber zu ihrem Recherchepartner.
»Zu seiner Entlastung sollte ich hinzufügen, dass er mich gewarnt hat.«
»Aber du wolltest nicht hören.«
»Die Warnung habe ich schon verstanden. Aber hey, Berufsrisiko. Kennst du ja.«
»Allerdings.«
»Dass bei der ganzen Geschichte nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist, kann man sich an fünf Fingern abzählen«, fuhr Niklic fort. »Dafür fand Daniel erste Hinweise. Dann kam der Glücksfall. Jemand bekam Wind von unseren Nachforschungen. Jemand, der an der Sache beteiligt war oder genau darüber Bescheid wusste. Entweder hat ihn das schlechte Gewissen gepackt, oder er fühlte sich bei dem Deal übervorteilt. Auf jeden Fall erhielten wir anonym Unterlagen, die Malversationen belegen. Oder zumindest nahelegen. Kontoauszüge, Notizen.«
»Die Unterlagen liegen natürlich an sicheren Orten verwahrt«, erklärte Peloq. »Ich verstehe gar nicht, wie man so dumm sein kann zu glauben, dass man mit uns auch die Beweise aus der Welt schaffen würde.«
»Zumindest einen unbequemen Mitwisser und hartnäckigen Nachfrager.«
»Vielleicht war der Angriff heute auch nur als Einschüchterung gedacht«, meinte Niklic.
»Dann
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