Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wienerherz - Kriminalroman

Wienerherz - Kriminalroman

Titel: Wienerherz - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
Vom Netzwerk:
Karl Theuringer führte eine kleine, aber feine Wirtschaftskanzlei in der Innenstadt mit zwanzig Mitarbeitern, davon sieben Partner. Freund hatte ihn einmal bei einer Juristenveranstaltung getroffen, die er mit Claudia besucht hatte. Er war ein älterer Herr mit über die Glatze gekämmten Haaren und durchdringendem Blick. Er tauchte sowohl in der Kontaktliste Florian Dorins auf als auch im Kalender und bei den Rechnungen. Sechs weitere Kanzleien standen auf Freunds Liste.
    Wie sich herausstellte, war Theuringer einer der Rechtsvertreter Dorins in der Sache mit der Grundbesitz-Aktiengesellschaft, die Dorin gegen die Wand gefahren hatte. Außerdem hatte er verschiedene Verträge für Dorin aufgesetzt und Firmen angemeldet. Freund ließ sich eine Aufstellung geben.
    Diese Anwälte konnten sich feine Adressen leisten. Für einen Touristen wäre Freunds Tour das reinste Vergnügen gewesen. Er kam an einigen seiner Lieblingswinkel des ersten Bezirks vorbei. Der Judenplatz mit dem eindrucksvollen Schoah-Denkmal der britischen Künstlerin Rachel Whiteread, die Brücke über den Tiefen Graben, der Fassaden-Fresko-Rest aus der Renaissance in der Bäckerstraße, der eine Backgammon spielende Kuh mit Brille zeigte, die stille Enklave des Heiligenkreuzerhofs, eine Oase der Ruhe mitten in der Stadt.
    Am Ende des Nachmittags hatte er vier Sozietäten besucht. Nicht jede zeigte sich gleich bereitwillig zur Auskunft. Noch eine hatte Dorin aktienrechtlich beraten, die anderen hatten ebenfalls verschiedenste Verträge ausgehandelt und aufgesetzt, Firmen angemeldet, allgemeine Rechtsberatung geliefert. Freund bat alle, Kopien der Unterlagen mit Boten in sein Büro zu schicken.
    Die Gespräche fügten wieder ein paar Puzzlesteine zu Florian Dorins Tätigkeit in den vergangenen Jahren hinzu. Die Juristen nannten Projekte und Namen, die Freund im Zusammenhang mit Dorin noch nirgends gelesen oder gehört hatte. Wenn sie alle so gelaufen waren wie der Verkauf von Temvolt, konnte die Korruptionsstaatsanwaltschaft gleich zehn neue Leute einstellen. Aber Freund wollte niemandem nur Böses unterstellen. Gut möglich, dass sich Dorin bei seinen anderen Transaktionen im Rahmen der Gesetze bewegt hatte.
    Er fuhr nicht mehr ins Büro zurück. Sein Fahrrad hatte ihn zu allen Stationen gebracht. Gemütlich strampelte er an der hell beleuchteten Albertina und der Oper vorbei, weiter zur Akademie der bildenden Künste.
    Die ganze Zeit musste er an Emil Komeska denken. Wo hatten sich die beiden kennengelernt? Was hatten sie miteinander vor? Wie war diese unglaubliche Ähnlichkeit möglich?
    Bei der Einmündung der Gumpendorfer Straße in den Getreidemarkt hielt er kurz inne und genoss die besondere Lage. Manchmal musste er sich diese kleinen Momente gönnen. Von einem bestimmten Punkt aus konnte er gleich drei Sehenswürdigkeiten in drei verschiedenen Richtungen bewundern. Straßenabwärts leuchtete im Licht der Schweinwerfer die goldene Laubkuppel der »Secession«, wie die Wiener das Ausstellungshaus der gleichnamigen Künstlervereinigung des Jugendstiles nannten. Richtung Innenstadt sah er den Burggarten und die Hofburg, die ehemalige Stadtresidenz des Kaisers. Und zu seiner Linken lag der Museumskomplex, mit dem Kunsthistorischen und dem Naturhistorischen Museum sowie den ehemaligen Stallungen, in denen sich heute das Museumsquartier befand. Freund stand eine Weile, ignorierte den dichten Abendverkehr auf dem Getreidemarkt und ließ seine Gedanken in die verschiedenen Vergangenheiten abschweifen, aus denen die Bauten stammten.
    Pfeifend radelte er nach Hause.
    Claudia und die Kinder waren noch unterwegs. Freund holte die Notiz aus seiner Hosentasche und griff sich die Familienchronik der Dorins, die immer noch auf seinem Nachttisch lag. Schnell hatte er die Passage gefunden, in der Univ.-Prof. Mag. Dr. Dr. Pandell so ausführlich beschrieb, wie das Bankhaus Kertmann & Dorin seinen Mitbewerber Feldstein Diswanger & Co übernommen hatte.

Lavida
    Am nächsten Tag wühlten sie sich durch die Papiere, die von den Banken und Anwälten gekommen waren. Die Böden der Büros waren bedeckt von Zetteln. An die Wände hängten sie große Bögen Packpapier, auf denen sie Diagramme mit den Zusammenhängen zeichneten.
    Kurz nach elf stand der Pepe in der Tür von Freunds Büro.
    »Ich gestehe, dass ich Ihre Hartnäckigkeit bewundere«, erklärte er. »Aber ich darf sie ausbaden.«
    »Gut. Während Sie baden, kann ich arbeiten.«
    »Ich weiß nicht, worin Sie

Weitere Kostenlose Bücher