Wienerherz - Kriminalroman
hat gerade eine gute Phase. Vielleicht war das der Sommer. Oder er hat eine neue Freundin. Obwohl er nichts erzählt hat.«
»Erzählt er Ihnen so etwas denn?«
»Im Allgemeinen schon.«
»Hatte er viele Freundinnen?«
»Nicht viele, aber doch immer wieder. Er schaut ja nicht schlecht aus. Seine Art kommt bei den Mädels anscheinend auch ganz gut an.«
»Aber aktuell wüssten Sie niemanden.«
»Bedaure.«
Spazier zog die Schreibtischladen heraus, eine nach der anderen. Der übliche Bürokram, Papiere, Heftklammern, Stifte.
»Wann war denn mit der letzten Schluss?«
»Circa vor einem halben Jahr. Danach hatte er wohl ein paar kürzere Affären, aber nichts Ernstes.«
»Wissen Sie Namen?«
»Von der letzten längeren Freundin. Paula Trawogger aus Wien. Mehr weiß ich auch nicht. Mit ihr war er ein Jahr lang zusammen.«
»Was meinen Sie mit einer ›guten Phase‹?«
»Jeder von uns hat doch schlechtere und bessere Zeiten. Emil war in den vergangenen Monaten einfach gut drauf. Aber jetzt, wo Sie es sagen …«
Aufgeregt zwirbelte er die Haare über seinem Ohr. Spazier musste wegsehen, um nicht über die Tische zu greifen und Bloch davon abzuhalten.
»In den letzten Tagen hat er komische Sachen gesagt.«
»Was für komische Sachen?«
»In der Art ›Denkst du manchmal daran, einfach nicht mehr zu kommen?‹ oder ›Vielleicht bin ich ja bald nicht mehr da‹.«
»Und das bezeichnen Sie als eine seiner guten Phasen?«
»Ich habe das nicht ernst genommen. Er hat ja öfters von der Weltreise geredet und dass er alles hinschmeißt. Eigentlich war er gut drauf.«
»Mochte er seinen Job?«
»Weiß nicht«, antwortete Bloch schulterzuckend. »Wer tut das schon?«
Ich, dachte Spazier, meistens zumindest.
»Sagt Ihnen der Name Florian Dorin etwas?«
»Nein. Wer soll das sein?«
»Ein Bekannter«, hielt sich Spazier bedeckt. »Hat Komeska davon geredet, verreisen zu wollen?«
»Laufend. Reisen war sein Hobby. Er war schon in der ganzen Welt.«
»Was war denn sein nächstes Ziel?«
»Er redete viel von Mittelamerika, Costa Rica, Honduras, die Gegend. Aber auch die Mongolei und Vietnam waren in der engeren Wahl.«
»Ganz schön unterschiedliche Ziele. Sie haben während seiner Krankmeldung nicht zufällig einmal mit ihm telefoniert?«
Bloch hatte nicht.
Spazier wollte schon gehen, da fiel ihm noch etwas ein.
»Hat Komeska ein Faible für exklusive Kleidung?«
»Er ist ordentlich angezogen. Aber jetzt, wo Sie es sagen – stimmt: In letzter Zeit hatte er öfters neue Sachen an, die teuer aussahen.«
»Erst in letzter Zeit? Seit wann etwa?«
»So genau kann ich das nicht sagen. Ein paar Wochen, drei Monate vielleicht.«
Eine Weile nachdem er Florian Dorin kennengelernt hatte, überlegte Spazier. Er unterhielt sich noch mit einer Kollegin und einem zweiten Kollegen Komeskas. Die Antworten ähnelten jenen von Bloch.
Beim Hinausgehen schaute Spazier noch einmal bei Helmut Bruchtaler vorbei.
»Was verdient Herr Komeska eigentlich?«
»Dreitausendeinhundert Euro brutto, die üblichen vierzehnmal pro Jahr.«
Teure Reisen und exklusive Kleidung von diesem Gehalt, dachte Spazier, da musste Komeska ansonsten sparsam gelebt haben. Könnte passen, wenn er an die Wohnung im Gemeindebau und den alten Gebrauchtwagen dachte.
Sparkonto
Lia Petzold stellte einen Teller mit Keksen auf den Besprechungstisch.
Jetzt war sie bereit für die Teambesprechung.
»Komeskas Schwestern wussten auch nicht mehr als ihre Eltern«, erklärte Freund. »Inzwischen machen sich alle Sorgen.«
»Er ist wie vom Erdboden verschluckt«, sagte Spazier.
»Ich habe die österreichischen Flughäfen überprüft«, sagte Wagner. »Von dort ist er nicht ausgereist. Aber sein Auto scheint verschwunden. Ich habe die Streifen in Liesing gebeten, die umliegenden Straßen danach abzusuchen. Bislang haben sie es nicht gesehen.«
»Das kann sonst wo stehen.«
»Wenn er es in einer Garage geparkt hat oder einfach in einer Straße, kann das Wochen oder länger dauern, bis es gefunden wird.«
»Warum sollte er das getan haben?«, fragte Spazier.
Wagner zuckte mit den Schultern.
»Was wissen wir über ihn?«, fragte Freund.
Petzold begann. »Die Wohnung ist gemietet, der Wagen gehört ihm. Laut Unterlagen, die wir bei ihm gefunden haben, hat er ihn vor sieben Jahren gebraucht gekauft. Rufdatenrückverfolgung vom Festnetz haben wir noch nicht. Wir haben einen Mobilfunkvertrag gefunden, aber in der Wohnung war kein Handy. Wenn er es bei sich
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