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Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Titel: Wieweitdugehst - Wieweitdugehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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verfangen. Neta mochte keinen Smalltalk. Genauso wenig wie Liliana. Sie beide hatten vieles gemeinsam. Die Begeisterung für Jazz, Saxofon vor allem, sie mochten Sonny Rollins und französische Filme. Manchmal, in diesen Nächten in der Küche, legte Neta den Arm um Liliana. Wenn Liliana die Wärme ihres Körpers spürte, wurde sie ruhiger. Wie ein Kind bei der Mutter, dachte sie, dabei könnte ich ihre Mutter sein und sie mein Kind. Liliana liebte es, den Kopf an Netas Brust zu legen. Sie traute sich oft nicht, auch wenn Neta nur wenige Zentimeter neben ihr saß. Sie wollte nicht aufdringlich sein. Auf keinen Fall wollte sie, dass Neta ihrer überdrüssig wurde. Und dann diese Zweifel … bin ich nicht nur eine unter vielen trauernden Kundinnen, denen Neta ein bisschen Wärme gibt?
    Im Grunde brauchte Liliana keine Bestätigung. Sie fühlte, was zu fühlen war. Ihre Intuition trog sie nie. Nur einmal in ihrem Leben hatte sie gänzlich versagt. Berts Affäre hatte sie nicht bemerkt, nicht einmal die kleinsten Anzeichen wahrgenommen. Weil du nicht wolltest, warf sie sich im Stillen vor. Du wolltest es nicht wissen, also hast du nichts gesehen. Mit ein wenig mehr Aufmerksamkeit …
    Sie hob den Kopf, ihr wurde bewusst, dass sie die ganze Zeit auf die Terrassenfliesen gestarrt hatte. Der Wind raschelte in den Bäumen. Zweige knackten. Ein graubraunes Eichhörnchen flitzte über den Rasen.
    Nun würde Berts unehelicher Sohn erben. Die Hälfte vom Haus. Die Hälfte vom Vermögen.
    Sicher, sie bekäme ihren Pflichtteil, und das Haus gehörte ohnehin zur Hälfte ihr. Not würde sie nicht leiden. Sie wollte das Haus verkaufen und sich eine Wohnung suchen. Näher an München. Eine kleine Wohnung, vielleicht zwei, maximal drei Zimmer, wo die Leere sie nicht so bedrängen würde. Sie würde mehr Kultur tanken, sich vielleicht ein Abo in der Staatsoper leisten. Sie hatte das Geld, aber ihr fehlte das Interesse. Nicht an der Oper, zumindest nicht theoretisch. Sie las das Feuilleton genauso aufmerksam wie früher, aber sie konnte sich nicht aufraffen, etwas zu unternehmen. Mit Neta, ja, das war etwas anderes, wenn Neta sie mitnahm, ins Museum, ins Kino, zu einem Spaziergang. Aber da war immer die Angst, Neta könnte das Interesse an ihr verlieren. Nicht mehr so oft anrufen, nicht mehr regelmäßig vorbeikommen, die Beziehung einschlafen lassen, weil sie eben doch nur eine Geschäftsbeziehung war. Aber sie will, dass ich sie adoptiere, dachte Liliana. Wir haben darüber gesprochen. Wir brauchen Zeit.
    Seit ihr Vertrauen einmal auf so schlimme Weise missbraucht worden war, schlich sich Argwohn in ihr Leben. Sie hatte Geld. Sie hatte das halbe Haus, sie hatte einen Beruf, sie konnte sich etwas leisten. Neta lebte am Existenzminimum.
    Entschlossen stand Liliana auf, tastete mit der gewohnten Geste über ihr Haar, schob eine Strähne zurecht.
    Sie wollte nur nie, nie wieder diese Frau sehen, und dieses Kind auch nicht. Andere Frauen mochten großzügiger sein, ein solches Kind annehmen, wie ein Patenkind vielleicht, aber Liliana konnte das nicht. Schon gar nicht mehr, seit Johannes verunglückt war. Schuldlos von einem Wagen gerammt, in dem vier angetrunkene junge Leute über die Landstraße gerast waren.
    Sonst wäre Johannes jetzt hier.

18
    »Ich bin ein Unikum. Ein Restmüll.« Die Salzgurken-Michi lachte. »Echte, waschechte Münchnerin und seit fragen-Sie-mich-nicht-wann auf der Wiesn. Jedes Jahr habe ich meinen Stand gegenüber vom Teufelsrad.« Sie beugte sich vor und reichte mir einen Pappteller mit einer armdicken Salzgurke. »Das gibt ein Geschäft!«
    Ich murmelte eine Zustimmung und betrachtete missmutig das grüne Etwas vor mir. Ich machte mir nicht extrem viel aus Gurken. Um ehrlich zu sein, machte ich mir gar nichts aus Gurken.
    »Sie haben doch sicher etwas mitgekriegt. Von«, Juliane rollte mit den Augen, »nebenan.«
    »Die Geisterbahn?« Salzgurken-Michi lehnte sich an eines ihrer Fässer und verschränkte die Arme unter dem gewaltigen Busen. »Über die Geisterbahn habe ich mich noch mehr gefreut, besonders nachdem ich in der Zeitung die Werbung und die Freifahrtscheine gesehen habe. Wissen S’, warum? Weil jedes neue Fahrgeschäft wieder ein Schub für mein Geschäft ist.« Sie rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. »Mehreinnahmen. Und dann natürlich das super Wetter. Richtiges Wiesn-Wetter. Hoffentlich hält’s.«
    Juliane sah zweifelnd drein, aber ich verstand die Salzgurken-Michi vollauf. Sie war eine

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